Fachbeiträge

Ausgabe 10 / /2012
Fachbeitrag IT-Tools

Von der funktions- zur aufgabenorientierten Software

von Helmut Stark

Anwendern von Geschäftssoftware ist das Szenario aus dem Büroalltag vertraut: Man erhält eine E-Mail mit dem Auftrag, eine bestimmte Aufgabe zu erledigen, zum Beispiel ein Konzept zu erstellen. Also wechselt man vom Mail-Programm in verschiedene andere Programme, um sich die benötigten Inhalte und Informationen aus unterschiedlichsten Quellen zusammenzusuchen: Zahlen und Statistiken aus Excel, Textfragmente aus Word-Dateien, Grafiken und Fotos aus diversen Ordnern. Zwischendurch kommen weitere E-Mails und Terminanfragen, die bearbeitet werden müssen, und in die Datenbank soll ein neuer Kontakt eingepflegt werden. Für die meisten ist dies ein ganz normaler Arbeitsalltag, der bereits so vertraut ist, dass kaum mehr auffällt, wie viel Zeit man nur damit verbringt, zwischen mehreren Software-Anwendungen hin- und herzuwechseln und die gewünschten Informationen zu suchen.

Inhaltsübersicht:

Dazu kommt, dass die Bedienung der einzelnen Programme oftmals nicht intuitiv ist – selbst wer eine Anwendung prinzipiell beherrscht, sie aber über einen längeren Zeitraum nicht genutzt hat, kann Schwierigkeiten bei der Nutzung bestimmter Funktionalitäten haben. Und während sich die Software-Landschaft einerseits immer weiter diversifiziert, immer neue Lösungen und Applikationen für spezifische Teilbereiche auf den Markt kommen, bleibt ein Grundproblem weiter bestehen: Die heute verbreitete Business-Software ist grundsätzlich funktionsorientiert und stellt keinen Bezug zu den Aufgaben eines Nutzers her.

Um Arbeitsprozesse effizienter und komfortabler zu gestalten, wäre daher eine Lösung ideal, die nach dem sogenannten WorkInContext-Paradigma gestaltet ist. Das bedeutet, dass die Aufgabenverwaltung nicht von der Business-Anwendung entkoppelt ist, sondern über aufgabenspezifische Software-Dialoge mit dem Benutzer interagiert. Dies führt dazu, dass die Anwender mit solch einer aufgabengetriebenen Software-Lösung immer direkt in ihrem Arbeitskontext agieren. Je nach Bedarf und Benutzerrolle bekommt der Anwender alle für ihn relevanten Dokumente, Daten und Informationen browser-basiert zur Verfügung gestellt. Sämtliche benötigten Informationen aus unterschiedlichen Systemen sind über ein Interface verfügbar, das speziell für die jeweilige Anwenderrolle designt ist. Gleichzeitig gibt es keine überflüssigen Felder, Funktionalitäten oder Anwendungen. Die Architektur solch einer modernen Business-Software integriert somit die geplanten Aufgaben als fundamentalen Bestandteil jeder Benutzerinteraktion. Neben der Bereitstellung automatisierter Funktionalitäten ist dabei eine rollenspezifische Vorab-Planung der benötigten Benutzerdialoge unerlässlich – nur so kann sichergestellt werden, dass jeder Benutzer die für ihn notwendigen Dialoge an der passenden Stelle erhält. Eine Software, die diesem WorkInContext-Paradigma folgt, überwindet dabei die Grenzen herkömmlicher Softwaregattungen wie Office-Anwendungen, ERP-, CRM- oder Projektmanagement-Lösungen. Dabei sind – je nach Bedarf des Anwenders – unterschiedliche Szenarien möglich: Entweder können die entsprechenden Funktionalitäten in die browser-basierte Anwendung integriert werden, oder eine spezielle Lösung, beispielsweise ein ERP-System oder die Finanzbuchhaltung, wird über sogenannte Services integriert.

Individuelles Benutzer-Cockpit und automatisierte Workflows

Für klassische Büroanwendungen und Projektarbeit eignet sich eine Lösung, die dem WorkInContext-Prinzip folgt, besonders gut. Ein individuelles, aufgaben- und rollenspezifisches Benutzer-Cockpit bildet den Start- und Ausgangspunkt. Hier liegen die Aufgaben in Form einer Worklist bereit und der Nutzer öffnet durch einen Klick auf die Aufgabe automatisch die entsprechende Anwendung, die wiederum in einen definierten Workflow eingebettet ist. Ein Beispiel: Ein Mitarbeiter erhält in seiner Worklist den Auftrag, ein Konzept für einen bestimmten Kunden zu erstellen. Indem er die Aufgabe anklickt, stehen ihm automatisch alle Funktionalitäten zur Erstellung seines Konzepts zur Verfügung. Weil die Aufgabe bereits mit einem bestimmten Kunden verknüpft ist, werden ebenfalls sämtliche Kundendaten automatisiert zur Verfügung gestellt, die der Mitarbeiter benötigt und auf die er im Rahmen seiner Nutzerrolle Zugriff hat. Ist das Konzept erstellt, wird der weitere Workflow über einen dynamischen Software-Dialog entsprechend gesteuert, wie etwa Freigabeprozesse durch bestimmte Personen.

Effizientere und transparentere Arbeitsprozesse

Die Vorteile einer derart aufgaben- und rollenorientierten Anwendung – sowohl für den einzelnen Benutzer als auch für das gesamte Unternehmen – liegen auf der Hand: Mitarbeiter verlieren deutlich weniger Zeit, da sie nicht mehr zwischen unterschiedlichen Programmen wechseln oder nach verstreuten Informationen suchen müssen. Alle relevanten Informationen sind sofort verfügbar und dabei stets auf dem aktuellsten Stand. Gleichzeitig vereinfacht eine intuitiv bedienbare Benutzeroberfläche die Anwendung und macht umfassende Spezialkenntnisse unterschiedlichster Software-Programme überflüssig. Unternehmen profitieren von effizienteren Prozessen sowie von einer deutlich höheren Transparenz und Nachvollziehbarkeit einzelner Arbeitsschritte durch definierte Workflows. Bei einer Software, die dem WorkInContext-Prinzip folgt, sind Arbeitsplanung, Activity-Monitoring, Controlling, automatisierte Workflows und rollenorientierte Regeln inhärente Bestandteile der Software-Architektur. Gleichzeitig ist eine derartige Lösung so flexibel, dass Änderungen an der Benutzeroberfläche jederzeit gemäß den jeweils aktuellen Anforderungen vorgenommen werden können. Die Einsatzmöglichkeiten sind dabei nicht auf bestimmte Geschäftsfelder beschränkt und ermöglichen über organisatorische Grenzen hinweg ein durch Aufgaben getriebenes kollaboratives Arbeiten.

Software-Entwicklung: Zurück in die Zukunft

Die Idee einer ganzheitlichen und übergreifenden Software nach dem WorkInContext-Paradigma ist nicht neu: Bereits in den 1980er Jahren gab es eine ähnliche Vision, damals unter dem Begriff „Büroautomatisierung“. Durch die endgültige Verbreitung und Etablierung des persönlichen Computers und lokaler Office-Anwendungen in den 1990er Jahren traten diese zentralen Ansätze jedoch in den Hintergrund. Seit der Jahrtausendwende schließlich verzögerten viele durch das Internet bedingte Entwicklungs-Hypes die Entstehung ganzheitlicher Lösungen. Stattdessen gibt es eine unüberschaubare Anzahl spezialisierter Anwendungen und Applikationen. Mit dem aktuellen Cloud-Computing-Hype steigen zurzeit das Interesse und der Bedarf an zentralen Lösungsansätzen jedoch spürbar. Der große Unterschied zwischen der Vision des automatisierten papierlosen Büros in den 1980er Jahren und einer nutzerzentrierten Software nach dem WorkInContext-Prinzip heute: In den vergangenen Jahren hat sich die IT- und Software-Industrie weltweit auf Standards geeinigt, die den digitalen Austausch von Daten systemübergreifend ermöglichen, beispielsweise html5 und webbasierte Services. Somit ist die wichtigste technologische Voraussetzung für integrierte Software-Anwendungen gegeben. Das WorkInContext-Prinzip, das den Nutzer und seinen – aufgabenabhängigen – Bedarf in den Mittelpunkt der Software-Anwendung stellt, mag von der Grundidee her zwar keine völlig neue Erfindung sein. Im Hinblick auf die Entwicklung von Business-Software, ist es jedoch mit Sicherheit das Prinzip der Zukunft.

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