2004/4 | Fachbeitrag |
Innovationskraft durch Wissensmanagement
Von Norbert Jastroch
Die Ressource Wissen bildet nicht
nur die Basis für unternehmerisches Handeln, sondern ist auch eine
dynamische Kraft in der Entwicklung eines Unternehmens, insofern sie die
pro-aktive Anpassung an sich permanent verändernde Marktbedingungen
unterstützt. Da Wissen ein zentrales Element im Innovationsprozess
darstellt, ist davon auszugehen, dass praktisches Wissensmanagement signifikante
Auswirkungen auf die Innovationsleistung eines Unternehmens hat. In der
Forschungsstudie „CIKM – Creation of Innovation through Knowledge
Management“ hat ein internationales Konsortium aus Unternehmen und
Forschungsinstituten Zusammenhänge zwischen dem Management von Wissen
als einer Quelle der Innovation und den erzielbaren Ergebnissen untersucht.
Ziel war es, die Wirkung von Wissensmanagement auf die Innovationstätigkeit
von Unternehmen einzuschätzen.Grundlagen wurden in einer umfassenden
Sichtung der Literatur zu den Themen Wissensmanagement und Innovation,
in Interviews mit Experten aus dem akademischen Raum und der Wirtschaft
sowie in Fallstudien bei den industriellen Partnern des Projektes erarbeitet.
Für die empirische Untersuchung wurde ein dreistufiges Vorgehen,
bestehend aus Fokusgruppen- Workshops, einer Unternehmensbefragung mittels
Fragebogen sowie einer Serie von Fallstudien-Interviews gewählt.
Die Studie wurde in den Branchen Telekommunikation und IT, Finanzdienstleistungen
und Maschinenbau im weiteren Sinne durchgeführt. Einbezogen waren
große sowie kleine und mittlere Unternehmen aus den Ländern
Frankreich, Großbritannien, Schweden und Deutschland.
Die empirische Untersuchung sollte klären, welche Praktiken des Wissensmanagements
in den frühen Phasen von Innovationsprozessen angewandt werden und wie
ihre Bedeutung von den befragten Unternehmen eingeschätzt wird. In den
Fokusgruppen-Workshops wurde mit den Teilnehmern erarbeitet, wie diese Aspekte
strategisch und konzeptionell in ihren Unternehmen zum Tragen kommen. Über
die anschließende Befragung wurde erhoben, welche Praktiken des Wissensmanagements
im einzelnen genutzt und welche Informationsquellen in den frühen Phasen
der Innovationsprozesse tatsächlich herangezogen werden. Trotz hoher Komplexität
konnten 54 verwertbare Rückläufer der Fragebogenaktion erreicht werden.
Die Fallstudien-Interviews bei insgesamt 14 Unternehmen dienten zur vertiefenden
Untersuchung der tatsächlichen Abläufe rund um Wissensmanagement und
Innovation.
Die Ergebnisse der CIKM-Feldstudie korrespondieren weitgehend mit dem State
of the art in Literatur und Expertenmeinung. So ist eine direkte, messbare Korrelation
zwischen Wissensmanagement und Innovationsleistung nicht ohne weiteres feststellbar.
Es konnten jedoch eine Reihe indikativer Wirkzusammenhänge zwischen Wissensmanagement-Praktiken
und den frühen Phasen der Innovation, wie Trenderkennung und Ideengenerierung,
beobachtet werden:
- Die Fähigkeit eines Unternehmens, die Werthaltigkeit neuer, externer Informationen abzuschätzen, umzusetzen und kommerziell anzuwenden, ist ausschlaggebend für sein innovatives Vermögen.
- Wissensmanagement-Praktiken, die an der Organisation, den Mitarbeitern oder der Unternehmenskultur ansetzen, wie z.B. eine wissensförderliche Arbeitsumfeldgestaltung oder Diskussionsforen zur Förderung der Kommunikation zwischen Mitarbeitern, die in Innovationsprozessen mitwirken, werden als Kernelemente für Innovation in den frühen Prozessphasen betrachtet.
- Good-Practice-Unternehmen setzen technisch basierte Wissensmanagement-Elemente als Enabler für den Austausch von und den Umgang mit Wissen ein.
- Cluster-Analysen zeigten für die untersuchten Branchen spezifische Besonderheiten auf: Wissensmanagement-Praktiken und Informationsquellen, wie sie von besonders innovativen Unternehmen genutzt werden, unterscheiden sich von denjenigen, die von weniger innovativen Firmen in der untersuchten Gesamtheit bevorzugt werden.
- In den Fallstudien-Interviews wurde deutlich, dass eine Trennung der beiden Phasen Bedarfs- und Trendermittlung sowie Ideenfindung sowohl im Vorgehen der damit Beschäftigten als auch in den entsprechenden Geschäftsprozessen kaum stattfindet. (Dies spiegelt sich auch in den geringen Differenzen zwischen den mittleren Werten in der untenstehenden Tabelle wider.)
- Die Verknüpfung der aus Umfragedaten, Fallstudien-Interviews und Fokusgruppen-Workshops gewonnenen Informationen wies auf die Bedeutung von sechs Themenfeldern: Innovationstreiber, Strategie, Innovationsträger, Metriken, Wissensprozesse und –arten sowie Unternehmenskultur.
Bedarfs- und Trendermittlung | Ideenfindung | |
Wissensmanagement-Praktiken | ||
Expertennetze (Communities of Practice) | 1,80 | 1,86 |
Diskussionsforen | 1,95 | 1,62 |
Freiraum für Trendbeobachtung | 1,35 | 1,43 |
Arbeitsumgebung, die Wissensaustausch fördert | 1,70 | 1,67 |
Wissensfördernde Unternehmenskultur (Kultur der offenen Tür) | 2,30 | 2,29 |
Elektronische Suchwerkzeuge | 1,80 | 1,67 |
Gemeinsame Verzeichnisstrukturen | 1,95 | 1,76 |
Gelbe Seiten/Expertensuche | 1,15 | 0,86 |
Informationsquellen | ||
Informationen über Mitbewerber, Brancheninformationen | 1,95 | 2,05 |
Intranet | 1,38 | 2,29 |
Langfristige Partnerschaften | 1,81 | 1,05 |
Patentdatenbanken | 1,05 | 2,10 |
Persönliche Netzwerke (extern) | 2,29 | 1,76 |
Professionelle Informationsdienste | 1,38 | 1,24 |
Lieferanteninformationen | 1,57 | 1,67 |
Kundeninformationen | 2,14 | 2,05 |
Universitäten | 1,29 | 1,76 |
Mittlere Werte spezieller Praktiken und Informationsquellen, wie
sie von überdurchschnittlich innovativen Unternehmen häufiger genutzt
werden als von anderen
(Skala: 0 = nie genutzt; 1 = gelegentlich genutzt; 2 = meist genutzt; 3 = stets
genutzt)
Bezugsquelle der Studienergebnisse:
Die Ergebnisse der CIKM-Studie sind in einem 38-seitigen englischsprachigen Projektbericht zusammengefasst, der als PDF oder auf CD-ROM gegen eine Schutzgebühr in Höhe von 30 Euro zuzüglich Mehrwertsteuer und Versandkosten über den Autor zu beziehen ist.