2020/11 | Fachbeitrag | Visualisierung

Mindmapping: Gedanken & Ideen finden und formen

In den 1960er Jahren entwickelte der britische Psychologe und Neurowissenschaftler Antony Peter "Tony" Buzan eine gehirngerechte Kreativitätstechnik zur Visualisierung und Strukturierung von Gedanken und Ideen - ihr Name: "Mindmapping". Seit Jahrzehnten gehört sie zu den bekanntesten kognitiven Ansätzen ihrer Art - weltweit. Dies mag besonders daran liegen, dass sowohl für ihr Erlernen als auch für ihre praktische Umsetzung weder bestimmte Vorkenntnisse noch besondere Voraussetzungen gegeben sein müssen. So setzt sie in der einfachsten, das heißt in analoger Form nämlich allein Blankopapier sowie Buntstifte voraus. Abhängig ist ihre erfolgreiche Anwendung einzig von der Erfahrung ihrer Nutzer: Erst eine stetige Wiederholung, die entsprechende Techniken regelmäßig bedingen, führt zur wahren Meisterschaft!

Abbildung: Beispiel-Mindmap „Schulungsplan“ (MindManager 21, Register „Einfügen“)

 

Grundlegendes Wissen

Die Struktur von "Gedankenlandkarten" weist in ihrem Zentrum stets einen Ausgangsgedanken bzw. eine Idee auf (Schlüsselwort). Von dort aus entwickeln sich sogenannte Zweige und fortlaufend Unterzweige (Knotenpunkte). Tatsächlich erinnern Mindmaps an Verästelungen einer Baumkrone. Ihr Erscheinungsbild besitzt zudem eine starke Ähnlichkeit zum Erscheinungsbild neuronaler Netze.

Bäume wachsen, ihre Baumkronen verändern sich folglich. Dies gilt auch für Mindmaps, die - zumindest im theoretischen Fall - niemals zu einer abschließenden und damit verbindlichen Form finden. Sie basieren einerseits auf dem Gedächtnis (Mnestik), das Informationen aufnimmt, umwandelt und speichert. Andererseits wird die Fähigkeit des Gehirns, Letztere zu verbinden bzw. zu verknüpfen (Assoziation), begünstigt.

Das individuelle Tatsachen- sowie ein ebensolches Erfahrungswissen verändern sich permanent - die Perspektive, aus der man "die Dinge" betrachtet, damit auch. Selbst eine flüchtige Kenntnisnahme von bisher unbekannten, einen Sachverhalt betreffenden Details kann im Zweifel zu einer völlig anderen Blickrichtung - etwa auf ein Problem - führen. Dies wirkt sich gerade auf solche Mindmaps aus, die innerhalb professioneller Projekte über Tage und Wochen "wachsen".

Mindmapping befreit in seiner Anwendung zunächst von der Frage nach Ursache und Wirkung, ebenso stellt sich der Gesichtspunkt einer etwaig hierarchischen Anordnung von Inhalten erst einmal nicht. Damit weist es eine Analogie zum Brainstorming, das eine wertungsfreie Sammlung von Gedanken und Ideen anstrebt, auf. Allerdings lässt sich in der Praxis sehr wohl beobachten, wie Anwender*innen dann zumeist doch zu einem Priorisieren bzw. einem Klassifizieren neigen - ihr einschlägiges Vorwissen mag der wichtigste Grund dafür sein.

Detailwissen rund um die Mindmap

Individuelle Denkpräferenzen sind für die Anwendungseffizienz des Mindmappings allerdings nicht maßgeblich. Menschen mit einer ausgeprägten Empathie oder mit dem Drang zum Experimentellen sind in der Lage, es genauso wirksam zu nutzen wie diejenigen, deren Denkmuster eher rational oder organisatorisch orientiert sind.

Zumindest zur diesbezüglichen Veranschaulichung mag an dieser Stelle das aufgrund seiner "Grobheit" zwar längst nicht mehr haltbare, gleichwohl noch immer sehr bekannte Hemisphärenmodell dienen. Danach sei die "linke" Hirnhälfte für ein "kühles" (Rationalität, Logik usw.), die "rechte" Hirnhälfte für ein "warmes" Denken (Emotionalität, Intuition usw.) zuständig. Das Mindmapping adressiert nachweislich beide "Areale" bzw. aktiviert die mit ihnen verbundenen Potenziale des Gehirns.

Nach dem aktuellen Stand der Neurowissenschaft werden sogar sämtliche Informationen, die dieses aufnimmt, emotional verarbeitet. Eine Trennung zwischen Kognition und Emotion kann danach gar nicht mehr vorgenommen werden. Der Zugang zum Gehirn - bildlich-emotional bzw. sprachlich-rational - ist folgerichtig das entscheidende Moment für die Effizienz der Technik.

In der Sache selbst bleibt es also dabei: Mindmapping spricht Ratio und Emotio gleichermaßen an, und zwar durch dessen konkrete Anwendung. Gedanken und Ideen werden durch aktives Tun "gefunden", während sie "in Form gebracht" werden.

Für die Praxis ist ausschlaggebend ist es, dass zunächst in möglichst einfacher und damit fließender Weise Formen und Farben in Verbindung gesetzt werden, um das Denken anzustoßen bzw. wirksam zu unterstützen. Freihändig erstellte Bilder, deren ästhetischer Gehalt zu vernachlässigen ist, zeichnen Mindmaps dabei genauso aus wie Symbole. Die Visualisierung erfolgt nach einem spezifischen Muster, das sich von innen nach außen entwickelt. Und besonders Wörter, erst recht das zentrale Schüsselwort, besitzen insoweit die Qualität unverzichtbarer Informationsträger.

Merkmale einer Mindmap


1.


Zentraler Schlüsselbegriff


Ausgangspunkt einer Mindmap, Hauptknotenpunkt

2.

Zweige und Unterzweige

Beschriebene Linien und dann in einem weiteren Knotenpunkt (MindManager) oder aber in einer hervorgehobenen geometrischen Form - Rechteck, Ellipse usw. - mit eigener Beschriftung mündend (MindMeister)

3.

Bilder und Symbole

Aktivieren das Kreativitätspotenzial und sollen sowohl das neue Entwickeln (Assoziation) als auch das Speichern von Ideen und Gedanken (Mnestik) befördern

4.

Farben

Dienen ebenfalls einer Steigerung von Kreativität und Merkfähigkeit

5.

Geistige Landkarten

In ihrer Form ähneln Mindmaps Baumkronen mit deren teils äußerst komplexen Verzweigungen

Abbildung: Mindmaps gleichen sich in ihrer Grundstruktur

 

Anwendungsbasiertes Mindmapping

Ein informationstechnisch gestütztes Mindmapping eröffnet unzählige Möglichkeiten zur weiteren Effizienzsteigerung im beruflichen Einsatz. Exemplarische Anwendungsbereiche sind:

  • Kreativität und Produktivität allgemein
  • Aufgaben- und Projektmanagement
  • Informations- und Wissensmanagement
  • Prozesssteuerung
  • Unternehmensplanung

Folgend werden zwei kommerzielle Anwendungen, die umfassend professionelle Anforderungen genügen, vorgestellt: MindManager (Corel, Geschäftsbereich Mindjet) sowie MindMeister (MeisterLabs). Beide gelten als jeweils führend als Desktop- bzw. Online-Applikation.

MindManager 21

Nicht allein als Klassiker, sondern gleichsam als Bolide unter den Mindmapping-Apps gilt MindManager. Seine Geschichte reicht mittlerweile über ein Vierteljahrhundert zurück und weist eine beeindruckende Anzahl von Produktversionen auf.

Mit jedem weiteren Release entstanden zusätzliche Einsatzmöglichkeiten, die heute weit über die ursprünglichen Ansätze eines anwendungsbasierten Mindmapping nach analogem Vorbild hinausreichen. Soeben wurde die neueste Version - MindManager 21 - herausgebracht (Stand dieses Beitrags: 3. Oktober 2020).

Doch nicht nur die technischen Möglichkeiten einer Software sind entscheidend für ihren dauerhaften Erfolg am Markt. Mindestens genauso bedeutsam sind insoweit Aspekte wie ihr "Look and Feel". Die grafische Benutzeroberfläche weist beim MindManager große Analogien zu den führenden Office-Programmen von Microsoft auf. Dies erleichtert einen Einstieg in die Bedienung.

So ermöglicht ein typisches Menüband, auch Multifunktionsleiste oder englisch Ribbon genannt, die kontextsensitive Steuerung von Kommandos und dritten Funktionselementen. In seinem Hintergrund verbergen sich zudem mächtige Optionen, die nicht zuletzt Feineinstellungen zur standardmäßig gegebenen Kompatibilität mit Microsoft Word, Excel und vor allem Outlook - unter anderem zum Aufgabenmanagement - zulassen. In der neuesten Version bietet MindManager nunmehr ein eigenes Folienlayout, mit dem aufwendige Präsentationen - im Übrigen auch solche mit interaktiven Inhalten - erstellt werden können.

Essenzielle Kernfunktionen und Kollaboration

Sämtliche, auf eine Kollaboration ausgerichteten Funktionen einer Applikation begünstigen die angeführte Effizienzsteigerung in der Zusammenarbeit von Team-Mitgliedern. MindManager sieht dafür unter anderem einen jederzeit aktualisierbaren Datenaustausch über Microsoft SharePoint vor. Cloud-Alternativen wie beispielsweise Google Drive werden allerdings ebenso unterstützt. Ferner können über die Snap-Funktion Daten von mobilen Endgeräten direkt an den MindManager gesendet werden.

MindManager bietet weiterhin essenzielle Kernfunktionen für ein professionelles Projektmanagement: Innerhalb diverser Maps können aufgabenspezifische Abfragen an Outlook gerichtet werden. Dies gilt ebenfalls für Diagramme. Darüber hinaus gewährleisten native Funktionen ein zuverlässiges Deklarieren anstehender Aufgaben - beispielsweise mit diversen Attributen zur Gestaltung von Projektphasen: Symbole zur Priorisierung, Tags (Textanmerkungen), Notizen, Kommentare, Erinnerungen usw.

Ob ihrer Einfachheit gegebenenfalls als eher banal angesehene Möglichkeiten zur Prozessoptimierung stellen sich unter realen Anforderungen häufig als ihr genaues Gegenteil heraus. Gerade im Rahmen von Risikoabwägungen können sie erheblich zum Projekterfolg beitragen. Überhaupt darf der intuitiv-plausible Charakter der App nicht darüber hinwegtäuschen, dass sowohl die tatsächlichen Rahmenbedingungen als auch die individuelle Kompetenz die Bedingungen für ihre erfolgreiche Handhabung darstellen.

Innovationsdynamik

Im Übrigen bietet die einerseits stabile Grundgestalt von Mindmaps in all ihren Variationen in Verbindung mit deren flexibler Anpassung eine ideale Ergänzung für ein agiles Projektmanagement sowie für agile Ansätze allgemein. Nicht erst innerhalb der Lösungsräume - beispielsweise im Design Thinking - sind sie förmlich und inhaltlich in unterschiedlichen Zusammenhängen einsetzbar. Bereits in den vorhergehenden Problemräumen können sie dort durch ein gezieltes Wissensmanagement zur Ausbildung einer gemeinsamen Expertise im Team grundlegend beitragen.

MindMeister

Als Online-App präsentiert sich MindMeister mit Alleinstellungsmerkmalen, die - genauso wie beim MindManager - nicht zuletzt auf den zugrundeliegenden Prinzipien eines Human-Centered Designs (HCD) zurückzuführen sind. Dazu ist besonders die Reduktion auf das Wesentliche zu zählen. Seine Benutzeroberfläche garantiert einen Schnellzugriff auf alle Funktionen.

Abbildung: Screenshot der mobile App MindMeister

Eine seiner Eigenheiten liegt in seiner "natürlich" anmutenden Bedienbarkeit: Gerade auf der Grundlage von Tablets entsteht ein Gefühl, das demjenigen bei der Erstellung analoger Mindmaps sehr nahekommt - Elemente von Mindmaps können frei Hand positioniert und mühelos editiert werden. Ein Umstand, der das Nutzungserlebnis (User Experience) nicht einfach nur zur Freude werden lässt, sondern der objektiv für mehr "Produktivität" sorgt.

Mindmaps, die mit MindMeister erstellt worden sind, können in den nativen Dateiformaten dritter Mindmapping-Lösungen exportiert werden. Zudem werden die Dateiformate von Microsoft Word und Excel sowie das Portable Document Format (PDF) aus dem Hause Adobe unterstützt.


Der Autor:

Sowohl als Bildungsreferent als auch als freier Designer mit dem Schwerpunkt Multimedia-Produktionen stehen im Mittelpunkt der beruflichen Tätigkeit von Thorsten H. Bradt Fragestellungen zur visuellen Kommunikation. Regelmäßig verfasst er zu diesen Fachbeiträge für renommierte Periodika. Aktuell ist von ihm etwa im führenden Schweizer Fachmagazin für Publishing und Digitaldruck ein Artikel zum Design Thinking erschienen. Darüber hinaus entwickelt der Autor als Webinar Evangelist immer wieder neue didaktische Ansätze, die in Form und Inhalt den Anforderungen einer VUKA-Welt an ein webbasiertes Lernen umfassend genügen sollen.

 

 

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