Fachbeiträge

Ausgabe 8 / /2015
Fachbeitrag Best Practice

Betriebliches Gesundheitsmanagement bei der Aareal Bank

von Stefan Buchner

Gesundheitsbewusstsein spielt bei der Aareal Bank eine große Rolle. Die Führungskräfte gehen hier als gutes Beispiel voran. Bei den rund 900 Mitarbeitern an den Standorten in 14 Ländern stoßen die vielfältigen Gesundheitsangebote auf positive Resonanz. 2014 erhielt der Mittelständler den Corporate Health-Award mit der Auszeichnung „BGM-Excellent-Siegel“. 

Inhaltsübersicht:

Braucht ein Unternehmen, das einen niedrigen Krankenstand hat, überhaupt ein Betriebliches Gesundheitsmanagement (BGM)? Im Benchmark-Vergleich befindet sich die Aareal Bank in Wiesbaden zwar in einer relativ gesunden Branche, aber man weiß, dass die Komplexität der Prozesse und die Arbeitsverdichtung immer mehr zunehmen. Die Arbeitnehmer gesund zu erhalten, ist ein großes Anliegen. Darüber hinaus ist die Bank sich bewusst, dass ein modernes Gesundheitsmanagement dazu beiträgt, sich als attraktiver Arbeitgeber für (potenzielle) Mitarbeiter zu positionieren.

Mit einem festen, vom Vorstand bewilligten Budget in der Hand, konnte die Aareal Bank in die Vollen gehen. Ende 2012 wurde zunächst ein Steuerungskreis mit Vertretern des Betriebsrats, HR und Delegierten aus den Fachbereichen gegründet, der heute für die Planung und die Umsetzung konkreter Maßnahmen verantwortlich ist. Diese sollen sich stark an den Bedürfnissen der Mitarbeiter orientieren. In Zusammenarbeit mit einem externen Beratungshaus wurde in nur zwei Monaten ein BGM-Konzept entwickelt und eine erste Online-Mitarbeiterbefragung durchgeführt. Die Bank hatte sich zum Ziel gesetzt, die individuellen physischen und psychischen Belastungen zu ermitteln. Die Befragung hat unter anderem ergeben, dass die Mitarbeiter ihre Gesundheit in erster Linie als Eigenverantwortung ansehen.

Vier Säulen für mehr Gesundheit

Daraufhin hat das Unternehmen sein Gesundheitsmanagement basierend auf den vier Säulen Bewegung, Ernährung, Prophylaxe und Entspannung mit vielfältigen Maßnahmen entwickelt. „Diese vier Säulen sind die zentralen Stellschrauben, mithilfe derer der Arbeitgeber das Arbeitsumfeld ein stückweit positiv beeinflussen und aktiv mitgestalten will“, sagt Dirk Schiffauer, der als Director HR Consulting bei der Aareal Bank für Personalmarketing und das Betriebliche Gesundheitsmanagement verantwortlich ist. 

  1. Säule: Wie lässt sich das eigene Wohlbefinden positiv beeinflussen? Die Beschäftigten können aus einer Vielzahl an Maßnahmen wählen: Zu den Bewegungsangeboten zählen u. a. Lauf- und Nordic Walking-Kurse. Aus einer Eigeninitiative heraus werden in diesem Jahr darüber hinaus am Standort Wiesbaden drei Laufgruppen entstehen, die von jeweils einem Mitarbeiter aus der Zentrale geleitet werden. Wenn die Arbeitnehmer vom Lauf im Park in der Nähe der Bank zurückkommen, können sie demnächst die zu diesem Zweck eingerichteten Duschen nutzen.
  2. Säule: Für eine gesundheitsbewusste Ernährung stehen täglich vollwertige Gerichte in der Kantine auf dem Speiseplan. Vorträge zu Ernährungsfragen sowie ein professionelles Gewichtsmanagement-Programm runden diese Säule ab.
  3. Säule: Im Rahmen der Prophylaxe werden u. a. Hautscreenings sowie Augenuntersuchungen angeboten, die schon sehr gut angenommen werden.
  4. Säule: Zur Entspannung können die Mitarbeiter während der Arbeitszeit zur Massage im hauseigenen Massageraum gehen und QiGong-Kurse besuchen.

Es ist ratsam, Gesundheitsangebote zu machen, die schnell wirken und die von den Beschäftigten einfach angenommen werden können. Dazu zählen auch Vorträge zu gesundheitsrelevanten Themen und die Einrichtung eines Gesundheitsportals. Das Portal bei der Aareal Bank besteht seit zwei Jahren. Hier findet mitunter ein reger Austausch zwischen den Arbeitnehmern zu verschiedenen Fragen rund um das BGM statt.

Im Hinblick auf die zunehmende Arbeitsverdichtung und -komplexität ist es wichtig, die Resilienz – also die seelische Widerstandsfähigkeit – zu fördern. In diesem Jahr wird die Bank eine sog. Stress-Prophylaxe anbieten. Wie führe ich achtsam? Wie motiviere ich meine Mitarbeiter dazu, Regenerationsphasen zu nutzen? Und wie kann ich in Stresssituationen die eigene innere Balance bewahren? Das sind Themen der Workshops und des in diesem Jahr erneut geplanten Gesundheitstages.

Employee Assistance Program: Die Anlaufstelle für akute Probleme

Das Employee Assistance Program (EAP) ist ein weiterer BGM-Baustein, der in Zusammenarbeit mit einem externen Anbieter durchgeführt wird. Die Dienstleistung lässt sich mit einer internen Sozialberatung vergleichen, die große Unternehmen oft einrichten. Die Beschäftigten können sich in krisenhaften Situationen – z. B. bei sozialen und psychologischen Fragen – telefonisch oder auch bei einem Berater in ihrer Nähe Hilfe holen. Die Beratung ist kostenlos und es bleibt anonym, wer diesen Service in Anspruch nimmt. Aus der jährlichen Auswertung geht lediglich hervor, wie viele Arbeitnehmer den Service nutzen und welche Themen nachgefragt werden. Analysen der Bank zufolge liegt die bundesweite Nutzungsrate bei fünf Prozent.

Gerade für mittelständische Arbeitgeber kann sich ein Employee Assistance Programm lohnen: Die jeweiligen Beratungsleistungen können auf die speziellen Anforderungen des Unternehmens abgestimmt werden. EAP-Berater, die mit niedergelassenen Psychotherapeuten vernetzt sind, können an diese Mitarbeiter im Falle einer psychischen Erkrankung kurzfristig vermitteln. Dadurch entfallen die sonst eher üblichen langen Wartezeiten für eine Therapie.

Seminarschwerpunkt: Gesunde Mitarbeiterführung

Ob die Beschäftigten nachhaltig gesund bleiben, steht und fällt vor allem mit der Führungsqualität. Wenn Vorgesetzte einen kooperativen und humanen Führungsstil pflegen, sind die Arbeitnehmer oftmals eher bereit, sich auch mit Problemen und Sorgen an sie zu wenden. Die Bank hat ein externes Beratungshaus beauftragt, das zweitägige Seminar „Gesund führen“ zu konzipieren und verbindlich für alle insgesamt rund 120 Führungskräfte durchzuführen. Auch Mitarbeiter ausländischer Standorte kommen zu dem Seminar, das je nach Bedarf in deutscher und englischer Sprache stattfindet. Am ersten Seminartag steht die Gesundheit der Führungskräfte im Vordergrund. Nach einem Lauftraining können die Teilnehmer durch eine sportmedizinische Diagnostik mit einer Pulsuhr ihre Muskulatur-, Körperfett- und Laktatwerte messen. Wenn sie ihre Werte schwarz auf weiß sehen und von uns ein individuelles Feedback bekommen haben, welche Muskeln sie wie trainieren und dabei Fett verbrennen können, sind sie motiviert, künftig mehr für ihre Gesundheit zu tun.

Am ersten Seminartag stehen Bewegungs- und Ernährungsthemen im Vordergrund, der zweite Tag widmet sich der gesunden Mitarbeiterführung. Vor allem geht es darum, die eigene Führungsrolle zu reflektieren und zu lernen, Fehlbelastungssignale bei den Beschäftigten zu erkennen. Das Trainerteam vermittelt den Vorgesetzten im Seminar, dass sie nicht die Therapeuten ihrer Mitarbeiter sein müssen. Ihre Aufgabe ist es vielmehr, Auffälligkeiten wahrzunehmen, die Arbeitnehmer bei Bedarf anzusprechen und zu entsprechenden Spezialisten weiterzuleiten. Die Führungskräfte erleben das Seminar als wertschätzend und hilfreich für ihre Rolle als Führungskraft.

Personaler als Co-Trainer

Es kann sinnvoll sein, leitende Mitarbeiter aus dem Bereich Betriebliches Gesundheitsmanagement und/oder der Personalentwicklung als Co-Trainer einzusetzen. Dieses Konzept hat sich auch bei der Aareal Bank bewährt. Wenn Themen und Fallbeispiele auf konkrete Unternehmenssituationen bezogen werden können, fällt der Transfer leichter. Wie die Regeneration der Beschäftigten dadurch gefördert werden kann, dass sie nicht permanent erreichbar sein müssen, war beispielsweise ein Thema. Daraus lassen sich verbindliche Kommunikationsregeln ableiten. Co-Trainer aus dem Personalbereich können zudem professionelle Beobachter und gute Feedback-Geber bei Simulationsgesprächen sein. Wie man ein Gespräch bei einem sensiblen Thema – z. B. bei Verdacht auf eine psychische Erkrankung – führt, das üben die Seminarteilnehmer in Rollenspielen.

Maßnahmen mit Mehrwert für die Mitarbeiter

Nach der ersten Mitarbeiterbefragung Ende 2012 wurde nun bereits die dritte Befragung durchgeführt – mit dem Ziel, die Wirkung der BGM-Maßnahmen zu evaluieren und herauszufinden, wo es Ergänzungs- und Verbesserungsbedarf gibt. Ein besonderes Augenmerk soll 2015 darauf gelegt werden, die Regenerationsfähigkeit weiter zu fördern. Geplant ist u. a., einen Ruheraum einzurichten. Denn abzuschalten und eine gute Balance zwischen Arbeit und Privatleben zu finden, fällt leistungsorientierten Mitarbeitern oftmals schwer. Soll die Leistungsfähigkeit langfristig erhalten bleiben, ist eine gute Balance notwendig. Viele Mitarbeiter der Bank sehen den Mehrwert der ihnen angebotenen Maßnahmen. Sie merken, dass man sich um ihr Wohlbefinden kümmert und Betriebliches Gesundheitsmanagement ernst genommen wird. Nachhaltig in die Gesundheit der Mitarbeiter zu investieren, hat weiterhin einen hohen Stellenwert.

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