Fachbeiträge

Ausgabe 9 / /2010
Fachbeitrag Social Media

Enterprise 2.0 - Social Media erfolgreich in Unternehmen einsetzen

von Philipp Rosenthal

Die Nutzbarmachung kollektiver Intelligenz sei heute die Königsregel des Web 2.0, sagt Tim O’Reilly, der seit seinem legendär gewordenen Artikel „What is Web 2.0“ als Erfinder dieses Begriffes gilt. Kein Wunder also, dass Organisationsstrategen das Wasser im Munde zusammenläuft, wenn sie an die Potenziale denken, die sich Unternehmen eröffnen könnten, wenn sie Teil der Sozialen Netzwerke werden, zu denen ihre Mitarbeiter längst gehören. Doch so verlockend die Idee ist, so anspruchsvoll ist auch ihre Umsetzung: Twitter-Channels und Facebook-Profile reichen dafür nicht aus. Erst wenn organisationsintern Kommunikationsprozesse und Strukturen etabliert werden, die sich nahtlos an die Praktiken Sozialer Netzwerke anknüpfen lassen, kann das Vorhaben gelingen. Eine digitale Arbeitsumgebung, die sich konsequent der Logik des Web 2.0 bedient, ist dabei eine zentrale Voraussetzung.

Inhaltsübersicht:

 

Das Web ist heute nicht nur der wichtigste Ratgeber, sondern auch eine zentrale Innovationsquelle: Plattformen wie Qype und Foursquare ermöglichen Meinungsaustausch, Empfehlungen und kreative Brainstormings, an denen hunderttausende Anwender beteiligt sein können. Innovationen und Problemlösungen sind damit immer häufiger Ergebnisse von semi-strukturierten Gruppenprozessen, die weit besser geeignet sind mit Komplexität und Dynamik umzugehen, als herkömmliche Organisationsformen. Die erfolgreiche Übernahme der dahinter stehenden Prinzipien kann deshalb unmittelbare positive Effekte für den Unternehmenserfolg haben.

 

Die positiven Effekte von Enterprise 2.0 lassen sich nur dann realisieren, wenn auch eine technologische Plattform vorhanden ist, die im Hinblick auf Benutzerfreundlichkeit dem Vergleich mit den etablierten Web-2.0-Plattformen standhält und gleichzeitig perfekt in die IT-Landschaft des Unternehmens integriert ist.

 

Prinzipien Sozialer Netzwerke Mehrwert für Unternehmen Teilen, beteiligen, mitmachen Wachstumsimpulse schaffen Zusammenarbeit über Grenzen hinweg Effizienz von Prozessen verbessern Gegenseitige Inspiration Innovationsfähigkeit steigern Vernetzen, Beziehungen aufbauen Fruchtbare Firmenkultur etablieren


Prinzipien Sozialer Netzwerke und deren Mehrwert für Unternehmen

 

Praxisbeispiel: Communities und Blogs bei Tieto

Ein Beispiel dafür, wie sich Social Media-Techniken im Unternehmen erfolgreich anwenden lassen, ist der Lösungsanbieter Tieto, der mit seinem „Future Office“ Ansatz rund 17.000 Mitarbeiter in über 30 Ländern effizient vernetzt.

 

Das „Tieto Future Office“ ist die nächste Evolutionsstufe des Intranets, das den Anforderungen an moderne Kommunikation wie etwa Individualisierungs- und Interaktionsmöglichkeiten entspricht. So werden beispielsweise User Communities für die interne Vermarktung (im Sinne von „Transparenz schaffen“) der Tieto-Lösungen oder für den Zusammenschluss von Themen-/Fachexperten eingesetzt. Außerdem kann jedermann ein Blog für die „one-to-many“-Kommunikation erstellen und so sein Wissen und seine Gedanken zu einem Thema zugänglich machen. Dies regt den Informationsfluss und die Diskussion über unternehmensinterne Schranken hinweg an. Sogar der Vorstand nutzt diese Möglichkeit und kommuniziert zu bestimmten Themen mit dem weltweiten Team über einen Leadership-Blog. Das E-Mail-Volumen für Updates und generelle Informationen wird auf diese Weise signifikant gesenkt.

 

Expertenwissen über persönliche Profile finden

Jeder Mitarbeiter des Unternehmens besitzt ein internes Profil à la Facebook. Dort kann er neben Informationen zu seiner Position auch ein paar persönliche Angaben hinterlegen und ein persönliches Netzwerk innerhalb der Firma knüpfen. Damit man einen direkten Eindruck von den Interessen und Perspektiven des Kollegen bekommt, sind auch dessen Blog- und Wiki-Einträge direkt im Profil dargestellt. Dadurch entstehen auch in einem großen Konzern, in dem sich die an einem Projekt arbeitenden Mitarbeiter oft nur per Video oder Telefon kennen, eine vertraute Arbeitsatmosphäre und Teamgeist.

 

Viele Unternehmen haben allein aufgrund ihrer Größe das Problem, dass niemand alle Experten und ihre Fachbereiche genau kennen kann. Dies ist besonders bei der Zusammenstellung internationaler Projektteams eine große Hürde. Hier bietet das Future Office den Tieto-Mitarbeitern zwei Hilfestellungen:

 

Eine zentrale Suche wertet die im Kompetenzprofil hinterlegten Informationen aus und erleichtert so das Auffinden der richtigen Ansprechpartner.

Außerdem können Mitarbeiter einfach Empfehlungen und Hinweise über ihr persönliches Netzwerk einholen und sich, wie auf Social-Media-Portalen üblich, bei dem neuen Kontakt vorstellen lassen.

 

Mitarbeiter können die virtuelle Plattform für das erste Kennenlernen nutzen, um auszuloten, ob ein reales Kennenlernen für alle Beteiligten und das Unternehmen Gewinn bringend ist. Damit der Austausch zwischen den Kollegen problemlos klappt, steht eine zentrale Unified-Communications-Lösung für Chat, Messaging, Videokonferenz und Telefonie zur Verfügung.

 

Collaboration leicht gemacht

Ein weiteres großes Thema beim Wissensmanagement innerhalb eines Unternehmens ist der Zugang zu Informationen: Alle Mitarbeiter müssen auf die für ihre Arbeit relevanten Dokumenten zugreifen können. Future Office basiert auf SharePoint von Microsoft und stellt sicher, dass Dokumente immer nachvollziehbar auf dem aktuellsten Stand und unabhängig vom Standort des Mitarbeiters erreichbar sowie gesichert vor unberechtigtem Zugriff sind. Anstatt Netzwerklaufwerken und lokaler Speicherung nutzt die Lösung eine browserbasierte Plattform, die auch als Extranet-Anwendung mit höchstem Sicherheitsstandard verfügbar ist.

 

Ein ausgeklügeltes Rollen- und Rechtemanagement regelt den Zugriff auf archivierte und pro-aktiv verteilte Informationen passend zur individuellen Rolle in Unternehmen, Projekt- oder Arbeitsgruppe. Dank einer ausgefeilten Suchtechnologie bekommt der Nutzer nur die für ihn zugänglichen Informationen angezeigt, was die Suchzeit verkürzt und eine „anschauen, aber nicht anfassen“-Frustration vermeidet.

 

Der übersichtliche Einstieg zu Future Office erfolgt über den individualisierten Arbeitsplatz der Tieto-Mitarbeiter. Per Single-Sign-On stehen den Nutzern alle relevanten Informationen aus Intranet, Wissens- und Informationsarchiv sowie ERP- und anderen Kernsystemen zur Verfügung. Auf seiner personalisierten Startseite kann jeder Mitarbeiter verschiedene Newsfeeds abbonieren oder mit einem RSS-Feed in MS Outlook über die in seinen Arbeitsgruppen veränderten Dokumente auf dem Laufenden bleiben. So hat jeder die für ihn relevanten Informationen einfach im Blick – ohne langes Suchen.

 

Kultureller Wandel ist Pflicht

Die Herausforderung bei der Einführung einer solchen Lösung liegt darin, dass hierarchisches und unflexibles Prozessdenken mit Social Media inspiriertem Arbeiten nicht kompatibel ist. Authentizität und die Bereitschaft, auch einmal Fehler zuzulassen, sind wichtige Säulen für den Erfolg. Außerdem sollte der wichtigste Grundsatz hierbei sein: keiner muss, jeder darf. Solch ein gravierender Wandel verlangt eine Veränderung in Management und Führung sowie in der Unternehmenskultur.

 

Was also ist der Schlüssel zu einem erfolgreichen Enterprise 2.0? Eine Kultur, die von Begeisterung und den Menschen lebt. Eine Kultur, deren wichtigste Werte Interaktion, Authentizität, Kommunikation und Flexibilität sind – und die vom Management vorgelebt wird. Unter diesen Voraussetzungen und mit den richtigen Partnern können Unternehmen nicht nur das Potenzial einer modernen IT-Lösung nutzen, sondern ungeahnte Potenziale der eigenen Organisation heben. Der Return ist zwar nicht immer direkt messbar, langfristig wird sich die neue Form zu Arbeiten allerdings auszahlen. Der Erfolg und die Durchsetzungskraft von Social Media im klassischen Internetumfeld sind der beste Indikator dafür.

Diese Artikel könnten Sie auch interessieren

Online Fachbeiträge Ausgabe 9 / 2001
Fachbeitrag       Social Media

Die Kunden als Partner – warum Kunden-Communities immer wichtiger werden (3)

von Peter Schütt

Artikel lesen


Online Fachbeiträge Ausgabe 2 / 2007
Fachbeitrag       Wissenstransfer

Miteinander statt gegeneinander: Wissensmanagement in Forschung und Lehre

von Nicola Moeßner

Artikel lesen


62010
Dokumentation + Kommunikation       Datentransfer

Social Analytics - das zukünftige Gehirn des Unternehmens?

von Peter Schütt

Artikel lesen


62010
Dokumentation + Kommunikation       Dokumentenmanagement

Kollaborativ generierte Inhalte managen

von Christoph Rau

Artikel lesen


32010
Praxis Wissensmanagement       Social Media

Berichten, Koordinieren, Probleme lösen mit Enterprise Microblogging

von Alexander Richter, Kai Riemer

Artikel lesen


Unsere Empfehlungen