Finanzkriminalität proaktiv begegnen und Risiken minimieren
2014/4 | Kolumne | Kolumne

Ich lerne, du lernst, wir lernen, es lernt ...

von Gabriele Vollmar

Bei einem der Wissensmanagement-Masterstudiengänge, bei denen ich unterrichte, werden die Teilnehmer zu Beginn des ersten Lerntaktes gebeten, ihre Motivation hinsichtlich des Themas Wissensmanagement vor dem Hintergrund ihres konkreten beruflichen Kontextes darzustellen. Vor kurzem war es mit einem neuen Jahrgang mal wieder soweit. Bei Durchsicht der Einreichungen fiel mir auf, dass in diesem Jahr so etwas wie ein allgemeiner Tenor festzustellen ist. Ich versuche mal, diesen in einer möglichst allgemeinen Formulierung darzustellen:

„Meine Organisation [1] ist seitens ihrer Umwelt einem hohen Veränderungsdruck ausgesetzt. Sie muss daher dynamisch neues Wissen aufbauen und beständig lernen, um sich nachhaltig und immer wieder anzupassen. Dazu braucht es angemessene Organisationsstrukturen, aber auch die Bereitschaft und Fähigkeit jedes Einzelnen, in der Organisation eigenverantwortlich und zu großen Teilen selbstorganisiert zu lernen."

So deutlich und vor allem so häufig wurde dies von den Studierenden in den Vorjahren nicht zum Ausdruck gebracht. Lernen und die Vorstellung der Lernenden Organisation stehen bei der Beschäftigung mit dem Thema Wissensmanagement (endlich wieder) im Vordergrund. Und zwar mit klarem Blick auf das Ineinandergreifen und sich gegenseitig Bedingen von individuellem Lernen, kollektivem Lernen und eigentlich organisationalem Lernen. Nach Mike Pedler ist eine Lernende Organisation „eine Organisation, die das Lernen sämtlicher Organisationsmitglieder ermöglicht und die sich selbst transformiert." So verstanden ist Lernen mehr als der schiere Erwerb neuer Kenntnisse und Fähigkeiten. Vielmehr manifestiert es sich in einer systematischen Veränderung des Verhaltens aufgrund der Wahrnehmung von Veränderungen in der Umwelt. Dem Individuum in der Organisation Lernen zu ermöglichen, bedeutet dann zuvorderst, die Wahrnehmung von Veränderungen in der Organisationsumwelt zuzulassen und die Kommunikation dieser Wahrnehmung in die Organisation hinein ernst zu nehmen und als Lernanlass zu begreifen.

Aber nicht nur die Organisation ist gefragt, sondern auch der Einzelne, nämlich in seiner Funktion, seinem sich Verstehen als Wissensarbeiter innerhalb der Organisation. Dies bedeutet dann, sich nicht ausschließlich auf die Strukturen eines organisationalen Wissensmanagements zu berufen und zu verlassen, sondern auch Verantwortung für das ganz persönliche Wissensmanagement zu übernehmen. Und das ist deutlich mehr als Zeitmanagement und Arbeitsorganisation (auch wenn viele Seminare zu diesem Thema genau das verkaufen). Laut European Guide to Good Practice in Knowledge Management ist persönliches Wissensmanagement ein Selbstführungskonzept, das darauf abzielt, Wissensbestände und Lernprozesse eigenverantwortlich und geschickt zu handhaben. Dahinter steckt „... ein Bündel von Konzepten, Methoden und Instrumenten zur Strukturierung und Ordnung von individuellen Wissensbeständen, welches es den Mitarbeitern ermöglicht, Verantwortung dafür zu übernehmen, was sie wissen und wen sie kennen". Ausgangspunkt ist dann die Reflexion der individuellen Denkweisen und Handlungen, um die eigene Effizienz und die der partizipierenden Personen im Lern- und Arbeitsbereich zu verbessern.

Dazu müssen Mitarbeiter befähigt werden. D.h. wenn der Erfolg eines organisationalen Wissensmanagements, das langfristig und nachhaltig auf eine Lernende Organisation abzielt, auch auf der Fähigkeit der Organisationsmitglieder zu persönlichem Wissensmanagement beruht, dann ist die Befähigung zu einem persönlichen Wissensmanagement Bestandteil der organisationalen Wissensmanagement-Strategie. Was meinen Sie?

[1] Der Studiengang ist berufsbegleitend und die Teilnehmer kommen aus sehr unterschiedlichen Organisationen, teilweise aus Industrie- und Dienstleistungsunternehmen unterschiedlichster Branchen und Größen, teilweise aus Bildungseinrichtungen sowie aus dem öffentlichen Sektor.

Diese Artikel könnten Sie auch interessieren

Lernen aus Erfahrung: Was die Generation 50plus alles weiß

WISSENplus
Angesichts des demografischen Wandels wird die Frage nach Instrumenten, mit denen das Erfahrungswissen älterer Mitarbeiter in der Firma gehalten werden kann, immer bedeutsamer. Denn Fakt ist: Der Wirtschaftsstandort Deutschland und unsere Unternehmen können sich langfristig und nachhaltig nur behaupten, wenn diese die Ressourcen und Potenziale aller Führungskräfte und Mitarbeiter optimal nutzen – gera...

Weiterlesen

Leadership trifft Learning: Wenn der Chef zum Coach wird

WISSENplus
Fachkräfte müssen sich permanent fit halten für die raschen Umwälzungen unserer Zeit. Daher wird immer mehr hinterfragt, ob man alte Lernschemata nicht verlässt und neue Horizonte erschließt. Denn gerade in Umbruchzeiten wie diesen sucht die Belegschaft in der Geschäftsführung auch einen Förderer, nicht nur einen Leader. Beides ist wichtig. Wie müssen sich demnach Unternehmen aufstellen, wen...

Weiterlesen

Content Delivery: Wissen schnell & sicher verteilen

WISSENplus
Wenn es darum geht, zuverlässig, sicher und in sehr guter Qualität große Datenmengen wie Videos, Schulungs- und Seminarmaterialien an eine Vielzahl von Studenten oder Mitarbeiter zu senden, dann sind Content Delivery Networks (CDN) die beste Wahl. Bei CDNs handelt es sich um weltweite Servernetzwerke, die die angeforderten Daten dezentral an die Empfänger in der Nähe senden. Sie bieten Schutz vor...

Weiterlesen

Einstiegsdroge oder Sackgasse?

In den vergangenen Monaten fragten Unternehmen bei mir verstärkt Unterstützung zum Thema „persönliches Wissensmanagement" an, in der Regel in Form einer kleinen internen Weiterbildung für die Mitarbeiter. Sicherlich spielt hierbei der individuelle Leidensdruck der Mitarbeiter hinsichtlich Information Overload und die gestiegenen Ansprüche an die Effizienz der eigenen Wissensarbeit eine Rolle....

Weiterlesen

Lernen über den Datenwolken

WISSENplus
Zeitlich, örtlich und inhaltlich flexibel – so lassen sich die neuen virtuellen Lernumgebungen beschreiben, die unseren Alltag erobern und das Bildungswesen nachhaltig verändern. Schulen, Universitäten und Unternehmen öffnen sich immer stärker für digitale Lernformen, unterstützt durch Web-2.0-Funktionalitäten, um mit den Bedürfnissen der Lernenden mitzuhalten. Möglich machen das neue Technologi...

Weiterlesen

Learning for Future: Welches Wissen ist wichtig?

WISSENplus
Unsere komplexe, volatile Arbeitswelt fordert von Organisationen und ihren Mitgliedern kontinuierliches Weiter-, Neu- und Umlernen. Statt den Fokus auf den Erwerb spezifischer Fähigkeiten zu legen, unterstützen moderne Lernkulturen die Entwicklung eines Learning Mindsets: einer Haltung, die von Selbststeuerung, Lernfähigkeit und Selbstreflexion geprägt ist. Im Fokus stehen Metakompetenzen, die die...

Weiterlesen

Bildungscontrolling – nur eine seltene Ausnahme?

Das Buch „Die Weiterbildungslüge“, verfasst unter dem Pseudonym Richard Gris, hat die Diskussion um den Sinn und Nutzen von Weiterbildungsmaßnahmen neu entfacht. Hinzu kommt die derzeitige Krisensituation, in der der Erfolg der Trainings und Coachings mehr als je zuvor nachgewiesen werden muss. Doch wie objektiv lassen sich die Erfolge von Schulungen, Seminaren & Co. tatsächlich messen? Diese Frage b...

Weiterlesen

Andere Länder, andere Sitten: Interkulturelle Lernstile

WISSENplus
Weiterbildungsprogramme erfreuen sich zunehmender Beliebtheit. Besonders wenn sie auch „international“ sind. Doch nicht immer sind Lehrprogramme, die für Lernende aus unterschiedlichen Ländern konzipiert wurden, so erfolgreich wie erhofft. Denn nicht in jeder Kultur wird gleich gelernt und unterrichtet. Und kulturell unterschiedliche Lernstile können den Erfolg von internationalen Weiterbildungs- und...

Weiterlesen