Fachbeiträge

Ausgabe 3 / /2009
Fachbeitrag Best Practice

Highspeed Internet – Highspeed Kundensupport

von Thomas Möller

Mehr und mehr sind für Endkunden die früher getrennten Kommunikationsdienstleistungen heute aus einer Hand verfügbar: Telefonie, Internetzugang und TV-Versorgung gibt es vom selben Anbieter. Experten kennen das unter dem Schlagwort Triple Play. Dieser Entwicklung ist auch die Belgacom Group in Brüssel gefolgt. Das führende Telekommunikationsunternehmen Belgiens vergrößert sein Dienstleistungsportfolio zügig: Fernsehen via Internet, digitales TV auf HDTV-Basis und Video-on-demand gehören für die Hälfte der belgischen Bevölkerung heute bereits zum Alltag. Die technische Basis für das hochauflösende Fernsehen über das Internet ist eine entsprechende Netzwerkinfrastruktur mit hoher Geschwindigkeit und Bandbreite. Der Endkunde benötigt für den Empfang lediglich einen Decoder und eine Highspeed-Internetverbindung – sowie schnelle und kompetente Hilfe, sollte es zu Störungen und Ausfällen kommen: Eine automatisierte Diagnoselösung hilft den Call-Agenten bei Kundenanfragen, sofort die richtige Lösung parat zu haben.

Inhaltsübersicht:

Rechtzeitig zum Start des digitalen HDTV-Angebots im April 2008 implementierte Belgacom auch ein Diagnosesystem zur vollautomatisierten Einmessung und Konfiguration von Neuanschlüssen. Dadurch wird der reibungslose Betrieb neuer Kundenanschlüsse von Beginn an gewährleistet und gleichzeitig können mögliche Beeinträchtigungen von Nachbaranschlüssen zuverlässig vermieden werden. Bei dieser Diagnoselösung handelt es sich um ein Expertensystem, das das Know-how der firmenweiten Fachleute über die Identifikation und Behebung möglicher technischer Kundenprobleme bündelt und universell anwendbar macht. So unterstützt die Lösung nicht nur bei der vollautomatisierten Störungsdiagnose, darüber hinaus liefert sie auch den Call-Agenten in der Störungsannahme, den mobilen Servicetechnikern sowie bei Bedarf auch den Endkunden selbst weit reichende Unterstützung bei der Eingrenzung und Behebung von Störungen. Somit reduziert das Telekommunikationsunternehmen die durchschnittliche Bearbeitungszeit auf einen Bruchteil des bisherigen Werts. Das bedeutet auch: deutlich geringerer Personalaufwand und kürzere Bearbeitungszeiten bei gleichzeitig wachsender Kundenzufriedenheit.

 

IT-Experten fungieren als Wissensredakteure

 

Um das System mit Leben – und Inhalten – zu füllen, fungieren die technischen Spezialisten des Unternehmens als Wissensredakteure für das Expertensystem. „Mithilfe eines Modellierungs-Tools, der so genannten Workbench, definieren sie die firmenspezifischen Diagnoseabläufe sowie die jeweiligen Prozesse, die für die technische Entstörung erforderlich sind“, erläutert Peter Kleinhans, der Projektverantwortliche beim deutschen Hersteller der Software, der iisy AG. „Dabei gestattet die Diagnoselösung die Anbindung verschiedenster Datenquellen und Messsysteme.“ Das auf diese Weise gebündelte Wissen klärt die typischen technischen Probleme der Kunden. Das System unterstützt dabei zielgerichtet und weitgehend automatisiert die entscheidenden Fragestellungen im technischen Kundenservice, beim Customer Problem Handling:

  • Welche Problembeschreibung deutet auf welche Ursache?
  • Wie müssen die Prozesse und Abläufe aussehen, die zur eindeutigen Identifikation des technischen Problems führen?
  • Welche Messungen, etwa der Leitungsqualität, können automatisiert erfolgen, vielleicht sogar noch bevor der Call-Agent persönlich mit dem Kunden spricht?
  • Wie sollten die Informationen für die Bildschirme der Call-Agents oder des technischen Kundendiensts idealerweise aufbereitet sein?
  • Welche Anweisungen muss ihnen das System bei welchen Problemen mit welchen Geräten und welchen Services geben?
  • Wann ist es sinnvoll, einen Techniker zum Kunden zu schicken?

„All die entsprechenden Diagnose-, Mess- und Kundendialogprozesse kann ein Telekommunikationsunternehmen – seinem spezifischen Bedarf gemäß – in der Diagnoselösung abbilden, steuern und weitestgehend automatisieren“, sagt Peter Kleinhans.

 

Implementierung in Eigenregie

 

„Belgacom übernahm den Großteil der Implementierung selbst“, berichtet Kleinhans. „Das heißt sowohl die IT-Integration und die Anbindung der diversen Messsysteme zur Prüfung der Leitungsqualität der Highspeed-Internetverbindung als auch die spätere Definition der Diagnoseprozesse und ihre Abbildung im System.“ Innerhalb von weniger als drei Monaten war die erste Phase der Implementierung abgeschlossen, rechtzeitig zum Start des digitalen HDTV-Angebots von Belgacom. Seither hat sich viel getan: Wenn sich heute beispielsweise ein neuer Kunde im System anmeldet, stößt er damit bereits eine Messung an. Diese prüft, welche interferenzfreie Bandbreite für den Kunden verfügbar ist und hinterlegt den ermittelten Wert automatisch in dessen Kundenprofil. Gleichzeitig übermittelt die Diagnoselösung eine Nachricht an den Kunden – per Digital-TV-Banner, E-Mail oder SMS –, wie und in welchem Umfang er den On-demand-Service nutzen kann. Mitunter ist nämlich eine Reduzierung der Bandbreite nötig – das hochauflösende Fernsehen via Internet ist dann nur eingeschränkt verfügbar.

 

Von der Fehlerdiagnose zum Self Repair

 

Nach der erfolgreichen Implementierung startete Belgacom sofort die nächste Projektphase: „Dabei haben wir die Messsysteme an unser Interactive-Voice-Response-Portal angebunden und die Diagnoseflüsse abgebildet“, erklärt Paul Schollier von Belgacom. Das heißt: Noch bevor der Kunde zu einem Call-Agent durchgestellt wird, macht er über ein Interactive-Voice-System Angaben zu den Fragen bzw. technischen Problemen seines On-demand-Angebots. Diese Informationen lösen automatisch alle erforderlichen Messungen aus – und zwar noch bevor der Anrufer zum Call-Center-Operator gelangt. Das System analysiert, ob das Problem auf der Seite von Belgacom liegt oder auf Seiten des Endkunden, und veranlasst gegebenenfalls auch den Einsatz eines Servicetechnikers zur Fehlerbehebung vor Ort.

Weitere Systemoptimierungen sind bereits in Planung: So sollen die Call-Agents künftig aus ihren Trouble Tickets heraus die Diagnoselösung anstoßen können. Bereits wenn sie das Kundenproblem als Service-Vorgang, als Trouble Ticket, im System erfassen, wird das eine automatisierte Diagnose auslösen. Doch auch dies ist längst nicht das Ende der Fahnenstange. „Eines unserer großen Ziele ist der Self-Repair ab 2010“, fährt Paul Schollier fort. Dann soll das System bestimmte Fehler nicht nur selbst identifizieren können, sondern sie aufgrund hinterlegter, automatisierter Reparaturprozesse auch gleich selbst beheben.

 

Fazit

Dass sich das Projekt bezahlt macht, davon ist man bei Belgacom überzeugt: „Im Grunde ist es eine Win-Win-Situation“, sagt Paul Schollier. „Die Diagnoselösung reduziert die durchschnittliche Bearbeitungszeit für die Operator im Call Center. Gleichzeitig sorgt sie für eine erhöhte Kundenzufriedenheit. Damit wird der gesamte Reparaturprozess maßgeblich verbessert.“

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