2002/12 | Fachbeitrag |
Wissensmanagement und E-Learning
<typohead type="1">Wissensmanagement und E-Learning</typohead>
Welche Chancen bieten Wissensmanagement und
E-Learning dem Mittelstand? Diese Frage stand im Mittelpunkt der
Fachtagung „Wissensmanagement und E-Learning“ in der
Kasseler Stadthalle am 29. Oktober 2002. Führende Wissenschaftler
und Experten aus Top-Unternehmen berichteten aus Forschung und Praxis.
Praktiker und Wissenschaftler gingen auf der Fachtagung gemeinsam
der Frage nach, wie Firmen vorhandenes Wissen optimal organisieren
und nutzen können. Besondere Aufmerksamkeit wurde dabei der
Motivation der Unternehmen gewidmet, sich mit den Themen Wissensmanagement
und E-Learning zu beschäftigen. „Wir wollen gerade mittelständischen
Unternehmen aufzeigen, wie sie in Zeiten harten Wettbewerbs durch
gezieltes Wissensmanagement Vorteile erzielen können –
und dies mit einem überschaubaren Aufwand“, so Dr. Andreas
Lischka, Geschäftsführer des Kasseler Instituts Ingenium,
das gemeinsam mit dem eLearning PartnerNetwork die Fachtagung organisiert
hat.
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Lösungen aus der Praxis</typohead>
Der Sieger des Best Practice Award 2002 für das beste Wissensmanagement-System,
die Aventis Pharma Deutschland GmbH, eröffnete mit Dr. Jürgen
Oldigs-Kerber die Fachtagung. Das Wissen der Mitarbeiter schnell
und konzernweit verfügbar zu machen – an der Lösung
dieser Aufgabe arbeiteten drei Aventis-Forschungsteams in Frankfurt-Höchst,
Bridgewater (USA) und in Paris. Dr. Oldigs-Kerber erläuterte
in seinem Vortrag, wie mit dem Projekt Knowledge Mail doppelte Entwicklungs-
und Forschungsarbeiten an den drei Standorten vermieden werden sollen.
Das Ergebnis ist erstaunlich: Bereits in den ersten Jahren konnten
die Entwicklungskosten des Systems wieder eingespielt werden, da
durch die effizientere Arbeitsweise Kosten eingespart wurden. Auch
die Mitarbeiterakzeptanz ist enorm: Über 80% der Mitarbeiter
möchten das System auch nach der Roll-Out-Phase weiterhin nutzen.
Bei international agierenden Unternehmens seien dennoch lokale
Wissensmanagement-Lösungen ausreichend und in der Regel effizienter,
führte Dr. Wolfgang Sturz, Leiter des Steinbeis Transferzentrums
für Wissensmanagement & Kommunikation und Geschäftsführer
der doculine Verlags-GmbH, aus. In seinem Vortrag erläuterte
er am Beispiel des international tätigen Übersetzungsunternehmens
transline international den effektiven und praxisnahen Einsatz von
Wissensmanagement. Die konzeptionellen Schwierigkeiten und deren
Lösungsansätze standen dabei im Mittelpunkt.
Auch Dr. Mainrad Lugan, Vorstandsmitglied der B. Braun Melsungen
AG, stellte das in seinem Unternehmen implementierte Wissensmanagement-System
vor. Ein solches System verändere die Arbeitskultur im Unternehmen
dramatisch: Die Mitarbeiter müssen sehr diszipliniert und koordiniert
arbeiten, um den Wegfall von Papier zu organisieren. Daher sei es
von großer Bedeutung, alle Mitarbeiter bei der Systemeinführung
einzubeziehen. Die Prozessabläufe in der Organisation und der
Strukturwandel im Arbeitsalltag bedürften klarer Definitionen.
Im Zuge der Einführung müsse man zunächst mit höheren
Kosten rechnen. Der effektive Nutzen von Wissensmanagement besteht
laut Dr. Lugan für die B. Braun Melsungen AG darin, dass die
Wissensvernetzung zwischen Abteilungen, Regionen und Kunden verbessert
werden konnte.
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Die klassische Wertschöpfungskette ist nicht mehr zeitgemäß</typohead>
Prof. Dr. Tom Sommerlatte, Arthur D. Little GmbH, stellte die These
auf, dass Wissen kein Selbstzweck ist und für Innovationsvorsprünge
genutzt werden muss. Da Informationen nur ein Teil des Wissens sind,
reichen Informationssysteme allein für eine praxisgerechte
Nutzung des Wissens nicht aus. Die klassische, kostenorientierte
Wertschöpfungskette müsse durch eine strategische, wissensorientierte
Wertschöpfungskette ersetzt werden, so dass der Anteil des
impliziten Wissens im Unternehmen zur Nutzung für alle Mitarbeiter
erhöht wird. Dazu gehört, dass Wissensmanagement als Teil
der Unternehmenskultur verstanden wird.
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Wissensmanagement in Verbindung mit semantischen Modellen</typohead>
Prof. Dr. Hans-J. Bentz vom imbit Institut an der Universität
Hildesheim stellte eine Variante des Wissensmanagements vor, die
auf der Anwendung semantischer Modelle beruht . Der Wandel von der
Industriegesellschaft hin zur Wissensgesellschaft sowie der Wandel
von Arbeits- und Lernverfahren waren die Kernpunkte seines Vortrags.
Den wesentlichen Erfolgsfaktor für Wissensmanagement sieht
er in einem ganzheitlichen Ansatz des Lernens und Arbeitens, der
verschiedene Wissensquellen vernetzen kann. Der Wissensfluss wird
dadurch verbessert und fördert Arbeitsabläufe sowie schnelles
und flexibles Handeln und Entscheiden in Geschäftsprozessen.
Internetgestützte E-Learing- und Wissensmanagement-Systeme
seien in diesem Zusammenhang als Motor zu verstehen. Die Wissenslandschaft
der Unternehmen, so Prof. Bentz, unterliege einem Veränderungsprozess.
Das bisherige „Wissen on stock“, das durch eine fest
definierte und dokumentierte Abrufbarkeit gekennzeichnet ist, werde
durch ein „Wissen on demand“ abgelöst: Im Unternehmen
benötigtes Wissen kann von jedem Ort und zu jeder Zeit abgerufen
werden. Implizites und explizites Wissen seien hierbei nicht länger
voneinander getrennt, sondern vielmehr je nach Bedarf situativ einsetzbar.
<typohead type="2">
E-Learning als Bestandteil von Wissensmanagement</typohead>
Michael Sobeck vom Institut Ingenium stellte anhand eines Web Based
Trainings (WBT) zum Thema Arbeitssicherheit ein Beispiel für
angewandtes E-Learning aus der Unternehmenspraxis vor. Die Anwendung
ist bei den Städtischen Werken Kassel im Einsatz. Der große
Nutzen dieses WBTs zeige aus Sicht der Mitarbeiter darin, dass benötigtes
Know-how je nach Kenntnisstand und jederzeit individuell abgerufen
und überprüft werden kann. Aus Sicht des Unternehmens
bestünden klare Vorteile gegenüber herkömmlichen
Bildungsangeboten in Form von Seminaren darin, dass die Kosten und
der organisatorische Aufwand auf Dauer minimiert würden. Hinzu
komme, dass die Inhalte des WBTs jederzeit ohne spezielle Kenntnisse
und Software durch Mitarbeiter der Städtischen Werke selbst
aktualisiert werden kann. Dies sei ein wesentlicher Beitrag zu Qualitätssicherung,
da die Pflege der Inhalte einfach sei und somit jederzeit dem aktuellen
Stand des Wissens angepasst werden könne.
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Wissensmanagement ist kein Hype der New Economy</typohead>
Den Abschluss der Tagung bildete eine Podiumsdiskussion im Rahmen
der Regionalen Onlinetage Nordhessen 2002. Unter der Fragestellung
„Wissensmanagement – eine Innovationschance für
den Mittelstand?“ kamen die Referenten zu dem Schluss, dass
Informationen nicht mit Wissen zu verwechseln seien. Moderne Wissensmanagement-Technologien
werden auch in Zukunft nicht die Face-to-Face-Kommunikation und
den Faktor Mensch ersetzen. Wissensmanagement sei ein langer und
stetiger Prozess, der aus den Unternehmen heraus wachse. Und Wissensmanagement
sei keinesfalls ein kurzlebiger Trend der New Economy, sondern vielmehr
ein notwendiger Schritt in der Entwicklung unserer Wissensgesellschaft.
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Fazit und Ausblick</typohead>
Besucher und Referenten werteten die Tagung als großen Erfolg
mit einer gelungenen Mischung von Beispielen aus Forschung und Praxis.
Aufgrund der positiven Resonanz aller Teilnehmer ist eine Fortsetzung
der Tagung für die CeBIT 2003 geplant. „Wir hoffen, im
Rahmen der CeBIT noch mehr Interessierte für diese Themen gewinnen
zu können, um neue Impulse und Anregungen für die Branche
herauszuarbeiten“, sagte Dr. Lischka im Hinblick auf die Folge-Veranstaltung,
die am 13. März 2003 in Hannover stattfinden wird. Weitere
Informationen zu den Referenten und Präsentationen finden Sie
im Internet unter: www.ingenium.de