Fachbeiträge

Ausgabe 1 / /2011
Fachbeitrag IT-Tools

Verlagsarbeit 2.0 - Publishing mit (Online-)System

von Roswitha Nottebaum

Das Internet hat im wissenschaftlichen Verlagswesen schon länger Einzug gehalten. Im so bezeichneten STM-Sektor (Science, Technology, Medicine) als prominentem Teil davon sind inzwischen nicht nur bereits über 90 Prozent der publizierten wissenschaftlichen Zeitschriften online, auch der Prozess der Gewinnung und Aufbereitung von Content bis zum fertigen Print- oder Digitalprodukt erfolgt heute weitgehend unter Verwendung von Möglichkeiten, die das Internet bietet.

Inhaltsübersicht:

Durch verstärkten Einsatz von Technologie, etwa für webbasierte Einreichung und Peer Review, versuchen Wissenschaftsverlage ihre Position in einem veränderungsanfälligen Markt zu stärken. Gleichzeitig nimmt das Leistungsspektrum der Systeme zu. Bei Zeitschriften, deren Beiträge von Fachkollegen auf Qualität und Eignung für eine Veröffentlichung geprüft werden, stehen Systeme, die den Peer-Review-Vorgang online unterstützen, seit einigen Jahren in Zentrum der Technologieanschaffung. Angestoßen wird deren Erwerb nicht nur von Verlegern und Redaktionen, sondern auch von Autoren, Herausgebern und Gutachtern. Mit dem wachsenden Technologieeinsatz reagieren die Wissenschaftsverlage weltweit auf eine sich verändernde Wettbewerbslandschaft.

 

Jährlich müssen weltweit rund 1,5 Millionen Fachbeiträge gesichtet, geprüft und verwaltet werden – mit steigender Tendenz. Das verschärft die Konkurrenz um die Top-Autoren der jeweiligen Disziplin, über die sich dann Aspekte wie Impact Factor als Richtschnur für die Zitierhäufigkeit sowie Reputation und Nachfrage einer Zeitschrift in der Wissenschaftsgemeinde bestimmen. Die Autoren wollen jedoch auch schnell und in hoher Qualität veröffentlicht werden. Zu dieser Anforderung kommen als weitere Herausforderungen für die Verlage Kostenzwänge, neue Geschäftsmodelle und ein als Open Access bezeichnetes alternatives Veröffentlichungskonzept, das sich u.a. für mehr oder weniger frei zugängliche, kostenlose Forschungsliteratur im Internet stark macht.

 

Hilfe aus dem Web

Nicht nur große Wissenschaftsverlage wie Elsevier, Springer SBM, Wolters Kluwer oder Wiley nutzen seit Jahren Online-Systeme, mit denen Autoren ihre Fachbeiträge via Internet in das System hochladen. Drei Viertel aller STM-Verlage tun es ihnen heute gleich. Im System werden die Beiträge von Experten auf Qualität geprüft und von Redaktionen weiterbearbeitet, um danach in die Druckvorstufe und von dort ins Internet bzw. in die Printausgabe einer Zeitschrift zu wandern. Die charakteristischen Komponenten solcher Systeme sind Web-Schnittstelle und Datenbank. Über die Web-Schnittstelle laden Autoren ihre Beiträge in vielen möglichen Formaten hoch. Im Editorial Manager-System von Aries beispielsweise werden sie automatisch in PDF-Dateien umgewandelt, und ebenso automatisiert werden Redakteure einer Zeitschrift über eine stattgefundene Einreichung informiert. Gutachter erhalten das PDF-Dokument, begutachten und kommentieren den Beitrag und schicken ihre Stellungnahme online an die Redaktion zurück.

In der Datenbank sind die Manuskriptdateien abgelegt, gegebenenfalls in verschiedenen Bearbeitungsstufen, zudem die Artikel-Metadaten. Die Systeme begleiten den Prozess von der Einreichung über die Begutachtung bis zur Annahme oder Ablehnung mit unterschiedlichsten Kontroll-, Prüf- und Verwaltungsfunktionen, auf Kopfdruck erstellte Korrespondenz zwischen den Beteiligten eingeschlossen. Wegen der geringeren Anfangsinvestition nutzen viele Verlage die von den meisten Anbietern offerierte Bereitstellungsform auf SaaS (Software as a Service)-Basis. Die ist heutzutage bei derartiger Verlagssoftware die Standardvariante. Für die Verlage ist sie interessant, weil sie die Manuskriptmanagementlösung ohne größeren Kapitaleinsatz und ohne das Risiko, das mit einer Individualentwicklung verbunden ist, nutzen können. Der gehostete Softwareservice wird den Verlagen gewöhnlich je nach Nutzung bzw. Anzahl eingereichter Manuskripte in Rechnung gestellt.

Die Verlage profitieren von kürzeren Begutachtungszeiten und der – für Autoren wichtigen – schnelleren Publikation der Forschungsergebnisse, ebenso vom geringeren administrativen Aufwand und der steigenden Einreichungszahl, die sich nach Expertenmeinung generell zwischen 20 und 40 Prozent, in manchen Fällen sogar höher bewegt. Ganz zu schweigen von Einsparungen durch wegfallende Post-, Kurier-, Fax-, Kopier- oder Telefonkosten.

 

Funktionsvielfalt nimmt zu

Zunehmend bedienen die Anbieter auch die Nachfrage nach erweiterten Lösungen, die sie über den gesamten Publikationsprozess mit zusätzlicher Funktionalität unterstützen. Lag der Fokus der Systemunterstützung ursprünglich primär auf Nutzaspekten wie Kosteneinsparung im Redaktionsalltag und schnelleren Durchlaufzeiten bis zur Publikation, so sind aus der Wunschliste der Verlage inzwischen auch Leistungsmerkmale für Zitatprüfung und -verlinkung, Autoformatierung von Bibliografien, Plagiatsprüfung und generelle Business Intelligence, aber auch Supply-Chain-Management, Customer-Relationship-Management und Druckvorstufenunterstützung realisiert worden.

Dem Wunsch nach zusätzlicher CRM (Customer Relationship-Management)-Unterstützung kommen die Anbieter nach, indem Zeitschriften einen professionell gestalteten Auftritt im jeweiligen Design erhalten und sich so gegenüber Lesern und Autoren stärker als unverwechselbare Marke präsentieren. Immer mehr werden für die Verlage auch Business Intelligence-Funktionen interessant und verfügbar, die mithelfen, den Nutzen von Print- und Online-Zeitschriften zu steigern oder neue Produkte zu entwickeln. Denkbar sind hier Funktionen, über die sich Heftinhalte ad hoc um aktuelle Neuigkeiten und Besprechungen aus der Fachwelt bereichern lassen bzw. mit deren Hilfe eine an herausragenden Inhalten festgemachte gezielte Promotion gestartet werden kann.

Funktionen zur Unterstützung der Supply-Chain (Bereitstellungskette) zielen entweder punktuell auf spezielle Aufgaben im Rahmen der Produktherstellung und -verwertung oder versuchen, zumeist über ein Netzwerk von Kooperationen verschiedener Anbieter, eine Lösung mit möglichst automatisierten Übergabeprozeduren zwischen den einzelnen Prozessschritten hinzubekommen. Gebräuchlich sind mittlerweile auch wissensbasierte Elemente in den zugrundeliegenden Datenbanken, die den Begutachtungsprozess durch automatisierte Verfahren zur Wahl geeigneter Gutachter optimieren. Die Entwicklung der letzten Jahre deutet auf eine nahe Zukunft hin, in der solche Online-Lösungen dem Anwender eine lückenlose Unterstützung vom geprüften und aufbereiteten Content über die Print- und Online-Produktion bis zum Vertrieb bieten werden.

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