2018/7 | Fachbeitrag | Cloud Computing

Die Cloud: (K)ein Thema für den Mittelstand?

von Christoph Kull

Inhaltsübersicht:

Seit Jahrzehnten bildet der Mittelstand einen integralen Bestandteil der deutschen Wirtschaft. Es entwickelte sich ein Umfeld, das Innovationen förderte, unzählige Patente hervorbrachte und Familienunternehmen aus der deutschen Provinz zu Weltmarktführern machte. Doch die Digitalisierung, die wir zu Beginn des 21. Jahrhunderts als eine der größten Umwälzungen seit langem wahrnehmen, rüttelt auch an diesen gewachsenen Strukturen. Dieser Prozess ist so umfassend, dass schnell ins Hintertreffen gerät, wer sich nicht auf den Wandel einstellen kann.

Viele Firmen sehen sich mit drastischen Veränderungen in ihrer Branche konfrontiert und sind sich unsicher, ob ihr bewährtes Geschäftsmodell zukunftsfähig ist. Andere wachsen so schnell, dass ihre Infrastrukturen nicht mehr mithalten können. Dazu kommen noch neue Regularien, wie die EU-Datenschutz-Grundverordnung (DSGVO), die Anpassungen notwendig machen. In jedem Fall ist ein Umdenken erforderlich: Ist es noch zeitgemäß, proprietäre IT einzukaufen? Sollte man stattdessen besser auf die Cloud setzen und in welchem Umfang? Um diese Fragen zu beantworten, sollten Unternehmen drei Aspekte besonders berücksichtigen:

1. Investitionen und Skalierbarkeit

Den langfristigen Bedarf an IT-Infrastruktur zu ermitteln, fällt in der heutigen Zeit sehr schwer. Welchen Einfluss die Digitalisierung auf die eigene Branche nehmen wird, lässt sich oft noch nicht zuverlässig prognostizieren. Man sieht sich hier mit zu vielen Unsicherheiten konfrontiert, etwa bezüglich der Rolle von künstlicher Intelligenz (KI). Auch welche Produkte der Markt für Unternehmens-IT in der Zukunft bereithalten wird, um auf diese Herausforderungen zu reagieren, weiß niemand. Fest steht aber, Technologie, die man heute kauft, ist morgen schon nicht mehr aktuell. Um auf dem neuesten Stand zu bleiben, sind also regelmäßige Investitionen nötig. Große Konzerne können sich das leisten, doch bis sich die IT-Infrastruktur bei einem Mittelständler amortisiert hat, ist sie längst hoffnungslos veraltet. Durch die Cloud können Unternehmen nicht nur Rechenkapazität bei einem Dienstleister, der über die aktuellste Technologie verfügt, „mieten“ anstatt sie zu kaufen. Es können auch komplette Applikationen bzw. ERP-Systeme „angemietet“ werden, die zum einen mit bewährten Best-Practice Prozessen, aber auch inzwischen mit einem hohen Maß an Konfigurations-Möglichkeiten ausgestattet sind. Damit wird noch ein weiteres Problem gelöst. Cloud-Lösungen sind frei skalierbar und können so flexibel an die Erfordernisse des Marktes angepasst werden, im Gegensatz zu statischen On-Premise-Systemen. Und zusätzlich übernehmen die Software-as-a-Service-Anbieter gleichzeitig auch noch die fortlaufende Innovation und bringen durch automatische Updates der Lösung ständig moderne Funktionalitäten heraus, wodurch für die Kunden teure und riskante Upgrade-Projekte entfallen.

2. Hohe Performance trotz Flexibilität

Erfolg in der digitalen Welt erfordert auch ein Umdenken in anderen Bereichen. So durchläuft auch die Unternehmenskultur aktuell einen Transformationsprozess. Tief gestaffelte Hierarchien weichen flexibleren Organisationsformen, in denen Mitarbeiter agil und selbstständig agieren. Daraus können mittelständische Unternehmen einen Vorteil ziehen. Schließlich sind sie wegen ihrer geringeren Größe anpassungs- und wandlungsfähiger. Der neuen Flexibilität muss aber auch die IT Rechnung tragen. Benötigte Informationen müssen dezentral und zu jeder Zeit verfügbar sein. Mit SaaS-Lösungen lässt sich das nahezu ohne Sunk Costs realisieren, was das Risiko auch für kleinere Firmen minimiert. Für eine stabile Performance der Hard- und Software sorgt hier wiederum der Dienstleister – Wartungsarbeiten und die damit verbundenen Kosten fallen weg. So haben Unternehmen mehr Zeit und Ressourcen, um sich ungestört auf ihr Kerngeschäft zu konzentrieren.

3. Sicherheit und Compliance

Datenschutz und Datensicherheit spielen eine immer wichtigere Rolle in Unternehmen, sei es aus Compliance-Gründen oder aus Eigeninteresse, etwa der Furcht vor Industriespionage. Daher sind die weitverbreiteten Bedenken, Daten aus der Hand zu geben, durchaus nachvollziehbar. Trotzdem lohnt es sich meiner Meinung nach, sie einmal zu hinterfragen. Zum einen ist der Schritt in die Cloud keine Entscheidung zwischen ganz oder gar nicht. Hybride Umgebungen können besonders sensible Daten in einem eigenen Rechenzentrum speichern und unkritischen Workload in die Cloud auslagern, ohne Abstriche bei der Performance machen zu müssen. Andererseits stehen einem großen spezialisierten Cloud-Anbieter ganz andere Möglichkeiten in Bezug auf IT-Sicherheit offen als einem kleinen oder mittleren Unternehmen. Somit muss man sich fragen, ob die eigenen Daten in der Cloud nicht doch sicherer sind, als in einem eigenen eventuell veralteten Rechenzentrum. Fallstricke lauern für Mittelständler auch beim Datenschutz. Oft fehlen die Ressourcen, sich in die umfangreichen Vorschriften zum Umgang mit personenbezogenen Daten einzuarbeiten. Fällt die Entscheidung für die Cloud müssen Unternehmen darauf achten, dass der Anbieter beispielsweise nach ISO 27?001 zertifiziert ist. Das bedeutet, dass sich der Dienstleister regelmäßigen Audits durch unabhängige Prüfer zu unterziehen hat, die die Compliance mit den jeweils aktuellen Datenschutzbestimmungen sicherstellen.

Fazit: Wachstum nach Maß

Mit der Cloud gewinnen mittelständische Unternehmen in unsicheren Zeiten an Flexibilität. Sie müssen nicht befürchten, durch Investitionen in IT-Infrastrukturen zukünftige Überkapazitäten aufzubauen. Gleichzeitig ist Wachstum jederzeit möglich und wird nicht durch fehlende technische Ressourcen gehemmt. SaaS-Lösungen tragen dazu bei, dass Unternehmen sich weniger um Performance, Sicherheit und Compliance ihrer IT sorgen müssen und sich stattdessen auf das Kerngeschäft konzentrieren können.

 

 

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