2007/9 | Fachbeitrag | E-Learning

Mit Didaktik besser ans Ziel

von Patricia Beauvery

Von Patricia Beauvery

Inhaltsübersicht:

 

Die Frage, wie man Menschen das Lernen mit Hilfe von Technik einfacher machen könnte, ist nicht neu. Finde Tüftler beschäftigten sich bereits im Mittelalter mit diesem Thema. Im Auftrag des damaligen französischen Königs entwickelte beispielsweise der italienische Ingenieur Agostino Ramelli in der Mitte des 16. Jahrhunderts ein so genanntes „Leserad“, durch das ein Zurückgreifen auf verschiedene Literaturquellen ohne lästiges Hin- und Herlaufen zwischen den Buchregalen möglich war. Gelehrte und Wissenschaftler waren begeistert und die Erfindung erfreute sich lange großer Beliebtheit. „Leseräder“ gibt es zwar heute nur noch im Museum, aber Werkzeuge zur Aus- und Weiterbildung spielen nach wie vor eine wichtige Rolle. Eine Studie, die 2007 im Auftrag der Karlsruher Messe Learntec vom Essener Institut für Medien- und Kompetenzforschung durchgeführt wurde, bestätigt dies: Rund jedes Vierte der 157 befragten deutschen Unternehmen will künftig noch stärker als bisher auf digitales Wissensmanagement setzen. 17 Prozent planen außerdem, eine Lernplattform zu implementieren oder die vorhandene Plattform nachzurüsten. 16 Prozent äußerten zudem konkrete Pläne, ihr Budget für den Einsatz von Lern- und Wissenstechnologien zu erhöhen.

 

Didaktik statt Showeffekte

 

In deutschen Unternehmen scheitert eine Vielzahl von E-Learning-Projekten nach wie vor bereits in der Anfangsphase. Die Gründe hierfür können natürlich von Unternehmen zu Unternehmen durchaus verschieden sein. Doch es gibt – trotz aller Unterschiedlichkeit – auch einen roten Faden, der sich durch die gescheiterten Projekte zieht. In den meisten Fällen setzten die Firmen bei ihren E-Learning-Anwendungen nämlich eher auf Äußerlichkeiten und Showeffekte als auf eine wirklich didaktisch fundierte Aufbereitung der Inhalte. Einer der Ursachen hierfür liegt in der Tatsache, dass der E-Learning-Boom zunächst von den angelsächsischen Ländern ausging und der dort verfolgte Lernansatz ein anderer als in Europa ist. Denn in Großbritannien und den USA steht beim Einsatz von E-Learning-Programmen eher die Informationsvermittlung im Vordergrund, während europäische Unternehmen das elektronische Lernen in der Regel tatsächlich für Schulungen – also die Wissensvermittlung – einsetzen.

Unterschiedliche Ziele erfordern aber auch unterschiedliche Herangehensweisen. Und was für einen britischen Mitarbeiter vorteilhaft ist, muss es für einen Teilnehmer an einem Weiterbildungskurs in Deutschland noch lange nicht sein. Experten plädieren deswegen dafür, dass Unternehmen bereits im Vorfeld sehr detaillierte Pläne ausarbeiten sollten, um sich darüber klar zu werden, was genau sie mit der Einführung eines E-Learning- Programms erreichen möchten. Denn schließlich ist es ein großer Unterschied, ob man den Mitarbeitern lediglich neue Vorschriften vermitteln will oder ob sie lernen sollen, Situationen selbstständig zu interpretieren und daraus abgeleitet die richtigen Entscheidungen zu treffen. Ist sich die Unternehmensleitung über ihre Lernziele im Klaren, kann das jeweilige Programm individuell auf diese Ziele zugeschnitten werden, was am Ende einen optimalen Lerneffekt verspricht.

 

 

Internetbasierte Toolsuite

 

 

Ein Ansatz, den beispielsweise auch die CBTL Training + Learning GmbH mit ihrem neu entwickelten Autorenwerkzeug Evolution verfolgt. Dabei handelt es sich um eine internetbasierte Tool-Suite, die sich ohne weitere Installation auf dem Desktop plattformübergreifend nutzen lässt. Unternehmen können damit – auch ohne aufwändige Programmierkenntnisse – individuellen Content selbst einstellen und pflegen. Werden die Lerninhalte von CBTL als Dienstleistung erstellt, hilft das webbasierte Werkzeug bei der engen Einbeziehung des Auftraggebers in den Produktionsprozess. Denn anders als bei herkömmlichen Autorentools müssen die Auftraggeber nicht erst lange auf eine Beta-Version ihrer Lernanwendung warten, um erste Ergebnisse zu sehen. Sondern sie können sich bereits während des Erstellens der einzelnen Lernmodule jederzeit in den Prozess einloggen und die Fortschritte beobachten. Fallen dabei Fehler auf, etwa bei der Rechtschreibung, oder soll beispielsweise der Text eines Lernmoduls geändert oder eine Grafik eingefügt werden, ist eine Korrektur sofort problemlos möglich.

Der Vorteil gegenüber anderen Autorenwerkzeugen: Der zukünftige Anwender hat die vollständige Kontrolle über die Lerninhalte und kann sie jederzeit seinen Wünschen entsprechend selbstständig anpassen und verändern. Kommt er allein nicht weiter oder möchte er an einer bestimmten Stelle eine Änderung durchführen, kann er einfach einen Notizzettel mit einer entsprechenden Anmerkung hinterlassen. Diese Notiz ist dann für alle Mitglieder des Teams beim Dienstleister – wie Autoren, Projektleiter, Tester und Administratoren  – zugänglich, sodass Anmerkungen ohne Zeitverzögerung umgesetzt werden können. Darüber hinaus kann außerdem festgelegt werden, ob die Anmerkungen nur für eine bestimmte Sprachversion oder für alle Versionen gelten sollen. Aufwändiges hin und her Mailen zwischen Auftraggeber und Programmier entfällt, Missverständnisse sind so gut wie ausgeschlossen und auch die Bearbeitung der Kundenwünsche ist wesentlich schneller möglich. Im Vergleich zu herkömmlichen Tools sparen die Anwender damit rund 20 bis 30 Prozent der Zeit. Ein Teil der Zeiteinsparungen kommt dabei auch dadurch zustande, dass das Team mit verteilten Aufgaben problemlos parallel online arbeiten kann, da sich die Oberfläche den Rollen- und Nutzerrechten anpasst und es auf diese Weise keine Synchronisationsprobleme gibt.

 

 

 

Sprachen lernen leicht gemacht

 

Vorteile, die auch der Geschäftsbereich Corporate Solutions des Berliner Cornelsen-Verlags zu schätzen weiß. Bekannt ist das Verlagshaus vor allem durch seine Schulbuchreihen, doch sein Geschäftsbereich Corporate Solutions bietet auch Firmenkunden maßgeschneiderte Lösungen für das Fremdsprachentraining. Will ein Unternehmen seine Mitarbeiter beispielsweise für englische Telefonate schulen, bietet Cornelsen den Firmen dazu verschiedene Module mit unterschiedlichen Lerninhalten an, die dann für die jeweils vorhandene Lernplattform angepasst und dort aufgespielt werden. Und da die Kunden von Cornelsen aus einer Vielzahl unterschiedlicher Bereiche kommen, machte man sich in Berlin auf die Suche nach einem möglichst flexiblen Autorentool, mit dem die Wünsche der zukünftigen Anwender optimal umgesetzt werden konnten. Fündig wurde das Verlagshaus schließlich bei CBTL. Bestellt heute ein Kunde ein maßgeschneidertes Training, werden die benötigten Module aus dem Fundus von Cornelsen entsprechend den Kundenvorgaben aufbereitet und die Lerninhalte von speziell geschulten Autoren an das Medium Computer angepasst.

Die einzelnen Lernbausteine beruhen dabei auf einer Buchreihe, die der Verlag bereits seit einigen Jahren herausgibt. Wurden die passenden Module ausgewählt, die Inhalte entsprechend überarbeitet und die Übungen nach den Anforderungen des Auftraggebers zusammengestellt, reichen die Cornelsen-Entwickler die fertigen Inhalte an die Experten von CBTL weiter, die diese dann nach den Vorgaben des Verlages programmieren. Danach werden die fertigen Module auf die Lernplattform des Unternehmens – so vorhanden – aufgespielt und können sofort genutzt werden. Doch CBTL ist in diesem Projekt nicht nur für die technische Umsetzung verantwortlich, sondern die Didaktiker haben auch eine beratende Funktion. So halfen sie beispielsweise herauszufinden, welche Art von Übung am Computer am besten funktioniert. Denn auch wenn die Inhalte ähnlich sind, gibt es durchaus große Unterschiede zwischen elektronischem Lernen und dem klassischen Präsenzunterricht.

 

 

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