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7/2006
Editorial Wissensmanagement

Podcasting - ein wichtiger Mosaikstein in der Wissensvermittlung

von Interview

wm: Herr Lautenbacher, zusammen mit dem eco, dem Verband der Deutschen Internetwirtschaft, haben Sie im April 2006 in der Bayerischen Staatsoper in München den Ersten Deutschen Podcastkongress organisiert. Sie haben hier private Podcaster, die entstehende Corporate Podcasting Branche, die eher marketingfixiert ist, sowie die Weiterbildungsbranche zusammengebracht. Was ist geblieben?

wm: Herr Lautenbacher, zusammen mit dem eco, dem Verband der Deutschen Internetwirtschaft, haben Sie im April 2006 in der Bayerischen Staatsoper in München den Ersten Deutschen Podcastkongress organisiert. Sie haben hier private Podcaster, die entstehende Corporate Podcasting Branche, die eher marketingfixiert ist, sowie die Weiterbildungsbranche zusammengebracht. Was ist geblieben?

Lautenbacher: Der Kongress war ein großes Experiment. Keiner hatte sich bis dato getraut, so verschiedene Communities wie die privaten Podcaster, die Marketingleute im Corporate Bereich und Trainer zusammenzubringen. Berührungspunkte gab es vorher so gut wie gar nicht. Wir als Dienstleister, der IT-Support, Mobility Solutions, Beratung und technologiegestützte Weiterbildungslösungen anbietet, waren da noch mal ein Sonderfall. Insgesamt war es ein Forum der Begegnung und des Austauschs. Dennoch ? das muss man ehrlich sagen - leben die Branchen in ihren eigenen Welten. Ganz so einfach war der Kontakt also nicht. Wir sind aber offensiv auf die anderen "Welten" zugegangen. Denn: Wir haben einen gemeinsamen Interessensgegenstand, nämlich das Produzieren und Hören von Podcasts. Geblieben sind Geschäftskontakte und tolle Networking-Gelegenheiten mit wertvollen Querverbindungen, die es vorher so nicht gab.

wm: Wie wenden Sie Podcasting intern an?

Lautenbacher: Beck et al. ist kein Podcastproduzent. Wir sind Spezialisten für Wissensvermittlung. Für uns ist Podcasting nur ein Kanal unter vielen, ein Teil ganzer Lernarrangements und virtueller Akademien, die wir anbieten. Unter Lernarrangements sind intelligente Werkzeuge zu verstehen, die zusammengeführt werden, abgestimmt auf das jeweilige Unternehmen und dessen individuelle Lernkultur. Push- und Pull- Funktionalitäten, technologiegestützte Lernkurse, Videopodcasts, Blogs, Wikis und weitere Kanäle können hier eine Rolle spielen. Dabei interessiert keine abstrakte Weiterbildung, sondern deren enge Kopplung an die Geschäftsprozesse. Nur so entsteht Nutzen. Wir wenden Podcasts bei uns selbst im Unternehmen im IT-Projektmanagement an, bieten dieses IT-Know-how aber auch extern an. Unser IT-Support produziert zum Beispiel "Knowledge Bits", kleine Audiodateien, die ein Problem schildern und gleich dessen Lösung mitliefern. Außerdem eignen sich Podcasts für den Vertrieb: im Auto vor einem Termin schnell die neuesten Produktinformationen hören. Ich sehe Podcasts vor allem als ein Mittel, Trainings und Termine hörend vor- oder nachzubereiten.

wm: Wann kommen Podcasts an?

Falk: Es gibt viele Menschen, die sich von visueller Information überrollt fühlen. Hörkanäle empfinden viele als weniger aufdringlich. Die Podcasts müssen natürlich auch professionell gemacht sein. Damit meine ich, dass die technische Qualität gut, die Dramaturgie passend und die Sprecher professionell sein. Dies gilt vor allem für den Bereich der Weiterbildung.

wm: Gibt es noch einen weiteren wesentlichen Erfolgsfaktor für Podcasts in der Wissensvermittlung?

Falk: Bestimmt. Neben den bereits genannten Aspekten sehe ich auch die Kompetenz in Sachen Content. Ein Beispiel, um mein Gegenüber, Herrn Lautenbacher, direkt anzusprechen: Beck et al. Services ist Spezialist für technologiegestützte Weiterbildung. Zu allererst ist das Unternehmen aber IT-Dienstleister. Das ist kein Nachteil für die Trainingsbranche, im Gegenteil: Neben dem grundsätzlichen Anspruch, verschiedenste Lerninhalte elektronisch aufzubereiten, und der didaktischen Kompetenz, besteht ein besonderes Wissen um diverse Services. Wenn eine derartige Spezialisierung vorhanden ist, besteht auch eine aussichtsreiche Möglichkeit, dieses Wissen in Podcasts umzusetzen und für den Kunden damit einen deutlichen Mehrwert zu schaffen. Ferner sind Unternehmen als Podcasting-Partner interessant, bei denen eine langjährige Erfahrung in den Bereichen E-Learning und Präsenztrainings besteht. Diese Schulungskompetenz kann bei der Realisierung von Podcasts eine wichtige Rolle spielen. Unternehmen, die sich für Podcasting in der Wissensvermittlung interessieren, sollten bei der Suche nach einem externen Partner vor allem auf die Faktoren inhaltliches Know-how und Schulungskompetenz achten. Eine Agentur, die hervorragende Podcasts für das Marketing macht, muss noch lange keine guten Trainingspodcasts produzieren - obwohl es natürlich Berührungspunkte gibt, v.a. in den Bereichen Bildungsmarketing und Motivation. Sie zeigen plakativ die Verbindung von Didaktik und "Verkaufen der Inhalte". So kommt es zur gesteigerten Akzeptanz von Lerninhalten und zur Akzeptanz von Produktinformationen.

wm: Wie müssen Podcasts in größere Lernumgebungen eingebettet sein?

Lautenbacher: Diese Frage lässt sich nicht pauschal beantworten. Es kommt auf den Kunden an. Wie wird bisher gelernt? Wie wird Wissen verteilt? Welche Grundregeln bestehen? Wie groß ist das Unternehmen? Wie arbeiten die verschiedenen Abteilungen zusammen? Eine genaue Analyse geht jeder Implementierung von Lernlösungen voraus. Erst dann kann man sehen, was sinnvoll ist und wie das Verhältnis von Aufwand und Nutzen ist. Es gibt sicher auch Unternehmen, denen man kein Podcasting empfehlen kann, weil es für deren Geschäftsprozesse keinen Sinn macht.

Wir denken als Spezialisten für Wissensvermittlung in Lernarrangements, die individuell angepasst sein müssen. Dann ergibt sich die richtige Mischung aus Trainings und informellem, selbstbestimmtem Lernen. Podcasts sind ein Teil dieses selbstbestimmten Instrumentariums. Der Lerner entscheidet wann er hört, wo er hört und was er abonniert. Aus didaktischer Sicht ist es sicher wichtig, dass man bei Inhalten, bei denen es um eine Verinnerlichung geht, sich nicht ausschließlich auf Podcasts verlässt.

Frank: Das stimmt genau. Es handelt sich um einen Mosaikstein in umfassenden Weiterbildungskonzepten und nicht um ein Allheilmittel. Dennoch ist Podcasting kein "Steinchen", sondern kann sogar ein wichtiger Meilenstein des Trainings und des Informierens sein.

wm: Kann man mit Podcast Geld verdienen?

Frank: Sicher. Der Markt ist unheimlich in Bewegung gekommen. Über 2.000 Podcasts werden in Deutschland regelmäßig produziert. Marktprognosen gehen davon aus, dass Unternehmen mit Podcasts sehr wohl Geld verdienen können, vor allem im Marketing und in der Werbung. Google rechnet im laufenden Jahr mit einem Umsatz von fünf bis sechs Millionen Euro. Für 2007 sollen es fast 17 Millionen sein. Das sind aber alles Schätzungen. Eine letzte Hausnummer möchte ich noch nennen: Sie stammt von John Bukovinsky. Er hat bei der IBM Podcasting eingeführt. Bukovinsky schätzt, dass die Companies der IT-Branche in Europa im Jahr 2007 15 bis 19 Millionen Euro für Podcasts ausgeben werden. Podcasting hat also Potenzial.

Lautenbacher: Für Beck et al. Services gehören Podcasts zum Thema Wissensvermittlung, egal ob es sich um IT-Projekte, Training im Vertriebsumfeld oder etwa um die Schulung von hochqualifizierten Servicetechnikern handelt. Als Lern- und Wissensaustauschkanal für Softwareentwickler zum Beispiel etabliert sich Podcasting zunehmend. In den Märkten für Weiterbildung, Collaboration und Wissensmanagement sind Podcasts im Kommen. Und zum Aspekt des Geldverdienens: Selbstverständlich verdient man mit Trainings, mit pfiffigem Projektmanagement und IT-Wissen Geld. Wenn Podcasts ein Teil dieser Dienstleistungen sind, um so besser.

Über die verschiedensten Geschäftsmodelle im Marketing kann ich zu wenig sagen. Ich glaube aber, dass sich Podcasts in einem klassischen Werbespotmodell eher nicht durchsetzen werden. Zu schnell driftet das ins Inflationäre ab. Für die Weiterbildungs- und Wissensmanagementbranche geht es um Lernen und Lehren im Netzwerk. Partizipieren und Publizieren werden eins. Der Marktwert von Wissensvermittlung bemisst sich nicht nach der Kommunikations- bzw. Trägertechnologie allein, sondern vor allem nach der Erfahrung und dem Wissen der darin agierenden Menschen.

wm: Herr Frank, Herr Lautenbacher, vielen Dank für das Gespräch.

Das Interview führte Oliver Lehnert.


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