2021/11 | Fachbeitrag | Digitalisierung

Managed AI – damit KI-Services zuverlässig funktionieren

KI-basierte Applikationen bieten viele Vorteile. Sie entlasten von repetitiven Aufgaben, beschleunigen Prozesse und erhöhen deren Effizienz. Was dabei viele vergessen: KI-Projekte verlaufen phasenweise. Zunächst ist zu analysieren, ob sich vorhandene Daten, Systeme und Prozesse für die Umsetzung des favorisierten Use Case eignen. Dann gilt es, die Anforderungen an den Prototyp zu definieren, ein Konzept zu erstellen, den besten Lösungsansatz zu entwickeln und den Prototyp in ein Minimum Viable Product (MVP) zu überführen. Dank kontinuierlicher Funktions-, Last- und Integrationstests sind KI-Services in die Betriebsumgebung stabil integrierbar, und der beliebig skalierbare KI-Service lässt sich in Applikationen, Prozesse und Systeme einbinden. In der letzten Phase, dem Produktivbetrieb, scheitern viele KI-Projekte. Darum sind KI-Lösungen über ihren kompletten Lebenszyklus hinweg zu überwachen und bedarfsgerecht anzupassen. Das gelingt am besten mihilfe von Managed AI Services.

Bildquelle: (C) mohamed Hassan / Pixabay

1. Tipp: Stellen Sie eine professionelle Betreuung des KI-Services sicher.

Beantworten Sie zunächst eine grundlegende Frage: Wo wollen Sie den KI-Service betreiben? Im eigenen Rechenzentrum, On-Premises bei einem Dienstleister oder in der Cloud? Entscheidend ist, den KI-Service dabei kontinuierlich zu überwachen und das Modell im Live-Betrieb immer wieder anzupassen. Ein Beispiel: Ein Anlagenbauer nutzt eine KI-Applikation, die verschlissene Bauteile erkennt. Für einen funktionierenden KI-Service sind das Videomaterial der Anlagenüberwachung zu sichten, ein Modell zu erstellen und die KI mit realen Daten so zu trainieren, dass sie Verschleißerscheinungen und Leckagen identifiziert. Kommt eine neue Anlage hinzu, sind das Modell anzupassen und die KI von Neuem zu trainieren. Hierzu braucht es großes Know-how und viele Ressourcen. Sofern das Unternehmen die Managed AI Services eines spezialisierten Dienstleisters in Anspruch nimmt, kann es sich auf sein Tagesgeschäft konzentrieren. Um Re-Training und Produktivstellung kümmern sich die externen Data- und KI-Experten.

2. Tipp: Setzen Sie auf ein interdisziplinäres Team.

Achten Sie darauf, dass der Dienstleister ein interdisziplinäres Team für Sie zusammenstellt, bestehend aus einem Data Scientist oder Machine Learning Engineer, Data Engineer oder Data Architect, Cloud Architect und DevOps Engineer. Der Data Scientist überführt die Aufgabenstellung in automatisierte Verfahren, der Data Engineer erfasst und konsolidiert die benötigten Daten, der Cloud Architect richtet eine sichere, hochverfügbare IT-Infrastruktur ein, und der DevOps Engineer vermittelt zwischen Entwicklung und Betrieb.

3. Tipp: Lassen Sie den KI-Service bedarfsgerecht anpassen.

Um einen KI-Service in den Produktivbetrieb zu überführen, muss das Team reibungslos zusammenarbeiten. Der Data Scientist experimentiert mit Testdaten und entwickelt ein KI-Modell. Der Data Engineer verbindet das trainierte KI-Modell mit realen Betriebsdaten, und der DevOps Engineer begleitet die Produktivstellung. Damit der KI-Service in Echtzeit zuverlässig funktioniert, ist er fortlaufend zu betreuen und zu verbessern. Im Produktivbetrieb erzeugt ein KI-Service eine Vielzahl an Daten. Darum ist zu prüfen, ob das Modell mit den generierten Daten weiterhin plausibel ist. Andernfalls ist es samt seiner Prozesse anzupassen. Hierfür muss der Data Scientist auf vorhandene Betriebsmodelle und -daten zugreifen. Um das angepasste Modell unter der Aufsicht des DevOps Engineers erneut in die Produktivumgebung einzubinden, ist die KI abermals zu trainieren und zu testen. Weil sich äußere Umstände und Anforderungen schlagartig ändern können, müssen Sie in der Lage sein, flexibel zu reagieren. Doch weil im Live-Betrieb Anpassungen im Trial-and-Error-Verfahren tabu sind, eignen sich dafür agile Methoden wie Continuous Integration, Continuous Delivery und Continuous Deployment.

4. Tipp: Vergessen Sie das Monitoring nicht.

Um Anpassungsbedarf zu erkennen, ist der KI-Service End-to-End zu monitoren - bis hin zum 24/7-Monitoring. Wichtig ist, dass der Dienstleister individuelle Kennzahlen, Mess- und Schwellenwerte definiert und diese im Rahmen des IT-Servicemanagements in Standardprozesse gemäß ITIL einbindet. Dabei stellt das Monitoring der Infrastruktur eine optimale Verfügbarkeit, Erreichbarkeit, Performance und Auslastung durch Event- und Incident-Management-Prozesse sicher. Das Monitoring der Applikationen erfolgt mittels Überwachung der Schnittstellen und regelmäßiger Abfragen. Monitoring ist sehr wichtig, um Anpassungen im Zweifel wieder zurücksetzen zu können. Trotz Voranalysen kann es passieren, dass sich ein KI-Service in Ihrer realen Betriebsumgebung anders verhält als angenommen. Dann ist es entscheidend, schnell wieder auf die Vorgänger-Version umzustellen.

5. Tipp: Stellen Sie ein Maximum an Flexibilität sicher.

Zudem ist es wichtig, einen Vendor Lock zu vermeiden. Darum sollte der Dienstleister das Modell so anlegen, dass sich ein KI-Service auf eine andere Infrastruktur übertragen lässt: eine andere Cloud, eine On-Premises-Lösung in einem Rechenzentrum oder den Betrieb auf eigenen Servern. Idealerweise stellt der Dienstleister das fertige Modell über eine API bereit, betreibt und überwacht den KI-Service und bietet begleitenden Support.

Fazit: Nicht ohne den passenden Partner

Die Herausforderung, KI-Services zu entwickeln, zu betreiben und zu aktualisieren, können viele Unternehmen nicht allein bewältigen. Wer mit einem professionellen Dienstleister zusammenarbeitet, sollte darauf achten, dass er Managed AI Services aus einer Hand bietet, großes Fachwissen hat und den Übergang von der Entwicklung in den Betrieb nahtlos gestaltet. So können Sie sich auf den jeweiligen Use Case konzentrieren, relevante Prozesse spürbar beschleunigen und Ihr Business wirkungsvoll vorantreiben.


Die Autoren:

Niels Pothmann ist Head of AI von Arvato Systems.

Andree Kupka ist Machine Learning Engineer bei Arvato Systems.

Web: www.arvato-systems.de

Diese Artikel könnten Sie auch interessieren

M365 der Alleskönner – wirklich?

WISSENplus
Die digitale Transformation zwingt Organisationen dazu, gewachsene IT-Landschaften zu hinterfragen. Insellösungen, Medienbrüche und heterogene Systemwelten erschweren Skalierbarkeit, Innovationsfähigkeit und Sicherheit. Mit Microsoft 365 (M365) positioniert sich Microsoft nicht mehr nur als Anbieter von Office-Software, sondern als umfassender Plattformanbieter für moderne, integrierte IT-Architekt...

Weiterlesen

KI kann viel – aber Vertrauen braucht ein Gesicht!

Künstliche Intelligenz ist inzwischen in nahezu allen Büros angekommen. Mitarbeiter:innen nutzen diverse Tools - nicht nur zur Generierung von Bildern und Videos - sondern auch zur Erstellung von Texten, Schulungsunterlagen und Präsentationen. Gerade beim Erfassen von Dokumenten mit wichtigem Wissen ist der tatsächliche Verfasser ein entscheidender Vertrauensfaktor. Warum Inhalte ohne erkennbaren Urhebe...

Weiterlesen

2026 wird das Jahr der Vereinfachung, Standardisierung und Automatisierung

Die disruptive Einführung generativer Künstlicher Intelligenz - allen voran durch Dienste wie ChatGPT - hat die IT- und Cybersicherheitslandschaft in den vergangenen zwei Jahren grundlegend verändert. Was zunächst als experimentelles Tool begann, ist heute ein strategischer Bestandteil moderner Sicherheitsarchitekturen. Gleichzeitig hat die stetig wachsende digitale Komplexität in Unternehmen ein...

Weiterlesen

Arbeitswelt im Umbruch: Was erwartet uns 2026?

Die Arbeitswelt verändert sich - sowohl für Personalmanager als auch für die Belegschaft. Während sich vor wenigen Jahren die Arbeitnehmer in einer starken Verhandlungsposition befanden, schlägt das Pendel jetzt immer stärker zugunsten der Unternehmen aus. Das eröffnet ihnen die Chance, die Arbeitswelt mehr nach ihren Vorstellungen zu gestalten, um ihren Unternehmenserfolg zu sichern. Gleichzeitig tr...

Weiterlesen

GenAI und Low Code sind Partner – keine Konkurrenten

WISSENplus
ChatGPT und Co. spucken auf Knopfdruck fertigen Programmcode aus. Dafür muss man lediglich seine Ideen für eine Anwendung in einem Prompt in natürlicher Sprache beschreiben. Mit generativer KI können deshalb auch Fachexperten aus den Geschäftsbereichen, die nicht über klassische Programmierkenntnisse verfügen, an der Softwareentwicklung eines Unternehmens mitwirken. Das war bislang eigentlich im...

Weiterlesen

Social-Intranet-Einführung: In 16 Wochen vom Nachrichtenportal zum digitalen Arbeitsplatz

Viele Intranet-Projekte scheitern an zu großem Anspruch bei unklarer Planung. Ein klar strukturierter 16-Wochen-Fahrplan hilft dabei, die richtigen Schritte in der richtigen Reihenfolge zu gehen - von der Anforderungsaufnahme über den Aufbau redaktioneller Strukturen bis zum Go-live. Ein Praxisbeispiel aus der Medienbranche macht deutlich, wie technische Umsetzung und organisatorischer Wandel zusamme...

Weiterlesen