Fachbeiträge

Ausgabe 12 / /2000
Fachbeitrag Social Media

Der Schlüssel zum Erfolg heißt Kooperation

von Marcus Ehrenwirth

Die Zeit der E-Communities bricht an: Menschen verschiedenster Herkunft treffen sich in virtuellen Räumen, um gemeinsam an der Verwirklichung ihrer Ziele zu arbeiten. Diesen IT-Ansatz haben gerade viele Non-Profit-Organisationen mit oftmals sehr dezentraler Struktur für sich entdeckt. Marcus Ehrenwirth berichtet über die Umsetzung eines webbasierten Wissensmanagements bei der Internationalen Organisation für Normierung (ISO) und der kanadischen Sektion der Hilfsorganisation Care International.

 

Von Marcus

Ehrenwirth

 

Inhaltsübersicht:

 

 

 

Die Zeit

der E-Communities bricht an: Menschen verschiedenster Herkunft treffen

sich in virtuellen Räumen, um gemeinsam an der Verwirklichung

ihrer Ziele zu arbeiten. Kein Wunder also, dass gerade Non-Profit-Organisationen

wie die Internationale Organisation für Normierung (ISO) oder

die kanadische Sektion der Hilfsorganisation Care International

diesen IT-Ansatz für sich entdeckt haben.

 

 

 

Non-Profit-Organisationen

zeichnen sich strukturell durch einen hohen Grad an Dezentralität

aus: Viele meist geografisch weit voneinander entfernte Gruppen

und Individuen leisten ihren wertvollen Beitrag zum Erreichen der

gemeinsamen Ziele. Gemeinsamkeiten entstehen aber nur durch das

Teilen von Wissen, Erfahrungen und Ideen, durch echte Kommunikation.

Die Einfachheit und Schnelligkeit dieser Kommunikation entscheiden

dabei maßgeblich über die Qualität der Ergebnisse

und die Geschwindigkeit, mit der diese erzielt werden.

 

 


Webbasiertes Wissensmanagement

 

 

Wissensentstehung

ist dynamisch, ein kreislaufartiger Prozess, der sowohl durch äußere

Faktoren – etwa in Form von Handbüchern oder elektronischen

Dokumenten – als auch durch innere – wie zum Beispiel

das Denken in Metaphern und Analogien, subjektive Einsichten oder

Gefühle – angetrieben wird. Das Wechselspiel zwischen

inneren und äußeren Faktoren ist es, was den Wissenskreislauf

in Gang setzt und unterhält.

 

 

 

Die Zahl der

IT-Systeme, welche die Voraussetzungen für die Unterstützung

eines solchen Wissenskreislaufes erfüllen, wird immer größer.

Doch nur die wenigsten erfüllen dabei auch das Kriterium der

Einfachheit. Einfachheit bedeutet bei IT-Systemen:

 

 

 

  • einfache und schnelle Implementierung
  • intuitiv erlernbare Standardfunktionalitäten
  • zentrale Administration und Bereitstellung
  • möglichst geringe Investitionen in Hardware
  • die Nutzung der kostengünstigsten Kommunikations-Infrastruktur, die es zur Zeit gibt: des Internets

 

Um die Anforderungen

von Non-Profit-Organisationen erfüllen zu können, müssen

solche Systeme zu 100% webbasiert sein, also sowohl die Administration

als auch die Nutzung über Web-Browser erlauben und standardmäßig

Funktionalitäten zu Dokumentenmanagement, Groupware, Workflow

sowie Agenda- und Ressourcenplanung in integrierter Form zur Verfügung

stellen. Echtes webbasiertes Wissensmanagement ist also gefragt,

das den Wissenskreislauf kostengünstig und effizient unterstützt.

 

 

 

 

Dabei haben Non-Profit-Organisationen

zwar dieselben Ansprüche an die Leistungsfähigkeit der Funktionalitäten

wie internationale gewinnorientierte Unternehmen, sie verfügen jedoch

über ungleich weniger personelle und finanzielle Ressourcen. Die

im Folgenden vorgestellte Lösung wurde auf Basis von Livelink des

Herstellers Open Text realisiert.

 

Seitenanfang

 

ISO: Standards via Internet entwickeln

 

 

Die Entwicklung

von Normierungen ist für das reibungslose Funktionieren insbesondere

neuer Märkte eine unerlässliche Voraussetzung. Die Verwirklichung

von Standardisierungen ist jedoch ein umfangreicher und sehr komplexer

Prozess. Allein im Fall von ISO gilt es, die Arbeit von rund 200.000

Mitarbeitern aus über 120 Ländern in etwa 7.000 Projekten

zu koordinieren. Die Entwicklung nur eines einzigen Standards kann

bis zu fünf Jahre dauern und Hunderte von Mitarbeitern einbeziehen.

Pasi Rinta-Filppula, Direktor der Abteilung für Information

Processing Services im Zentralsekretariat von ISO, erklärt

dazu: "Neben den verschiedenen Dokumenten, die es auf dem Weg zur

Erstellung von Normierungen braucht, werden hier noch eine ganze

Reihe anderer Dokumente bewirtschaftet: Arbeitspapiere für

Meetings, Kurzprotokolle von Zusammenkünften, statistisches

Material, Berichte usw. Wir entwickeln jedes Jahr 1.000 neue Standards

und alle fünf Jahre müssen alte Normierungen überarbeitet

und geprüft werden. Zusätzlich unterstützen wir jedes

Jahr 40 internationale Meetings mit den dafür benötigten

Dokumentationen. Alles in allem ergeben sich daraus für das

Zentralsekretariat über 150.000 zu bewirtschaftende Seiten

von unterschiedlicher Komplexität."

 

 

 

Das IT-System,

das die ISO-Arbeit erleichtern sollte, musste den daran Beteiligten

gleichzeitig die Online-Zusammenarbeit ermöglichen. Denn wenn

die Entwicklung einer Normierung einen gewissen Stand erreicht hat,

wird diese von verschiedenen Seiten einer Beurteilung unterzogen:

Mitarbeiter rund um den Globus kommentieren, prüfen und stimmen

für oder gegen ihre Brauchbarkeit. Erst nach einer solchen

Prüfung mit positivem Ausgang kann von einem international

gültigen Standard gesprochen werden. Ein Extranet sollte deshalb

geschaffen werden, in dem für jedes Projekt ein virtueller

Arbeitsraum eingerichtet werden konnte. Um gleichzeitig die Effizienz

der Projektarbeit zu gewährleisten, sollte die Lösung

Workflow-Funktionen bieten, mit denen die jeweiligen Projektverantwortlichen

Arbeitsabläufe für eine unbeschränkte Anzahl von

Mitarbeitern und für komplexe hierarchische Strukturen entwerfen

und überwachen können. Dazu Rinta-Filppula: "Je genauer

sich ein Workflow-Prozess mitverfolgen lässt, desto stärker

kann man sich um Prioritäten kümmern sowie Verzögerungen

lokalisieren und beheben. Eine Unmenge ursprünglich von Hand

erledigter Papierarbeit kann auf diese Weise eingespart werden."

 

 

 

Kurz zusammengefasst

beinhaltete die ISO-Anforderungsliste:

 

 

 

  • virtuelle Teamarbeit
  • Workflow
  • Dokumentenmanagement
  • vollständige Web-Basierung

Seitenanfang

 

 

Care Canada: Hilfsaktionen via Internet koordinieren

 

 

In Notsituationen

kann der Zugang zu exakten und wichtigen Informationen buchstäblich

über Leben und Tod entscheiden. Diese Einsicht hat Care Canada,

Mitglied von Care International, dazu bewogen, eine Information-to-Knowledge-Gruppe

(i2K) zu gründen. Aufgabe dieser Gruppe war es, mit finanzieller

Unterstützung der Canadian International Development Agency

(CIDA), für Care International und angeschlossene Hilfsorganisationen

ein weltweites Wissensmanagement-System auf Internet-Basis aufzubauen.

Dazu Gerard van der Burg, Direktor der i2K-Gruppe: "Treibende Kraft

hinter jeder humanitären Care-Aktion, sei es eine Ad-hoc-Maßnahme

oder ein geplantes Projekt, ist das Wissen unserer Organisation,

das auf 60 Landesbüros und 10 Mitgliedsorganisationen verteilt

ist. Die universale Verfügbarkeit unseres Wissens erschien

uns deshalb ein Muss."

 

 

 

Geplant war

deshalb die Implementierung eines Wissensmanagement-Systems, das

sowohl den Zugang zu allen Informationen der Organisation als auch

die Möglichkeit zur Teamarbeit im Internet bot. Denn in Notsituationen

kann sehr oft nicht auf vorbereitete Pläne zurückgegriffen,

sondern muss improvisiert werden. Die Helfer müssen deshalb

Ad-hoc-Teams bilden und Aktionen diskutieren können. Diese

Anforderungen, die zentrale Administration sowie Web-Basierung waren

deshalb für die i2K-Gruppe entscheidend.

 

 

1998 nahm dann

LINK, so wurde das Wissensmanagement-System von Care genannt, den

Echtbetrieb auf. Die Feuertaufe hat das System noch im selben Jahr

erfolgreich bestanden, als während des Hurrikans Mitch dank

LINK die Reaktionszeiten deutlich reduziert und die Effizienz der

Hilfe erheblich gesteigert werden konnten.

 

 

 

Aus diesen Erfahrungen

gewannen Care und i2K die Erkenntnis, dass der Nutzen eines solchen Systems

für Hilfsorganisationen der so genannten Entwicklungsländer

noch ungleich höher als für sie selbst sein musste. Aus dieser

ßberlegung heraus wurde die Idee für e-glue geboren: die Schaffung

einer weltweiten E-Community für Hilfs- und Entwicklungsorganisationen.

Dabei sollten natürlich die Investitionen für die Anbindung

der verschiedenen Organisationen sehr gering gehalten werden, obwohl es

nicht nur Hilfsorganisationen sind, die an e-glue teilnehmen, sondern

auch private Unternehmen, die das Projekt finanziell unterstützen

und ihr eigenes Wissen zur Umsetzung von Hilfsmaßnahmen beisteuern.

 

 

Seitenanfang

 

E-Communities sind Teil des E-Business

 

 

 

E-Communities wie

hier vorgestellt hängen jedoch nicht von der Gemeinnützigkeit

der darin verfolgten Ziele ab. Vielmehr liegt ihre Daseinsberechtigung

einfach in der Verfolgung eines gemeinsamen Ziels durch eine Vielzahl

von Akteuren. Der Nutzen solcher webbasierten Gemeinschaften steht deshalb

nicht nur Non-Profit-Organisationen offen, sondern auch gewinnorientierten

Unternehmen und dem öffentlichen Sektor. Bislang war es teuer und

langwierig, solche E-Communities zu realisieren; die Beispiele ISO und

Care Canada zeigen aber, dass es bereits Lösungen gibt, die schnell,

einfach und kostengünstig zu implementieren sind. Voraussetzung ist

allerdings die Einsicht, dass auch und vor allem im E-Business-Zeitalter

Kooperation einen Schlüssel für den langfristigen Erfolg darstellt.

Diese Artikel könnten Sie auch interessieren

Online Fachbeiträge Ausgabe 9 / 2001
Fachbeitrag       Social Media

Die Kunden als Partner – warum Kunden-Communities immer wichtiger werden (3)

von Peter Schütt

Artikel lesen


72010
Praxis Wissensmanagement       Social Media

Siemens auf dem Weg zum Enterprise 2.0

von Alexander Stocker, Johannes Müller

Artikel lesen


Online Fachbeiträge Ausgabe 4 / 2001
Fachbeitrag       

Communities – die Zukunft der Wissensorganisation?

von Peter Schütt

Artikel lesen


Online Fachbeiträge Ausgabe 4 / 2001
Fachbeitrag       Social Media

Business Communities als Werkzeug der Wissensvermittlung

von Boris Wollny

Artikel lesen


Online Fachbeiträge Ausgabe 7 / 2001
Fachbeitrag       Social Media

Wissen managen heißt auch Communities managen

von Peter Schütt

Artikel lesen


Unsere Empfehlungen