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5/2003
Editorial Wissensmanagement

Die Formel 1 - eine Benchmark für das Wissensmanagement

von Oliver Lehnert

Michael Schumacher wird schlicht eine Runde später zum Tanken an die Box geholt als sein von Platz eins gestarteter und bis dahin führender Bruder Ralf. In dieser Runde kann der Ferrari bei freier Fahrt in Front ein paar Zehntelsekunden gut machen; die reichen in Kombination mit einem fixen Boxenhalt, um einen Wimpernschlag vor dem BMW-Williams wieder auf der Strecke zu sein. Von da an gilt es für den Führenden nur noch, auf der Strecke zu bleiben.

 

Michael Schumacher wird schlicht eine Runde später zum Tanken an die Box geholt als sein von Platz eins gestarteter und bis dahin führender Bruder Ralf. In dieser Runde kann der Ferrari bei freier Fahrt in Front ein paar Zehntelsekunden gut machen; die reichen in Kombination mit einem fixen Boxenhalt, um einen Wimpernschlag vor dem BMW-Williams wieder auf der Strecke zu sein. Von da an gilt es für den Führenden nur noch, auf der Strecke zu bleiben. So geschehen am 15. Juni 2003 beim Weltmeisterschaftsrennen der Formel 1 in Montreal, Kanada. Das Rennergebnis geht als einer der knappsten Siege in die Geschichte des Motorsports ein.

Wie kann es nun sein, dass bei einem 90-minütigen Autorennen, ohne dass sich die ersten drei Rennfahrer ein Überholmanöver liefern, schließlich derjenige gewinnt, der in der zweiten Reihe gestartet ist und darüber hinaus auch nicht schneller war als seine Verfolger? Sie werden sagen, die Antwort ist ganz einfach - die anderen sind ausgeschieden! Das war aber nicht der Fall.

Es funktioniert so: Man nehme neben einem hervorragenden Fahrer ein technisch einwandfreies Fahrzeug und einen erfahrenen Taktiker. Dieser ist bestens informiert über die Spezifika wie Tankinhalt, Reifenabrieb etc. des eigenen Fahrzeugs. Basierend darauf und in Abhängigkeit der Konkurrenzdaten gilt es nun, die strategisch richtige Benzinmenge zu kalkulieren, um möglichst wenig Gewicht auf die Waage zu bringen und so wenige Boxenstopps wie möglich in einem Rennen zu fabrizieren. Ferrari-Stratege Ross Brawn hat ermittelt: Etwa vier Kilogramm Sprit muss Michael Schumacher für jede Runde zuladen. Und die Rechnung ging auf.

Wissensmanagement à la Formel 1 - ein Modell auch für andere Unternehmen? Dirk Bösenberg zeigt in seinem Artikel "Der Kunde als Wissensquelle " (Seite 18), wie die Verknüpfung von technischen Daten und Fahrerfeedback in der Formel 1 ein zentraler Faktor für den Wissensvorsprung und damit Rennerfolg geworden ist. Und eben dieses Erfolgsprinzip aus der Formel 1 legt er als Idealsituation auch den Unternehmen nahe, wenn es darum geht, neue Wachstumspotenziale und somit Wettbewerbsvorteile zu erschließen.

Mit einem ganz anderen, aber ebenso spannenden Thema beschäftigt sich Nicole Graf in ihrem Beitrag "

Keine Angst vor Wirtschaftlichkeit" (Seite 48). Sie gibt dem Wissensmanager überzeugende betriebswirtschaftliche Argumente an die Hand, die - entsprechend quantifiziert - Investitionsentscheidungen in Wissensmanagement-Projekte deutlich erleichtern und auf eine solide Grundlage stellen.

Bleiben wir noch bei der klassischen BWL: Peter Schütt stellt das neue Kommunikationsmedium Instant Messaging als äußerst kostengünstigen, modernen Wissensmanagement-Baustein vor, der nicht dokumentiertes Wissen in Umlauf zu bringen hilft: "Expertenwissen in Echtzeit" (S. 12). Durch den Einsatz von Instant Messaging wurden bei IBM in kürzester Zeit bereits Reisekosten in Millionenhöhe eingespart und der Zeitverlust durch das Reisen drastisch verkürzt.

Aber lesen Sie selbst. Und vielleicht betrachten Sie ja die kommenden Formel-1-Rennen aus der Sicht eines Wissensmanagers. Die daraus gewonnenen Erkenntnisse lassen sich sicherlich auch in Ihrem Umfeld erfolgreich umsetzen.

Ihr

Oliver Lehnert


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