2008/5 | Fachbeitrag | Nachfolgeplanung

Wissensträger erkennen und fördern

von Carola Heck-Volz

Inhaltsübersicht:

 

Nach dem Ausreizen der Produktivitätssteigerungen durch Re-Engineering stehen viele Unternehmen vor der nächsten Welle: Produktivitätsoptimierung durch besseres Management der Mitarbeiter mit Potenzial – der Talente eben. Doch noch zu häufig planen die Unternehmen am tatsächlichen Bedarf vorbei– weil die Experten, die Führungskräfte, zu wenig gebunden werden. Dabei haben diese doch mit den Mitarbeiterjahresgesprächen das beste Tool zur Potenzialerhebung in ihren Händen… Hier setzt professionelles Talent-Management auf.

 

 

Ein professionelles Talent-Management Konzept besteht aus sechs Elementen: 1. Identifizieren, 2. Gewinnen, 3. Einsetzen, 4. Entwickeln, 5. Beurteilen und 6. Belohnen.

1. Wissensträger identifizieren

 

Zur Identifikation der Potenzialträger sind die Jahresgespräche der verantwortlichen Führungskräfte der wesentliche Baustein. Es geht darum, in den Feldern:

  • strategisches Management,
  • soziale Kompetenz und
  • persönliche Wirkung

Mitarbeiter zu erkennen, die hier besonderes Entwickklungspotenzial aufweisen. Das heißt nicht, dass sie schon fähig sind, spezielle Aufgaben zu übernehmen oder über das notwendige Wissen verfügen, aber dass sie das Potenzial und den Willen zum Erfolg haben. In welchem Maß welche der drei Dimensionen erforderlich wird, ist von Unternehmen zu Unternehmen unterschiedlich; so ist es nicht sinnvoll, extern entwickelte Bögen für die Potenzialananalyse zu nutzen. Vielmehr empfiehlt es sich, dass Unternehmen ihre eigenen Bezugsgrößen, so genannte Benchmarks, definieren und mit ihren individuellen Anforderungen in den Auswahlprozess gehen.

 

2. Talente gewinnen

Sind geeignete Know-how-Träger gefunden, geht es darum, die bestehenden Mitarbeiter mit ins Boot zu holen – und sie für das neue Projekt, für die geplante Umstruktierung oder eine andere Aufgabe zu begeistern. Hierfür eignen sich Zielgespräche. Je nach Bedeutung der neu zu besetzeden Position empfiehlt es sich, mehrere Kandidaten anzusprechen und zu befragen. Je nach Umfeld kommt es dann zu einem Auswahlprozess zwischen den Talenten – möge der oder die Beste die Position bekommen und dort eingesetzt werden.

 

Wichtig ist hierbei, dass die unterlegenen Kandidaten, die bei Gesprächen oder in einem Assessment-Center nicht für die angebotene Postion überzeugt haben, nicht das Gefühl von Versagen und Niederlage haben. Eine solche Demotivation von qualifizierten Mitarbeitern, die eben nur für genau diese eine Position nur die Zweitbesten waren, können vermieden werden durch

  • klare Kommunikation und Transparenz des Entscheidungsprozesses sowie
  • das Angebot von alternativen neuen Aufgaben.

Hierfür bedarf es eines weiteren, persönlichen Vier-Augen-Gespräches mit jedem Teilnehmer des Auswahlverfahrens, in dem die neuen Möglichkeiten thematisiert werden.

 

3. High Professionals einsetzen und entwickeln

 

Sobald der der Mitarbeiter mit der neuen Position betraut ist, braucht er

  • eine klare Aufgabenbeschreibung,
  • einen Einarbeitungsplan sowie
  • einen Paten, der für die Einhaltung des Einarbeitungsplans verantwortlich ist und dem Mitarbeiter helfend bzw. beratend zur Seite steht.

Nach zirka sechs Wochen sollte die verantwortliche Führungskraft ein informelles, aber angekündigtes und terminiertes Gespräch mit dem Mitarbeiter führen. Hierbei erfragt sie die fachliche und persönliche Befindlichkeit des Mitarbeiters. Gerade in der Anfangszeit ist das direkte Gespräch die beste Möglichkeit, Engpässe, Unzulänglichkeiten oder Unsicherheiten aufzudecken, aber auch um implizites Wissen auszutauschen und Ideen zu entwickeln.

 

 

Nach 100 Tagen erfolgt ein offizielles Gespräch unter Einbeziehung des Einarbeitungsbeauftragten. Hierbei stehen Fragen wie:

  • Was wurde bisher erreicht?
  • Was läuft gut?
  • Was läuft unbefriedigend?
  • Wie gestalten wir die Zielvereinbarung für die nächsten drei Monate?
  • Und welche unterstützenden Maßnahmen der Personalentwicklung können den Wissensträger in seiner Arbeit weiter voranbringen?

 

4. Mitarbeiter beurteilen und belohnen

Bei aller Vorauswahl und Begleitung gibt es immer wieder fachliche, persönliche und betriebliche Umstände, die dazu führen, dass der Potenzialträger nicht die Leistungen bringt, die das Unternehmen von ihm erwartet. Hier kommt dem Beurteilungsgespräch im Talentmanagement eine immense Bedeutung zu. Es geht nicht nur darum, die Leistung zu messen und zu bewerten, sondern vielmehr um das Erfassen der Gründe. Das gilt sowohl für Minderleistungen als auch für Mehrleistung. Wichtig ist hier, weder den über- noch den unterforderten Kandidaten auf der Postion zu „parken“, sondern einen Lösungsweg zu finden, der für den Wissenträger, die Führungskraft und die Unternehmung gangbar ist.

Wenn ein Mitarbeiter auf einer Position mit falscher Anforderung sitzt, brennt er aus oder ist demotiviert – genauso schädlich ist es, einen hochgelobten Potenzialträger nach wenig erfolgreichen Zeiten wie einen Fußballtrainer „abzusägen“ und zu degradieren. Dieses Vorgehn würde zu mehr Schaden führen als der gesamte Talentmanagement-Prozess an Nutzen bringt.

Dies ein Weg dazu, qualifizierte Potenzial- bzw. Know-how-Träger im Unternehmen zu halten, dem Fachkräftemangel zu trotzen  und damit die Weichen für die Zukunft zielgerichtet zu stellen.

Mehr unter: www.forum-verlag.com/musterjahresgespraeche

Diese Artikel könnten Sie auch interessieren

Komplexes Projektwissen professionell steuern

Im Zeiten wachsenden Wettbewerbsdrucks müssen auch mittelständische Unternehmen ihre täglichen Projekte immer effektiver und professioneller managen. Eine genaue Ressourcenplanung ist somit unerlässlich. Hier gilt es, Über- und Unterdeckungen zeitnah zu identifizieren und unbürokratisch anzupassen. Vor allem wenn die Verantwortlichen mehrere Projekte gleichzeitig steuern, kommt die Organisation häufi...

Weiterlesen

Mit zufriedenen Mitarbeitern gegen den Fachkräftemangel

WISSENplus
Die IT-Branche leidet besonders unter dem Fachkräftemangel: Der Bundesverband der Deutschen Industrie (BDI) und die Bundesvereinigung der Deutschen Arbeitgeberverbände (BDA) beklagten im Juli vergangenen Jahres rund 61.000 fehlende Experten in den Bereichen Mathematik, Informatik, Naturwissenschaften und Technik (MINT)....

Weiterlesen

Ideen & Innovationen: Fünf Tipps, wie man Kreativität beweist

Die amerikanische Zeitschrift Business Week schrieb 2010: „Was einst für unsere Unternehmen wichtig war – Preis, Qualität und analytische Arbeit – verlagert sich nach China, Indien und Russland. Denn dort gibt es sehr viele gut ausgebildete und niedrig bezahlte Arbeitskräfte. Die eigentliche Kernkompetenz unser Unternehmen ist künftig Kreativität.“ Ähnliche Einschätzungen hört man auch hierz...

Weiterlesen

Der Mitarbeiter geht – sein Wissen bleibt

WISSENplus
Wenn ein Angestellter ein Unternehmen verlässt, geht mit ihm häufig auch wichtiges Humankapital verloren. Firmen können jedoch rechtzeitig Vorkehrungen treffen, damit Wissen und Erfahrungen der Organisation erhalten bleiben. Für die Herangehensweise sind die Gründe entscheidend, warum ein Mitarbeiter ausscheidet. Angesichts von Fachkräftemangel und demographischem Wandel versuchen jedoch immer mehr Un...

Weiterlesen

Spiken - Talente rekrutieren, Expertenwissen binden

WISSENplus
Werden Führungskräfte von der Konkurrenz abgeworben, scheiden Manager altersbedingt aus oder verändern angepasste Geschäftsprozesse die interne Hierarchie-Struktur, stehen Unternehmen oft vor einschneidenden Problemen: Bei der Suche und Auswahl neuer Kompetenzträger können mittelständische Personalabteilungen meist nur Notfallhilfe leisten. Denn die Unternehmensstrategie integriert selten klare Mode...

Weiterlesen

Externe Kompetenzen – Fehlendes Wissen einkaufen

Schon heute klagen viele Unternehmen über den Mangel an gut ausgebildeten IT-Mitarbeitern. Eine Veränderung auf dem Arbeitsmarkt ist schon allein aufgrund der demografischen Entwicklung nicht in Sicht. Wie wollen Unternehmen also in Zukunft den Wettbewerb um die fähigsten Köpfe finanzieren? Umdenken ist gefragt. Müssen wirklich alle IT-Aufgaben intern erledigt werden? Der Markt für IT-Workplace-Leistu...

Weiterlesen

Der Chef im Wolfspelz – was Führungskräfte von Alpha-Tieren lernen können

WISSENplus
Die Wirtschaftsbionik liefert neue Managementansätze aus der Welt der Flora und Fauna. Unser bestehendes Wissen und Denken wird damit um interessante Perspektiven bereichert. Viele Aspekte des Arbeitslebens lassen sich so auf eine andere Weise beleuchten. Im Bereich der Technik wird schon seit Langem auf die Natur zurückgegriffen. Die Erkundung der Oberflächenbeschaffenheit der Lotusblüte zur Entwicklun...

Weiterlesen

Fachkräftemangel: Den eigenen Talentpool entdecken

WISSENplus
Der Fachkräftemangel scheint derzeit wie ein Damoklesschwert über zahlreichen Unternehmen zu schweben. Gerade im Mittelstand bedeutet die Veränderung der Demografie eine enorme Herausforderung. Ausreichend neue qualifizierte Mitarbeiter zu finden, wird zum zeitaufwändigen Unterfangen, teueres Einkaufen externer Kräfte ist langfristig nicht wirtschaftlich. In diesem Dilemma scheinen Führungskräfte oft...

Weiterlesen