2010/2 | Fachbeitrag | E-Learning
FH Lübeck - Studieren rund um die Uhr
Inhaltsübersicht:
- Online-Lernen mit oncampus
- Die Suche nach der passenden Technologie
- Moodle-Schnittstelle als Open Source
- Fazit: E-Learning 2.0
Die Fachhochschule Lübeck und die Tochterfirma oncampus haben sich seit 1997 erfolgreich zu einem der führenden europäischen Anbieter im Bereich des Online-Studiums entwickelt. Mit einem Team von rund 30 Personen werden internationale Online-Studiengänge und Weiterbildungsangebote entwickelt, betrieben und vermarktet. Die Module dieser Studienprogramme bündeln die Kompetenz von mehr als 200 Professoren nationaler und internationaler Universitäten. Derzeit nutzen rund 1.700 immatrikulierte Studierende sowie jährlich 1.300 Weiterbildungsteilnehmer die Online-Qualifizierungsangebote.
Das Angebot von oncampus besteht zu 80 Prozent aus online abrufbaren Lehrveranstaltungen und -inhalten. Über die Lernplattform Moodle haben die Studierenden Zugriff auf multimediale Selbstlernmaterialien mit Videos, Audio-Beiträgen, Animationen und Präsentationen. Der Unterricht findet in einem virtuellen Lernraum über synchrone und asynchrone Kommunikationstools wie Blogs, Foren, Wikis, Chats und per E-Mail statt. Die restlichen 20 Prozent bestehen aus Präsenzseminaren an zwei bis drei Wochenenden pro Semester, an denen dann auch die schriftlichen Prüfungen durchgeführt werden. Mit Wirtschaftsingenieurwesen, -informatik, Medieninformatik und seit 2009 Betriebswirtschaftslehre gibt es vier deutschsprachige Studiengänge.
Die Suche nach der passenden Technologie
Durch den Wechsel der Lernraumplattform im Jahr 2007 vom kommerziellen Blackboard-System zur Open-Source-Anwendung Moodle entstanden bei oncampus Defizite in der synchronen Kommunikation. Da gleichzeitig immer mehr Nutzer in Deutschland über einen Breitband-Internetanschluss verfügen (aktuell etwa 70 Prozent), entschied sich das Team um Andreas Wittke, Leiter System Development & Administration bei oncampus, zukünftig ein Web-Konferenzsystem in der Online-Lehre einzusetzen.
Nachdem es beim Blackboard-System lediglich ein Java-basiertes Whiteboard ohne Audio- bzw. Video-Unterstützung gab und sich der HTML-Chat mit verzögerter Push-Technik in Moodle auch als unzureichend erwies, musste eine andere Lösung gefunden werden. So sollte unter anderem die Übertragung der 60-minütigen Vorlesung, die einen festen Bestandteil der Online-Lehre darstellt, über ein qualitativ hochwertiges synchrones Kommunikationstool erfolgen. Da es im Hochschulverbund an den Standorten Emden, Berlin und Lübeck bereits lokale Lösungen auf Basis von Adobe Acrobat Connect gab, konnte das Team um Andreas Wittke auf vorhandene Erfahrungen zurückgreifen. „Nach den Gesprächen mit den zuständigen Mitarbeitern vor Ort war eine umfangreiche Evaluation überflüssig“, so Wittke. „Neben der Zufriedenheit der Kollegen spielte außerdem die mögliche Schnittstelle zum Moodle-System eine wichtige Rolle für unsere Entscheidung, auch bei oncampus auf Connect zu setzen.“
Moodle-Schnittstelle als Open Source
Die zentralen Ziele von oncampus hinter diesem Projekt waren eine nachhaltige Verbesserung der Lehre und der Einsatz neuer didaktischer Szenarien. Außerdem wollte Wittke zur Entwicklung einer Moodle-Schnittstelle beitragen und diese der Moodle-Community als Open Source kostenfrei zur Verfügung stellen: „Auf diesem Weg möchten wir uns als einer der wichtigsten Anwender von Moodle-Systemen in Deutschland etablieren.“
Das Pilotsystem wurde im Wintersemester 2007/2008 gestartet. Weitere wichtige Zwischenschritte waren die Entwicklung der Moodle-Schnittstelle, die im Februar 2008 abgeschlossen war, sowie die Verfügbarkeit der Beta-Version des Produktivsystems ab dem Sommersemester 2008. Der finale Belastungstest mit etwa 260 gleichzeitigen Nutzern fand im Juni 2008 statt und die Veröffentlichung der Moodle-Schnittstelle als Open Source im August 2008. „Inzwischen nutzt der gesamte Hochschulverbund mit etwa 1.700 Studierenden und über 200 Dozenten die Lösung. Weitere Einsatzgebiete sind interne oncampus-Projekte sowie Ausschusssitzungen des Hochschulverbunds“, berichtet Wittke. Die größten Schwierigkeiten bei der Einführung waren dabei nicht am Rechner zu lösen: „Geduld, Nerven und viel Diplomatie waren notwendig, da verschiedene Gremien und Hochschulen involviert waren. Technisch war es hingegen relativ einfach“, so Wittke zu den Herausforderungen bis zur Fertigstellung.
Bei der Auswertung der Nutzung fällt auf, dass die oncampus-Kunden keine festen Arbeitszeiten haben. „Unser Angebot wird wirklich rund um die Uhr genutzt, 24 Stunden lang an sieben Tagen der Woche“, sagt Wittke und konkretisiert, dass die Kernzeit dabei zwischen 18.00 und 22.00 Uhr liegt. Nach dem Abschluss des Pilotprojekts zieht er ein Fazit der bisherigen Erkenntnisse: „Der gesamte Studienbetrieb hat eine enorme Verbesserung der Online-Lehre erhalten. Die synchronen Vorlesungen sind drei bis vier Mal effektiver geworden, autonome Lerngruppen bilden sich und es werden die ersten didaktischen Lehrszenarien ausgearbeitet. Außerdem hat der Einsatz von Web-Conferencing geholfen, Reisekosten, etwa zu Sitzungen des Hochschulverbundes zu sparen. Der genaue ‚Gewinn‘ lässt sich zwar nicht exakt beziffern, aber wir sprechen bereits jetzt von der nächsten Stufe des E-Learnings bei oncampus, quasi ein E-Learning 2.0.“