Fachbeiträge

Ausgabe 11 / /2018
Fachbeitrag Unternehmenskultur

Leistungsstark in einem dynamischen Umfeld: Agile Methoden brauchen das richtige Mindset

von Wolfram Müller

Die Nutzung agiler Methoden sowie einer entsprechenden Projektmanagement-Kompetenz spielt eine wichtige Rolle, um Potenziale im Unternehmen zu heben. Aber erst mit dem richtigen Mindset schaffen Firmen die Transformation. In agilen Organisationen, die diesen Prozess wirksam umsetzen, blühen Menschen auf, es entstehen Kreativität und nachhaltiger Kundennutzen.

Inhaltsübersicht:

Auch wenn die Unternehmenswelt derzeit von agilen Ansätzen bestimmt wird, ist es nichts wirklich Neues. Bereits vor 15 Jahren gab es in der Softwareentwicklung mit „eXtreme Programming“ erste Experimente mit agilen Methoden. Seitdem unterliegen diese einem kontinuierlichen Wandel, wurden aus- und weiterentwickelt, auf andere Branchen und Bereiche übertragen – und ein Ende ist nicht in Sicht. Kein Zweifel: Der globale Markt, die Businessprozesse und nicht zuletzt die digitale Transformation erfordern ein flexibles, schnelles Denken und Handeln – Agilität eben. Vergessen werden darf bei allem Ruf nach Beweglichkeit der Strategie und Lebendigkeit der Prozesse vor allem jedoch eines nicht: der Mensch. Ohne ihn keine agile Haltung und Kultur im Unternehmen. Und ohne diese wird es trotz aller Dringlichkeit und Notwendigkeit nicht gelingen, in letzter Konsequenz agil zu sein. Umgekehrt hat agil zu sein, ebenfalls Konsequenzen – für das Unternehmen und die Mitarbeiter.

Agil um jeden Preis?

Unternehmen ist längst klar: Nur wer Projekte und Veränderungen mit einer hohen Geschwindigkeit stemmt, kann im digitalen Wandel bestehen und nachhaltig wachsen. So gesehen ist die agile Transformation eine notwendige Folge der digitalen Transformation, ihrer Schnelligkeit und Flexibilität. Wichtige Fragen, die sich Unternehmen in diesem Zusammenhang stellen sollten, sind:

  • Welche Situation liegt vor?
  • Welches Mindset soll erreicht werden?
  • Welche Hürden sind zu bewältigen?
  • Welche alten Zöpfe müssen abgeschnitten werden?

Entsprechend den Antworten erfolgt dann im Idealfall die Auswahl der richtigen Methoden – ob agil und/oder klassisch. Bei allem Wunsch, Agilität möge rasch die Performance steigern, darf nicht übersehen werden, dass sich agil nicht für alle Projekte eignet bzw. agile Methoden alleine manchmal nicht ausreichen. Häufig ist ein Mix aus agilen und klassischen Methoden notwendig, um das angestrebte Ziel zu erreichen. Einfach irgendwelche agilen Methoden einzuführen, ohne sich vorher intensiv mit dem jeweiligen Unternehmen auseinandergesetzt zu haben, ist keine Lösung. Auf die Frage: „Agil um jeden Preis?“, kann die Antwort also nur lauten: Nein!

Vorteile nutzen, Hürden überwinden

Alles spricht für agile Methoden, wenn diese auf die individuellen Bedürfnisse zugeschnitten sind: Das Unternehmen kann nachhaltig wachsen. Durchsatzsteigerungen von mehr als 50 Prozent sind möglich. Ebenso lässt sich oftmals die Projektlaufzeit halbieren, bei Erhöhung der Terminzuverlässigkeit auf fast 100 %. Führungskräfte sowie Team- und Projektleiter profitieren nicht nur von einer höheren Qualität der Arbeit und Prozesse, sondern auch davon, dass Probleme leichter gelöst werden können und dadurch die Führung fokussiert wird. Fachkräfte schließlich können mit ihrem Team gemeinsam wachsen und den sinnvollen nächsten Schritt auf der Karriereleiter gehen. Dies alles gelingt allerdings nur, wenn gleichzeitig folgende Hürden überwunden werden:

  1. Leistungsfähigkeit anpassen
    In einem Unternehmen wird die Softwareentwicklung auf agil umgestellt. Diese ist dadurch sehr schnell, im Gegensatz zur Hardware und Elektronik, die noch nicht agil agieren. Haben Unternehmen nicht das große Ganze im Blick, bremsen unterschiedliche Leistungsfähigkeiten die Entwicklung oft aus.

  2. Schnelle Integration/Iterationen sichern
    Agil heißt, das Unternehmen muss sein Produkt oft (täglich) „bauen“ können. Regelmäßiges Feedback des Kunden ist notwendig, kann aber nur wirksam werden, wenn der Prozess dafür automatisiert ist und vor allem die Mitarbeiter hinter der Methode stehen.

  3. Auf Effektivität/Fluss fokussieren
    Agil bedeutet, dass Ressourcen auf Arbeit warten. Nicht einmal der Engpass darf voll ausgelastet sein. Es gibt kein negatives Multitasking. Das muss man aushalten können.

Veränderer und Vorreiter

Wollen Unternehmen agil werden, müssen sie sich zunächst einmal fragen: „Was will ich erreichen?“. Ein agiles Mindset spricht weniger für ein konservatives Bild. Vielmehr stehen agile Unternehmen für eine progressive Richtung, sind in vielerlei Hinsicht Veränderer und Vorreiter. Agile Unternehmen halten nicht an einem einmal gefassten Plan fest. Sie wissen nicht nur und akzeptieren, dass alles ständig im Fluss ist, sondern freuen sich regelrecht auf Veränderungen. Je schneller, umso lieber! Der Fokus liegt darauf, etwas Nützliches zu erzeugen und dabei vom Kunden zu lernen. Agile Unternehmen wissen auch, dass das nicht ohne Menschen geht. Ziel ist es deshalb, fachlich top ausgebildete Mitarbeiter zu haben, die auch eine hohe Expertise in Kommunikation, Kooperation und Reflexion vorweisen können. Wobei aber niemals vergessen werden darf, dass es letztendlich um eines geht: Täglich in der Lage zu sein, sein Produkt zu bauen. Nur so kann schnelles Feedback von Kunden wirklich wirken. Erst dann geht es um Methoden respektive Verhalten.

Checkliste zu agilen Methoden

Unbestritten ermöglichen agile Methoden in Unternehmen einen großen Fortschritt. Folgende vier Bereiche gilt es zu berücksichtigen:

  1. Notwendige Randbedingungen
    Die Wirksamkeit von agilen Methoden erfordert zunächst einmal notwendige Randbedingungen (siehe unten, Checkliste R1 bis R5). Sind diese nicht gegeben, kommt es schnell zur „Katastrophe“. Für Unternehmen wichtig zu wissen: Gerade bei komplexen Projekten sind diese Randbedingungen nur selten wirklich erfüllt!

  2. Voraussetzungen für den Beschleunigungserfolg
    Der durchschlagende Erfolg von agilen Methoden basiert auf der Eliminierung negativer Symptome in der Arbeitssteuerung (siehe unten, Checkliste S1 bis S4). Es ist zu beachten, dass der oft versprochene durchschlagende Geschwindigkeitsvorteil agiler Methoden nur sichtbar wird, wenn die negativen Effekte überhaupt bestehen. Ein Unternehmen, das diese Effekte über andere Methoden (z. B. CCPM/Taskboards) bereits stark reduziert hat, wird die Beschleunigung über diese Mechanismen nicht mehr in dem eigentlichen Maße realisieren können.

  3. Nebenwirkungen durch „veraltete“ agile Methoden
    Wenn von agilen Methoden gesprochen wird, kommt es häufig vor, dass diese mit Scrum verwechselt werden. Scrum ist ein agiles Methodenset, das sehr stark auf IT und schwierige Unternehmenssituationen (hoher WIP und schlechtes Management) ausgelegt ist. Scrum hat Eigenschaften, die in diesen Situationen wichtig sind – in einem guten Umfeld aber stören und wiederum negative Effekte erzeugen. Wollen Unternehmen also die höchste Performance von agilen Methoden nutzen, müssen sie angedachte agile Praktiken (siehe unten, Checkliste P1 bis P10) weiter voranbringen.

  4. Fehlende Fähigkeiten von agilen Methoden
    Die agilen Methoden haben sich aus der effizienten Arbeit von Teams entwickelt. Das ist ihre große Stärke, aber auch eine Quelle von Schwächen. Wichtig ist, die Grenzen von agilen Methoden (siehe unten, Checkliste W1 bis W5) zu kennen. Sind Unternehmen beispielsweise in einem Umfeld aktiv, das Charakteristika aufweist, die zu den Schwächen von agilen Methoden zählen, ist Vorsicht geboten und mit erhöhtem Aufwand zu rechnen.

Die nachfolgende Checkliste soll helfen, diese vier Bereiche eingehend zu durchleuchten, um vor allem große kritische Stolperfallen zu vermeiden.

Quelle: Vistem GmbH & Co. KG 2018

Das Buch zum Thema

Management 4.0
Handbook for Agile Practices

Alfred Oswald/Wolfram Müller

252 Seiten

Kindle Edition € 18,99
Taschenbuch € 48,99

ISBN: 978-3743189294

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