2009/3 | Fachbeitrag | Call Center

Highspeed Internet – Highspeed Kundensupport

von Thomas Möller

Inhaltsübersicht:

Rechtzeitig zum Start des digitalen HDTV-Angebots im April 2008 implementierte Belgacom auch ein Diagnosesystem zur vollautomatisierten Einmessung und Konfiguration von Neuanschlüssen. Dadurch wird der reibungslose Betrieb neuer Kundenanschlüsse von Beginn an gewährleistet und gleichzeitig können mögliche Beeinträchtigungen von Nachbaranschlüssen zuverlässig vermieden werden. Bei dieser Diagnoselösung handelt es sich um ein Expertensystem, das das Know-how der firmenweiten Fachleute über die Identifikation und Behebung möglicher technischer Kundenprobleme bündelt und universell anwendbar macht. So unterstützt die Lösung nicht nur bei der vollautomatisierten Störungsdiagnose, darüber hinaus liefert sie auch den Call-Agenten in der Störungsannahme, den mobilen Servicetechnikern sowie bei Bedarf auch den Endkunden selbst weit reichende Unterstützung bei der Eingrenzung und Behebung von Störungen. Somit reduziert das Telekommunikationsunternehmen die durchschnittliche Bearbeitungszeit auf einen Bruchteil des bisherigen Werts. Das bedeutet auch: deutlich geringerer Personalaufwand und kürzere Bearbeitungszeiten bei gleichzeitig wachsender Kundenzufriedenheit.

 

IT-Experten fungieren als Wissensredakteure

 

Um das System mit Leben – und Inhalten – zu füllen, fungieren die technischen Spezialisten des Unternehmens als Wissensredakteure für das Expertensystem. „Mithilfe eines Modellierungs-Tools, der so genannten Workbench, definieren sie die firmenspezifischen Diagnoseabläufe sowie die jeweiligen Prozesse, die für die technische Entstörung erforderlich sind“, erläutert Peter Kleinhans, der Projektverantwortliche beim deutschen Hersteller der Software, der iisy AG. „Dabei gestattet die Diagnoselösung die Anbindung verschiedenster Datenquellen und Messsysteme.“ Das auf diese Weise gebündelte Wissen klärt die typischen technischen Probleme der Kunden. Das System unterstützt dabei zielgerichtet und weitgehend automatisiert die entscheidenden Fragestellungen im technischen Kundenservice, beim Customer Problem Handling:

  • Welche Problembeschreibung deutet auf welche Ursache?
  • Wie müssen die Prozesse und Abläufe aussehen, die zur eindeutigen Identifikation des technischen Problems führen?
  • Welche Messungen, etwa der Leitungsqualität, können automatisiert erfolgen, vielleicht sogar noch bevor der Call-Agent persönlich mit dem Kunden spricht?
  • Wie sollten die Informationen für die Bildschirme der Call-Agents oder des technischen Kundendiensts idealerweise aufbereitet sein?
  • Welche Anweisungen muss ihnen das System bei welchen Problemen mit welchen Geräten und welchen Services geben?
  • Wann ist es sinnvoll, einen Techniker zum Kunden zu schicken?

„All die entsprechenden Diagnose-, Mess- und Kundendialogprozesse kann ein Telekommunikationsunternehmen – seinem spezifischen Bedarf gemäß – in der Diagnoselösung abbilden, steuern und weitestgehend automatisieren“, sagt Peter Kleinhans.

 

Implementierung in Eigenregie

 

„Belgacom übernahm den Großteil der Implementierung selbst“, berichtet Kleinhans. „Das heißt sowohl die IT-Integration und die Anbindung der diversen Messsysteme zur Prüfung der Leitungsqualität der Highspeed-Internetverbindung als auch die spätere Definition der Diagnoseprozesse und ihre Abbildung im System.“ Innerhalb von weniger als drei Monaten war die erste Phase der Implementierung abgeschlossen, rechtzeitig zum Start des digitalen HDTV-Angebots von Belgacom. Seither hat sich viel getan: Wenn sich heute beispielsweise ein neuer Kunde im System anmeldet, stößt er damit bereits eine Messung an. Diese prüft, welche interferenzfreie Bandbreite für den Kunden verfügbar ist und hinterlegt den ermittelten Wert automatisch in dessen Kundenprofil. Gleichzeitig übermittelt die Diagnoselösung eine Nachricht an den Kunden – per Digital-TV-Banner, E-Mail oder SMS –, wie und in welchem Umfang er den On-demand-Service nutzen kann. Mitunter ist nämlich eine Reduzierung der Bandbreite nötig – das hochauflösende Fernsehen via Internet ist dann nur eingeschränkt verfügbar.

 

Von der Fehlerdiagnose zum Self Repair

 

Nach der erfolgreichen Implementierung startete Belgacom sofort die nächste Projektphase: „Dabei haben wir die Messsysteme an unser Interactive-Voice-Response-Portal angebunden und die Diagnoseflüsse abgebildet“, erklärt Paul Schollier von Belgacom. Das heißt: Noch bevor der Kunde zu einem Call-Agent durchgestellt wird, macht er über ein Interactive-Voice-System Angaben zu den Fragen bzw. technischen Problemen seines On-demand-Angebots. Diese Informationen lösen automatisch alle erforderlichen Messungen aus – und zwar noch bevor der Anrufer zum Call-Center-Operator gelangt. Das System analysiert, ob das Problem auf der Seite von Belgacom liegt oder auf Seiten des Endkunden, und veranlasst gegebenenfalls auch den Einsatz eines Servicetechnikers zur Fehlerbehebung vor Ort.

Weitere Systemoptimierungen sind bereits in Planung: So sollen die Call-Agents künftig aus ihren Trouble Tickets heraus die Diagnoselösung anstoßen können. Bereits wenn sie das Kundenproblem als Service-Vorgang, als Trouble Ticket, im System erfassen, wird das eine automatisierte Diagnose auslösen. Doch auch dies ist längst nicht das Ende der Fahnenstange. „Eines unserer großen Ziele ist der Self-Repair ab 2010“, fährt Paul Schollier fort. Dann soll das System bestimmte Fehler nicht nur selbst identifizieren können, sondern sie aufgrund hinterlegter, automatisierter Reparaturprozesse auch gleich selbst beheben.

 

Fazit

Dass sich das Projekt bezahlt macht, davon ist man bei Belgacom überzeugt: „Im Grunde ist es eine Win-Win-Situation“, sagt Paul Schollier. „Die Diagnoselösung reduziert die durchschnittliche Bearbeitungszeit für die Operator im Call Center. Gleichzeitig sorgt sie für eine erhöhte Kundenzufriedenheit. Damit wird der gesamte Reparaturprozess maßgeblich verbessert.“

Diese Artikel könnten Sie auch interessieren

Customer Experience: Volle Konzentration auf den Kunden

WISSENplus
Customer Experience, kurz CX, ist ein strapazierter Begriff – und dennoch ist er weit davon entfernt, nur ein Schlagwort zu sein. Eine erstklassige Kundenerfahrung ist und bleibt der Garant für bessere Geschäftsergebnisse. Das zeigt auch eine Studie des US-amerikanischen Marktforschers Forrester: Unternehmen, die die Analysten als „CX Leaders“ einstuften, erzielten über einen Zeitraum von acht Jahr...

Weiterlesen

Mit Marketing 2.0 Kunden gewinnen

Nur wenigen Marketingverantwortlichen ist bewusst, dass 2008 bereits 98 Prozent der privaten Internetnutzer das Internet für die Jagd nach dem günstigsten Produkt nutzten; des Weiteren, dass hiervon wiederum fast 50 Prozent für ihre (Kauf-)Entscheidungen die Kommentare anderer Nutzer zum Beispiel in Diskussionsforen heranzogen. Unklar ist vielen auch, wie Internetnutzer auf die Informationsfülle im Netz...

Weiterlesen

Kundenbindung als Führungsaufgabe?

WISSENplus
Der „moderne“ Kunde ist unerbittlich: Er verlangt in jeder Phase des Kundenkontakts von allen Unternehmensmitgliedern höchste Konzen- tration auf das Ziel, seine Wünsche, Erwartungen und Bedürfnisse zu „lesen“, zu erkennen und zu befriedigen. Das ist zunächst einmal nichts Neues – allerdings hat die Intensität zugenommen: Der Kunde kommuniziert online und offline, in der virtuellen und der re...

Weiterlesen

Customer Identity Resolution: Kunden kennen & verstehen lernen

WISSENplus
Customer Identity Resolution hat zur Aufgabe, Unternehmen bei den Herausforderungen im Umgang mit Kunden-Identitätsdaten zu helfen: Das sind die Daten aus unterschiedlichen Quellen, die spezifisch und korrekt einen Kunden, einen Lieferanten, einen Interessenten, einen Meinungsmacher, einen Patienten, einen Steuerzahler etc. identifizieren. Heute, im Zeitalter des Kunden, hat Customer Identity Resolution no...

Weiterlesen

CRM & Marketing: Auf dem Weg zu dialogischen Beziehungsmustern

WISSENplus
In der heutigen Geschäftswelt ist der Kunde längst kein unbekanntes Wesen mehr und sich seiner Königsrolle durchaus bewusst. Emanzipierte und gut informierte Kunden erwarten von Unternehmen Kundenservice auf hohem Niveau. Vor dem Hintergrund gesättigter Märkte gilt es um so mehr, stabile und langfristige Kundenbeziehungen zu etablieren. In diesem Zusammenhang vollzieht das Marketing einen immer stär...

Weiterlesen

Social Selling im Vertrieb 2.0: Kundenpflege statt Verkauf

WISSENplus
Marketing und Werbung nutzen – mehr oder weniger erfolgreich – die sozialen Medien, um ihre Botschaften zu verbreiten. Nun geht auch der Vertrieb verstärkt online und entdeckt Möglichkeiten, um sich mit Hilfe der sozialen Medien neue Verkaufschancen zu eröffnen. Aber Achtung: Dabei ist es wichtig, bestimmte Verhaltensweisen zu beachten und Etiketteregeln für die Kommunikation im World Wide Web zu fo...

Weiterlesen

Mangelnde Kommunikation häufigster Kritikpunkt am Helpdesk

Rund 60 Prozent aller Führungskräfte sehen gerade in der Krise die Fähigkeit der IT, Geschäftsprozesse zu optimieren, als besonders wichtig an. Das ergab die Studie „IT-Trends 2009“ des SAP-Spezialisten Steeb. Eine wesentliche Anforderung dafür ist der effiziente Umgang der Mitarbeiter mit der EDV, der aber nicht selten an Kommunikationsproblemen zwischen den Anwendern und der EDV-Abteilung scheite...

Weiterlesen