Fachbeiträge

Ausgabe 5 / /2017
Fachbeitrag Dokumentenmanagement

Die elektronische Akte tut sich noch schwer

von Thomas Kircher

Das E-Government-Gesetz hat Bewegung in ein Thema gebracht, das in der öffentlichen Verwaltung von Ländern und Kommunen noch nicht überall so ganz angekommen ist. Bis 2022 müssen Akten auch elektronisch geführt werden. Doch noch tun sich die öffentlichen Verwaltungen schwer, die anstehenden Aufgaben zu meistern.

Inhaltsübersicht:

Bedenkt man, dass das E-Government-Gesetz bereits am 1. August 2013 in Kraft getreten ist, ist es kein ganz neues Thema. Aber es ist ein hochaktuelles. Laut Studien und Umfragen von Verbänden und Institutionen, u.a. mit Beteiligung des Bundesministeriums des Innern, kommt die Nutzung von E-Government in Deutschland nur langsam voran. Und die Umsetzung des Gesetzes wird zu den größten Herausforderungen für die öffentliche Verwaltung in Deutschland gezählt.

Fakt ist: Bislang sind nur die Bundesbehörden verpflichtet, elektronische Akten zu führen. Auf Ebene der Länder ist das Gesetz noch nicht überall ratifiziert. „Die Landesbehörden haben z. B. in Nordrhein-Westfalen eine Frist bis 2022, um ihre Akten elektronisch zu führen. Aber durch die gesetzlichen Rahmenbedingungen ist deutlich Schwung in die E-Government-Thematik gekommen“, hat Uwe Hesse, Sprecher des Arbeitskreises Öffentliche Verwaltung der Deutschsprachigen SAP-Anwendergruppe e.V. (DSAG), eine gewisse Aufbruchstimmung festgestellt. Ein positives Zeichen, auch wenn es noch viel zu tun gibt. „Das Ganze ist sehr aufwändig, weil in der Regel heutzutage noch nahezu alle Prozesse papierbezogen abgewickelt werden. Zudem sind viele Abläufe noch nicht komplett neu durchgestaltet, um einer elektronischen Vorgangsbearbeitung gerecht zu werden“, so Uwe Hesse weiter.

Mehr Organisation, weniger Technik

Das macht das E-Government dann auch eher zu einem organisatorischen als zu einem rein technischen Projekt. Denn letztlich müssen dabei personelle und technische Ressourcen wie zusätzliche Hard- und Software bereitgestellt und in einem entsprechenden Haushalt abgedeckt werden. Und das geht aufgrund der strukturellen Gegebenheiten in den Verwaltungen erfahrungsgemäß nicht von heute auf morgen. Die Organisation muss mit ins Boot geholt werden, die Verwaltungsprozesse sind entsprechend zu gestalten und die rechtlichen Rahmenbedingungen müssen geschaffen und umgesetzt werden.

Das gilt zum Beispiel für die so genannte Mitzeichnung. „Wird in der Verwaltung eine Entscheidung getroffen, unterzeichnen neben dem Sachbearbeiter auch noch andere hierarchisch übergeordnete Stellen den entsprechenden Entwurf. Das kann in einer Bundesbehörde bis auf die Ministerebene reichen und ist mitunter ein langer Weg, zumal wenn er ohne Medienbrüche realisiert werden soll“, so Uwe Hesse. Denn die elektronische Unterschrift muss ja auch dokumentiert sein, mit Datum und Uhrzeit und wer sie geleistet hat. Zudem ist zu gewährleisten, dass eine entsprechende Akte zusätzlich in eine PDF-Datei verwandelt werden kann. Damit wird sichergestellt, dass für gerichtliche Überprüfungen z. B. ein kompletter Verwaltungsvorgang lückenlos nachvollziehbar ist.

Lösung vorhanden, aber nicht generisch

Die konkreten Nutzen aus dem E-Government sollten idealerweise mit einem entsprechenden SAP-Produkt erzielbar sein. Das ist eigentlich auch vorhanden. Die Lösung wird jedoch nicht mehr ausreichend weiterentwickelt. Daher bestimmen Beratungslösungen den Markt, was insbesondere die Integration von E-Mail angeht. Keine ideale Konstellation für Uwe Hesse: „Als DSAG wünschen wir uns schon, dass bestimmte Funktionalitäten wie ein triviales Drag & Drop von einer E-Mail in eine elektronische Akte im Standard abgebildet wären und nicht in einer Beratungslösung. „Allein diese anzuschaffen, bindet zusätzliche Ressourcen, die für die öffentlichen Träger an anderer Stelle besser eingesetzt wären“, erläutert Uwe Hesse die aktuelle Situation.

So bleibt für das Handling digitaler Akten und dem für die öffentliche Verwaltung notwendigen Antragsmanagement bislang nur das SAP Student Lifecycle Management (SAP SLCM). „Das gefällt mir sehr gut. Leider ist es aber keine generische Lösung und demzufolge derzeit nur auf die speziellen Anforderungen der Hochschulen zugeschnitten“, erläutert Uwe Hesse. Aber vom Ansatz her würde es passen. Über eine moderne Web-Oberfläche Anträge stellen und verwalten zu können, ist ein zentraler Aspekt für die öffentliche Verwaltung. Dazu hat der Arbeitskreis Öffentliche Verwaltung Ende 2014 seine Mitglieder befragt und drei Kernanforderungen ermittelt:

  • elektronische Formulare, Anträge, Dokumente austauschen und bearbeiten können
  • eine elektronische Aktenverwaltung
  • Beschaffung/Haushaltsmanagement (inkl. Ausschreibungen und Vergabeverfahren/E-Rechnung)

Eine Art Bürgerkonto wäre ideal

Wichtig wären darüber hinaus auch, elektronische Bürgerservices inklusive Personalausweis, elektronische Signatur, Bürgerkonto etc. in einer Standardlösung abzubilden. „Ich stelle mir eine Art Bürgerkonto vor, in dem der Einzelne bei seinem ersten Besuch seine Daten hinterlegt, indem er sich z. B. über den Personalausweis authentifiziert. Beim nächsten Antrag über die entsprechende E-Government-Lösung erscheinen die persönlichen Daten dann bereits automatisch“, wagt Uwe Hesse den Blick in die Zukunft. Ein derartiges Verfahren könnte z. B. im Hintergrund von Antragsformularen jeglicher Art stehen. Das Tool dahinter sollte von der Struktur her idealerweise immer gleich sein. Es müssen Daten eingegeben, geändert, hochgeladen und abgewickelt werden können: sei es ein Gewerbeschein, eine Baugenehmigung, eine Geburtsurkunde, ein Führungszeugnis oder ähnliches. Das sind Prozesse, die durchgängig analysiert und von Grund auf neu gestaltet werden müssten.

 

 

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