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2/2014
Kolumne Kolumne

C’est flou

von Gabriele Vollmar

Im Französischen gibt es ein schönes Adjektiv: flou. Damit beschreibt man etwas, das ein wenig konturlos, ein bisschen unscharf, weich, veränderlich, schwer zu fassen ist.

Im Französischen gibt es ein schönes Adjektiv: flou. Damit beschreibt man etwas, das ein wenig konturlos, ein bisschen unscharf, weich, veränderlich, schwer zu fassen ist.

Viele von uns haben mit Dingen, die eher flou sind, so ihre Schwierigkeiten, vor allem die „harten" Manager unter uns. Dieses Phänomen beobachte ich gerade in einem Kundenprojekt:

Es sollen in einem international aufgestellten und recht großen Unternehmen Communities eingeführt und genutzt werden, um den Erfahrungsaustausch zwischen den jeweils lokalen Super Usern eines globalen und komplexen IT-Systems zu unterstützen. Die Communities sind entlang der unterschiedlichen Geschäftsprozesse und fachlichen Themen weltweit und standortübergreifend aufgestellt. Außerdem möchte das für das System verantwortliche globale IT-Kompetenzcenter diese Communities nutzen, um bestehende so genannte Core Solutions besser in die Länder zu kommunizieren, aber auch um von dort wieder Anregungen für mögliche Verbesserungen über einen gemeinsamen Ideengenerierungsprozess zu erhalten. Das Dreigestirn, unter das diese Communities gestellt wurden, lautet: Core Solutions, Good Practice, Idea Generation.

Nicht nur aus Sicht des Wissensmanagements eine tolle Idee. Und doch sind diese Communities in einem ersten Anlauf versandet, den Hungertot gestorben … – von einigen wenigen Ausnahmen abgesehen. Da es dem IT-Kompetenzcenter mit diesem Ansatz aber durchaus ernst ist, wurden nun – als Unterstützung der eigentlichen Community Owner aus den jeweiligen Fachbereichen – Community Manager seitens der IT-Organisation ernannt. Diese sollen ihre jeweilige Community unterstützen und zum Erfolg führen. Letzteres wird aktuell sogar in den individuellen Zielen verankert.

Diese Community Manager sind allesamt gestandene Projektleiter, die jahrelange Erfahrung in großen und komplexen Projekten mit entsprechender Budgetverantwortung und der Führung großer verteilter Teams haben. Beste Voraussetzungen also, oder?

Nun ja, die neue Aufgabe des Community Managers erfüllt die meisten von ihnen mit Unbehagen, weil sie schon dunkel ahnen, dass das, womit sie nun zu tun bekommen, flou ist.

Diese Ahnung haben wir in einer kleinen Kick-off-Veranstaltung bestätigt. Die Botschaften dort waren: Communities funktionieren anders als Projekt- oder Arbeitsteams und brauchen deshalb auch eine andere Form von Management. Aus einer dunklen Ahnung wurde Gewissheit. Nun ging es darum, für diese andere Art des Managements zu sensibilisieren, aber auch zu begeistern oder zumindest einmal neugierig zu machen und eine gewisse Experimentierfreude zu wecken. Dabei hat die Analogie von Peter Drucker (mal wieder) wunderbar geholfen, der festgestellt hat, dass es in einer Wissensgesellschaft nur Freiwillige gebe. „Stellen wir uns also vor, die Super User, die an der Community teilnehmen sollen, sind Freiwillige! Was könnt ihr tun, damit sie (a) an den regelmäßigen Calls teilnehmen und (b) sich dort möglichst aktiv einbringen?" Und plötzlich waren bei diesen kampferprobten Projektleitern Aussagen im Raum wie: „Meine Community-Mitglieder müssen einen klaren Nutzen für sich und ihren Bereich erkennen und wahrscheinlich muss es auch ein wenig Spaß machen." Und plötzlich entstanden ganz kreative Ideen, was man als Moderator während einer solchen Telefon- oder Webkonferenz denn neben einem möglichst effizienten Abarbeiten einer dichten Agenda noch tun könne. Vor allem in der entscheidenden ersten, denn „there is no second try for a first impression."

Natürlich versuchen wir auch, etwas Struktur in diese Flou-idität zu bringen: Gerade nach der eher negativen Erfahrung im ersten Anlauf, sollen der Erfolg der Communities nun durchaus beobachtet und bewertet werden, zumal ja auch die Mitarbeiter zu einem (geringen) Anteil ihrer persönlichen Ziele daran gemessen werden sollen. Da gebietet es schon die Fairness, hier möglichst objektive Indikatoren zu definieren. Momentan in der Diskussion – neben dem am einfachsten zu messenden, aber auch am wenigsten aussagekräftigsten Indikator, nämlich der schieren Anzahl der Telefonkonferenzen – sind momentan in der Diskussion: Anzahl der regelmäßigen(!) Teilnehmer, Anzahl der diskutierten Ideen, Anzahl der geteilten Good Practices und, einer meiner Favoriten aus langjähriger Erfahrung mit Telefon- und Webkonferenen, Agendaanteile, die nicht durch den Community Manager bestritten werden, sowie „happiness degree" der Teilnehmer. Mal sehen, wie es weitergeht ...


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