2021/3 | Fachbeitrag | Leadership

Gegen den Homeoffice-Frust: Fünf goldene Regeln für das Führen auf Distanz

von Jenny Gruner

Während der erste Lockdown vollkommen überraschend über die Führungskräfte hereingebrochen ist, haben sie nun bereits erste Erfahrungen mit dem Führen auf Distanz. Auf diesen sollten sie gezielt aufbauen, um bei ihren Mitarbeitern Frust, Einsamkeit und Überarbeitung im Homeoffice zu vermeiden. Jenny Gruner ist Director Digital Marketing bei Hapag-Lloyd. Sie beschreibt ihre fünf goldenen Regeln, wie man ein Team zielorientiert und doch menschlich durch die Krise führt - und das rein virtuell. Schließlich weiß niemand, wann sich die Mitarbeiter endlich wieder im Büro treffen können.

Bildquelle: (C) Gerd Altmann / Pixabay

Psychologische Sicherheit schaffen

Da sich viele Mitarbeiter auf Dauer im Homeoffice einsam fühlen, ihre Kollegen vermissen und sich oftmals sogar Sorgen um ihren Arbeitsplatz machen, sind jetzt Menschlichkeit und Verständnis besonders gefragt. Das ist nicht nur für das Wohlbefinden der Mitarbeiter von großer Bedeutung, sondern auch für gute Arbeitsergebnisse. So zeigen zahlreiche Studien, dass "psychologische Sicherheit" eine wichtige Voraussetzung für die Leistungsfähigkeit von Teams ist. Gemeint ist damit ein Klima, in dem Mitarbeiter aussprechen können, was sie bewegt und in dem sie das Gefühl haben, mit ihren Sorgen, Fragen und Ideen nicht hinter dem Berg halten zu müssen. Um ein solches Klima auch in Zeiten der rein virtuellen Zusammenarbeit zu fördern, ist es nicht nur wichtig, nach den Nöten der Mitarbeiter zu fragen und zuzuhören. Es geht auch darum, selbst zuzugeben, wenn einen etwas bedrückt oder wenn man für eine neue Herausforderung noch keine Lösung gefunden hat - das macht einen menschlich. Und in diesen Punkten ist eine ehrliche Einschätzung besser als eine vorgegaukelte Sicherheit. Sicherheit kann in schwierigen Zeiten vor allem dadurch entstehen, dass alle gemeinsam ihr Bestes geben und sich aufeinander verlassen können.

Für gute Routinen sorgen

Treffen sich die Mitarbeiter nicht mehr regelmäßig im Büro, geht zunächst einmal die gewohnte Tagesstruktur verloren. Auch dies führt oftmals zu Unsicherheit und erschwert zudem die Abstimmung und Arbeitsverteilung im Team. Daher gilt es jetzt, neue Routinen zu schaffen, zum Beispiel eine tägliche kurze Morgenrunde - ein sogenanntes Daily - einzuführen. Bei einem "Weekly" kann dann gemeinsam noch einmal genauer auf die Ergebnisse und Hintergründe der Woche, aber auch auf die Qualität der Zusammenarbeit geblickt werden. Wichtig ist es bei beiden Formaten, die Teammitglieder nach ihren Erfahrungen und Einschätzungen zu fragen. Ebenfalls zentral: trotz der ungewohnten Arbeitsweise weiterhin Ziele definieren und Erreichtes sichtbar machen, denn Erfolg und Wertschätzung motivieren. Meetings gilt es professionell und strukturiert zu moderieren, damit die Zustimmung zur virtuellen Zusammenarbeit möglichst groß und der Frust über die erzwungene Distanz möglichst klein bleibt.

Sensibel für Überarbeitung sein

Auch im Homeoffice wird gearbeitet - auch wenn einige Traditionalisten das nicht glauben wollen. In vielen Fällen arbeiten die Teammitglieder sogar mehr als zuvor und finden im Homeoffice nur schwer ein Ende. Führungskräfte sollten daher auch auf Anzeichen eines Burn-outs achten und ein persönliches Gespräch mit den betreffenden Mitarbeitern suchen. Wichtig ist auch, dass die Mitarbeiter offen sagen können, wenn ihre Arbeitsbelastung zu hoch ist oder wenn sie ihre Energie gerade für ein anderes Thema benötigen. Als Führungskraft sollten Sie nicht jeden Tag Druck machen, sondern auch betonen, wie wichtig Pausen und bewusste Auszeiten für gute und kreative Arbeit sind. Planen Sie auch für sich selbst Zeit zum Abschalten und Ausspannen ein - als gutes Vorbild für Ihre Mitarbeiter, aber auch um Ihre eigene Leitungsfähigkeit und positive Einstellung zu erhalten.

Freiräume für den Austausch schaffen

In Zeiten permanenter Videokonferenzen fehlt das kurze Gespräch in der Kaffeeküche oder beim Zusammentreffen auf dem Flur ebenso wie das gemeinsame Warten, bevor eine Besprechung beginnt. Wichtig ist es daher, auch mal gemeinsam einen virtuellen Kaffee oder ein Feierabendbier zu trinken. Auch in diesem Punkt sollten Führungskräfte für Anregungen sorgen, aber auch auf Vorschläge und die Resonanz aus dem Team achten. So ist nicht jedes Online-Setting gleichermaßen für jedes Team geeignet. Ebenfalls eine schöne Anregung: Teammitglieder gehen spazieren, während sie sich telefonisch zu beruflichen oder auch privaten Themen austauschen, um sich besser kennenzulernen. Auch das bricht die oftmals etwas steife Videocall-Situation auf. Der informelle Austausch stärkt übrigens nicht nur den Zusammenhalt im Team. Oftmals führt er auch zu Ideen für neue Projekte.

Positives in den Blickpunkt rücken

Neben all den Sorgen und Unsicherheiten sollte es in den Teambesprechungen auch Raum für positive Gedanken geben. Hier gilt es, gemeinsam zu schauen: Was gibt es Schönes, wofür wir dankbar sein können? Eine Möglichkeit ist zum Beispiel, in den wöchentlichen Besprechungen einen Punkt aufzunehmen, in dem es um die Frage geht: Was hast du in der vergangenen Woche Schönes erlebt und was hast du gelernt? Das richtet den Fokus auf das Positive und führt dazu, dass die Teammitglieder sich gegenseitig inspirieren. Führungskräfte sollten sich auch immer wieder für die Unterstützung und gute Leistung des Teams bedanken. Nicht zuletzt sind kleine, per Post verschickte Geschenke ein schönes Zeichen der Wertschätzung.


Die Autorin:

Jenny Gruner ist Director Marketing beim Transport- und Logistikunternehmen Hapag-Lloyd.

Bildquelle: (C) privat

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