Fachbeiträge

Ausgabe 6 / /2018
Fachbeitrag Persönliches Wissensmanagement

Schwierige Balance? So bringen Wissensmanager Arbeit und Leben ins Gleichgewicht

von Frank Kolbe

Das geflügelte Wort, dass dieser oder jener mit seiner Firma „verheiratet“ sei, zeigt an, dass bei Firmenchefs häufig das Berufliche den Vorrang hat, hinter dem das Privatleben zurückstehen muss. „Work“ und „Life“ stehen auf Kriegsfuß! In welchem Ausmaß solch ein Missverhältnis zum Tragen kommt, hat eine Umfrage von „The Alternative Board (TAB)“ ermittelt, bei der 151 Unternehmer bereitwillig Auskunft gaben: Wie viele Stunden pro Woche arbeiten sie und wie lange machen sie Urlaub? Was bereitet ihnen Stress und wie bewältigen sie die Herausforderungen des Alltags? Welche Möglichkeiten, sich Freiräume zu verschaffen, nutzen sie? Aus dieser Bestandsaufnahme lassen sich praxisbewährte Tipps ableiten, die sich meist sehr einfach in den Arbeitsalltag von Wissensarbeitern integrieren lassen und helfen, „Work“ und „Life“ in die Balance zu bringen. 

Inhaltsübersicht:

Die Ergebnisse der Befragung überraschen: 17,9 Prozent der Unternehmer sagen offen, dass für sie die Work-Life-Balance von untergeordneter Bedeutung ist. Der Großteil der Befragten hingegen wünscht sich durchaus, genug Zeit für die Familie, Freunde und die privaten Interessen zu haben. 81,4 Prozent geben daher an, dass sie eine gute Work-Life-Balance als wichtig und erstrebenswert erachten. Allein – es hapert an der Zielerreichung: So haben 57,6 Prozent den Eindruck, dass ihr Familien- und Privatleben zu kurz kommt – nur sechs Prozent sind sich sicher, dass dies bei ihnen nicht der Fall ist. Mehr als jedem dritten Firmenchef (35,1 Prozent) wird von der Familie und Freunden sogar real zum „Vorwurf“ gemacht, zu wenig Zeit für sie zu haben.

Wissensarbeiter wünschen sich mehr „freie Zeit“

Lange Arbeitstage insbesondere dürften es sein, die der „privaten Erfüllung“ entgegenstehen: Knapp zwei Drittel (62,9 Prozent) geben an, 50 bis über 70 Stunden pro Woche zu arbeiten. Mit den für Arbeitnehmern üblichen 40 Stunden kommen rare 7,2 Prozent aus. Zudem fallen die Ferien erwartungsgemäß kurz aus: Urlaub gönnen sich 58,3 Prozent der Befragten für wenige Tage bis maximal vier Wochen im Jahr. Erholungsauszeiten von sechs Wochen oder mehr sind bei nur 6,6 Prozent der Unternehmer anzutreffen. Doch in Zeiten flexibler Arbeitsmodelle und dem zunehmenden Verschmelzen von Beruf und Freizeit gilt dieser Trend schon lange nicht mehr für die Management-Etage. Insbesondere Wissensarbeiter sind gefährdet, zu viel Zeit zu investieren, um ein gutes Ergebnis zu erlangen.

Alarmierend: Bei jedem Zweiten zeigen sich Burnout-Symptome

Und auch dies belastet zweifellos das Private: Fast jedem Zweiten (45,1 Prozent) gelingt es kaum, im Privaten abzuschalten und Berufliches auszublenden. Dass ihnen das Abschalten umstandslos und vollständig gelingt, sagen nicht einmal 17 Prozent. Es darf kaum verwundern, dass sich die enorme Belastung unter Umständen psychisch bemerkbar macht: So fühlen sich 56,9 Prozent manchmal gestresst, erschöpft oder ausgebrannt. Die größten Stressfaktoren sind für Zeitdruck (53 Prozent) und die „Menge der Themen überhaupt“ (47 Prozent), gefolgt von negativen Personalthemen (Unzufriedenheit, Fluktuation) mit 37,7 Prozent.

Verhältnismäßig wenig Stress verursachen anscheinend der Wettbewerbsdruck (11,9 Prozent) und die technologische Entwicklung (17,9 Prozent). Mangelnde Zuarbeit setzt jeden Fünften unter Stress (20,5 Prozent), jeden Vierten plagen zudem Sorgen um die Ertragssituation (24,5 Prozent).

Delegieren ist aktuell die wichtigste Entlastungsstrategie

Für mehr Ausgeglichenheit zwischen Beruflichem und Privatem setzen Unternehmer nach den Ergebnissen der Befragung in erster Linie auf das Delegieren von beruflichen Aufgaben (58,9 Prozent) sowie körperliche Fitness durch sportliche Betätigung (55 Prozent). Eine Strategie, die sich alle Wissensarbeiter abschauen können und sollten!

Im Mittelfeld rangieren Maßnahmen der Arbeits- und Prozessorganisation, wie das Priorisieren von Aufgaben (48,3 Prozent) und das Zeitmanagement (38,4 Prozent). 32,5 Prozent verschaffen sich persönliche Entlastung, indem sie auch private Aufgaben und Pflichten an Dritte delegieren. Am wenigsten versprechen sich die Unternehmer davon, sich auch im Privaten erstrebenswerte Ziele zu setzen (19,9 Prozent). Jeder Neunte (11,9 Prozent) sagt, überhaupt keine bestimmte Strategie zu haben.

Work-Life-Balance: Neun Tipps, die sofort helfen!

Wissensarbeiter sind tagtäglich mit der Herausforderung konfrontiert, „Work“ und „Life“ in die Balance zu bringen. In der Praxis haben sich ein paar einfache Strategien und Umstellungen bewährt, die sich zum Teil sehr leicht in den Arbeitsalltag integrieren lassen.

  1. Zeitkiller eliminieren: Im Erwerbsleben kommt es auf den Erfolg an und nicht darauf, dass es durch Selbstüberforderung „wehtut“. Effektivität ist an erster Stelle gefragt! Identifizieren Sie alle Faktoren, die Sie hindern, Ihre Ziele zügig zu erreichen. Häufig ist Perfektionismus ein nicht zu unterschätzender Zeitkiller – denn eine „nur“ gute Arbeit abzuliefern, würde den meisten Auftraggebern in der Regel genügen.
  2. Prioritäten setzen: Konzentrieren Sie sich in Ihrer Arbeit auf das Wesentliche. Ordnen Sie die anstehenden Aufgaben nach faktischer Wichtigkeit und zeitlicher Präferenz. Setzen Sie sich Ziele, was Sie wann und mit welchem Ergebnis erledigt haben möchten.
  3. Strukturiert arbeiten: Richten Sie für sich täglich eine „stille Stunde“ ein – für komplett ungestörtes Arbeiten. Leiten Sie Ihr Telefon in dieser Zeit um. Lassen Sie sich nicht ablenken durch „eintrudelnde“ E-Mails. Setzen Sie sich ein bis zwei Zeitfenster am Tag, in denen Sie Ihre E-Mails bearbeiten – oder rufen Sie Ihre E-Mails überhaupt nur zu bestimmten Zeiten ab. Auch mit geregelten Sprechstunden für Mitarbeiteranliegen sorgen Sie dafür, dass Sie konzentriert an Ihren Aufgaben arbeiten können.
  4. Aufgaben delegieren: Lassen Sie sich zuarbeiten. Um zu tragfähigen Entscheidungen zu gelangen, müssen Sie sich nicht um alles alleine kümmern. Auch andere sind in der Lage, sich mit Sachfragen auseinanderzusetzen und Entscheidungsvorlagen für aufzubereiten. Die Einbeziehung in wichtige Entscheidungen wird zudem deren Motivation fördern.
  5. Nicht sofort zusagen: Es ist bekannt, dass gerade kleinere Unternehmen sich oft schwertun, Kundenanfragen mit einem Nein zu beantworten – aus Furcht, dies könnte den Verlust von Aufträgen zur Folge haben. Machen Sie es sich trotzdem zur Regel, niemals sofort zuzusagen – sondern bitten Sie sich immer etwas Bedenkzeit aus, um in Ruhe die Folgen zu durchdenken.
  6. Limits für die Arbeitszeit: Setzen Sie sich ein Limit für Ihren Arbeitseinsatz. Auch wenn es keine Anwesenheitskontrolle mehr gibt, sollten Sie 40 Stunden pro Woche nicht überschreiten.
  7. Wochenenden freihalten: Wochenendarbeit ist tabu. Auch wenn es verlockend ist, sich am Samstag oder Sonntag ungestört um Unerledigtes zu kümmern – diese beiden Tage sollten Ihrer Familie, Ihren Freunden und Ihren persönlichen Interessen vorbehalten sein. Die kurze Pause vom Job brauchen Sie, um wieder aufzutanken und am Montagmorgen erholt durchzustarten.
  8. Private Termine in den Kalender eintragen: Ein guter Weg, Privates nicht aus dem Blick zu verlieren, ist es, geplante Aktivitäten mit der Familie oder Verabredungen mit Freunden frühzeitig in den Terminkalender aufzunehmen. Verfahren Sie genauso mit Zeiten, in denen Sie sich Ihren persönlichen Interessen oder Hobbies widmen möchten. Auf diese Weise räumen Sie Ihrem Privatleben sprichwörtlich Zeit ein.
  9. Berufliches und Privates trennen: Vielen fällt das Loslassen schwer – es gelingt ihnen kaum, im Privatleben abzuschalten und Berufliches auszublenden. Damit Sie in Ihrer Freizeit nicht mit Beruflichem in Berührung kommen, sollten Sie einen privaten E-Mail-Account und ein privates Smartphone nutzen. Schalten Sie Ihr Diensthandy aus und beschäftigen Sie sich nicht mit geschäftlichen E-Mails.

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