2022/10 | Fachbeitrag | Best Practices
Smarte Behörde: Geodatenverknüpfung vereinfacht Informationszuordnung und -suche im Tiefbauamt Zug
Geodaten sind für viele Branchen und Abteilungen ein wichtiger Aspekt bei der Informationszuordnung und -suche. Bisher gibt es aber meist einen Bruch zwischen DMS- und GIS-Anwendungen. Mit der Entwicklung und Einführung eines georeferenzierten Dokumentenmanagementsystems hat das Tiefbauamt Zug gemeinsam eine offene Lösung geschaffen, die auch großes Potenzial für die Nutzung durch andere Branchen bietet. Anhand von Geometriedaten können sie über eine interaktive Karte sowie über eine App Verträge, Pläne, Fotos und andere Dokumente georeferenziert suchen und anzeigen lassen. Gleichzeitig können vor Ort erstellte Dokumente, Fotos oder Videos direkt im System verortet und abgelegt werden.
Bildquelle: (C) Hans / Pixabay
Als Abteilung der Baudirektion des Schweizer Kantons Zug ist das Tiefbauamt zuständig für die Planung, den Bau und den Unterhalt des kantonalen Strassennetzes, den Wasserbau sowie Aufgaben für Verkehrstechnik und die Baupolizei. Mit rund 70 Mitarbeitenden betreut das Amt jährlich ca. 150 Bau- und Instandhaltungsprojekte. Bei Baustellenbegehungen müssen Protokolle und Berichte erstellt werden, die jeweils mit einem bestimmten Bauprojekt oder einem Ort verknüpft sind.
Intuitive Dokumentensuche durch GIS-Anbindung
Mehr als 70 Prozent von Verwaltungsdokumenten haben schätzungsweise einen Geo-Bezug zu einem bestimmten "Ort" (Bauwerk, Gewässer, Kantonstrasse, Radweg, Lichtanlage, etc.). Bislang war beim Tiefbauamt Zug, wie bei den meisten Unternehmen, eine Suche nach den Dokumenten im DMS aber nur über Metadaten möglich. Das Tiefbauamt arbeitet sehr intensiv mit GIS-basierten Fachapplikationen. Die Suche über eine "Landkarte" wäre in bestimmten Situationen deutlich intuitiver als die Suche über Adressen und andere Dokument-Metadaten. Ein direkter Zugriff aus verschiedenen GIS-Anwendung auf Dokumente im DMS war aber nicht möglich. Benutzende mussten die GIS-Anwendung verlassen und im DMS (nochmals) recherchieren.
Im Rahmen der Digitalisierung erkannten die Verantwortlichen die Vorteile, die ein Zusammenführen der Geo-Daten mit den sehr strukturiert verwalteten Informationen im vorhandenen DMS Kendox InfoShare bieten würden. Eine Kartenvisualisierung würde die intuitive Suche sowie die Auffindbarkeit von Informationen ohne spezifische Suchparameter vereinfachen und die Transparenz in Bezug auf Kontextinformationen verbessern.
In seinem Team entwickelte Pit Bühler, Leiter Change-Management und Finanz Controlling beim Tiefbauamt Zug, zusammen mit seinem IT-Team und dem DMS-Partner Kendox eine Lösungsidee mit den wesentlichen Basis-Anforderungen. Dazu gehörte die Anzeige von Geometrien (Bauten, etc.), die mit einem Dokument verknüpft sind, ebenso wie die Suche von Dokumenten anhand von Geometrien und das flexible Zuordnen von Dokumenten auf einer Karte.
Agile Projektumsetzung
Das Team entwickelte ein Proof of Concept, bei welchem die Geometrie von Projekten und Infrastrukturen mit den Dokumenten verknüpft wurden. Basierend auf den Lösungsanforderungen wurde dann zunächst einen Prototyp entwickelt, um die Machbarkeit und die Möglichkeiten einer solchen Lösung zu ermitteln. Nach der Prüfung und Freigabe fand die Erarbeitung der Lösung in einer agilen Projektumgebung statt.
"Wir haben einen ganz neuen Abfrage-Client für InfoShare 'gebaut', der auch mit Geometriedaten umgehen kann. Dazu haben wir die rund 80.000 bereits vorhandenen Dokumente im Kendox Archiv mit den entsprechenden Geometriedaten angereichert", erklärt Kendox Projektleiter Harald Thönig. "Zusätzlich werden Geometrien der neuen Projekte und Bauwerke täglich automatisch in das Dokumentenmanagementsystem übertragen."
Vielschichtige Geodaten-Verknüpfung und interaktives Multimedia-Archiv
Die Anzeige von Dokument-Geometrien auf einer Karte ist bestens durchdacht. Zu jedem Dokument, das abgelegt wird, werden verschiedene Metadaten hinterlegt - wie z.B. Name des Projekts, Gemeinde, Kantonsstrasse, Bauwerk, Radstrecke, etc. Parallel dazu werden vom Tiefbauamt die Geometrien der jeweiligen Objekte gepflegt, mit denen dann die Dokumente - beispielsweise Bild- und Videomaterial aber auch zugehörige Rechnungen, Angebote, Berichte etc. - angereichert werden können. Die Geometrien können über eine App auf einer Kartenansicht visualisiert werden. Benutzer können in InfoShare Dokumente markieren und sich deren Geometrie anzeigen lassen. Ebenso können Sie über die Kartenansicht erkennen, welche Dokumente einer bestimmten Geometrie zugeordnet sind. Zusätzlich werden vor Ort erstellte Bilder und Videos anhand der automatisch erfassten GPS-Daten den korrekten Geometrien zugeordnet.
Suchabfragen können von jedem beliebigen GIS-Tool über einen Kartenausschnitt an InfoShare geschickt werden. Bei der Dokumentsuche über die App können Nutzer nicht nur einen Kartenbereich oder Punkt auswählen, sondern auch Filterkriterien, wie z.B. Dokumentart, Datum, etc., angeben. So werden alle Dokumente ermittelt, deren Geometrien innerhalb des ausgewählten Kartenbereichs liegen und den Filterkriterien entsprechen. Anwender können sich auf diese Weise alle zu einem bestimmten Ort oder Grundstück gehörigen Dokumente anzeigen lassen, oder aber innerhalb eines definierten Kartenabschnitts nach speziellen Bauwerken (z.B. Lichtsignalanlagen, Brücken, etc.) suchen. Auch die Suche nach Dokumentarten, wie z.B. mit einem Bauwerk oder einem Ort verbundene Polizeiberichte, Baupläne oder Fotos, ist möglich.
Resümee und Ausblick
Durch das Projektentstand für das Tiefbauamt eine neue Anwendungsmöglichkeit des bestehenden DMS-Systems für die Geoinformatik. Die Fachapplikation ist effizient, anwenderfreundlich und spart den Mitarbeitenden viel Zeit bei der Arbeit mit Dokumenten. Zudem ist sie aufgrund der auf Web-Technologien basierten Architektur sehr ausbaufähig. Suchbefehle können zukünftig über diverse GIS-Tools (wie QGIS, OpenStreetMap, OpenLayers, EU INSPIRE, ...) oder entsprechende Location Based Apps abgesetzt werden, indem eine geographische Suchabfrage an Kendox InfoShare geschickt wird. Bei den Anwendern hat sich das Tool bereits fest etabliert und wird von zahlreichen Abteilungen genutzt, zum Beispiel für die geographische Suche von Plänen, Verträgen, Inspektionsberichten, etc. sowie generell für die Dokumentanablage auf Intrastrukturen mit Ortsbezug (Kunstbauten, techn. Einrichtungen etc.).
Weitere Ausbaustufen sind bereits in Planung. Change Manager Pit Bühler möchte das DMS zu einer Kollaborationsplattform weiterentwickeln, um den Dokumentenaustausch mit internen und externen Stakeholdern zu ermöglichen. Bei Bedarf sollen weitere Fachapplikationen eingebunden werden, um eine möglichst sinnvolle und effiziente Attribuierung der Dokumente zu gewährleisten. Neben der kontinuierlichen Weiterentwicklung des DMS sollen zudem schrittweise neue Funktionalitäten, wie zum Beispiel digitale Signaturen und anderes, aufgeschaltet und eingeführt werden.