2011/11 | Fachbeitrag | Lernen

Face to face oder webbased? IT-gestützter Wissensaustausch mit Nachholbedarf

von Tim Schütte

Inhaltsübersicht:


Wissens- und Erfahrungsweitergabe von Mensch zu Mensch ist am effizientesten. Trotzdem greifen Entscheidungsträger bei vielen Initiativen immer wieder auf starre Prozesse zurück, die zu den Gegebenheiten der modernen Arbeitswelt kaum noch passen. Das liegt nicht zuletzt an der zeitlich und thematisch begrenzten Projektarbeit, die in vielen Firmen heute gang und gäbe ist. Das Kommunikations- und Koordinationsbedürfnis der Mitarbeiter sorgt angesichts eines solchen Szenarios dafür, dass technische Hilfsmittel für den Austausch immer wichtiger werden.

Technische Hilfsmittel – vorhanden, aber zu wenig genutzt

Diese Einschätzung von Experten bestätigt eine Studie des Personaldienstleisters Hays, der 149 Führungskräfte aus den Bereichen IT, Forschung, Entwicklung und Finanzen zum Thema Wissensarbeit befragt hat. Demnach ist der Einsatz von Tools und Prozessen rund um das Thema „Austausch von Informationen und Wissen“ durchaus üblich. So sind Technologien zum mobilen Zugriff auf Büro- und Unternehmensanwendungen über Smartphones, Tablet-PCs oder Laptops standardmäßig in den Arbeitsalltag vieler Mitarbeiter integriert. Weit verbreitet sind darüber hinaus Web-Collaboration- und Video-Conferencing-Tools. Immerhin 80 Prozent der befragten Firmen greifen auf solche technischen Hilfsmittel zurück.
Erheblich ernüchternder ist jedoch das Bild, wenn es um deren tatsächliche Nutzung geht. Gerade einmal in rund 40 Prozent aller Fälle kommen diese Systeme auch zum Einsatz. Laut Hays beschränkt sich die technische Unterstützung der Wissensarbeit bislang vorrangig auf einfache Tools, deren Einsatz keine kulturellen Veränderungen der Zusammenarbeit erfordert.

Text- und Videochat – deutsche Mitarbeiter zögerlich

Selbst beim Einsatz von Internet-basierten Messaging- und Netzwerkdiensten sind Deutschlands Mitarbeiter eher zögerlich. Telefonie- und Videodienste, wie sie Teil jedes Betriebssystem sind, werden zwar privat geschätzt, für berufliche Zwecke jedoch kaum genutzt. Dabei ist es womöglich nicht nur die Skepsis der Führungsriege gegenüber aktuellen Technologien, die deren Einführung verhindert: Nur rund 40 Prozent der Studienteilnehmer plädierten für einen intensiveren Gebrauch dieser Werkzeuge.
Dass Text- und Videochat-Angebote so zögerlich angenommen werden, mag neben kulturellen Gründen auch praktische technische Ursachen haben. Ausreichend zuverlässig und in einer akzeptablen Videoqualität funktionieren diese Lösungen nach Ansicht vieler Manager immer noch nicht.

Alternative HD-Videokonferenz

Weitaus attraktiver sind da schon spezielle High Definition (HD)-Videokonferenz-Angebote, die auf den Einsatz im Unternehmens- und Lehrumfeld zugeschnitten sind. Diese Lösungen bieten die Möglichkeit zum weltweiten Austausch in hochauflösender Qualität, wie sie auch der heimische HD-Fernseher bietet. Doch anders als beim Hollywood-Kino ist die Übertragung von Videodaten in dieser Auflösung alles andere als trivial. Die Experten des HD-Videokonferenz-Pioniers LifeSize mussten jede Menge technisches Know-how aufwenden, damit die Kommunikation auf diese Weise auch bei mittelmäßig schnellen Leitungen problemlos funktioniert. Darin unterscheiden sich derartig professionelle Lösungen von ihren kostenlosen Chat-Pendants für den schnellen, aber instabilen Plausch mit niedriger Bildauflösung.
Mit HD-Technologie sind dagegen Videokonferenzen möglich, die einer Face-to-face-Begegnung denkbar nahe kommen. Gerade beim Einsatz im Lehr- und Wissenstransfer-Umfeld kommt dieser Vorteil zur Geltung. Schließlich hängt zum Beispiel bei Schulungen das „Vorlesungserlebnis“ ganz entscheidend von der Videoqualität ab. Erscheint das Gegenüber in allerhöchster Qualität auf einem sehr großen Fernseher oder sogar einer Projektionsfläche, so haben die Teilnehmer schnell ein Gefühl des „Dabeiseins“. Eine Erfahrung, die kaum mit den kleinen Wackelvideos einer konventionellen Streaminglösung zu vergleichen ist. Ausgereifte HD-Videokonferenzsysteme bieten zudem die Möglichkeit, über ein portables Gerät flexibel Niederlassungen oder externe Experten in eine Konferenz oder einen Workshop einzubinden. Dazu genügt es, die HD-fähige Kamera auszurichten und die Internetverbindung herzustellen. Umständliche Konfigurationsarbeiten oder etwa Firewall-Änderungen sind nicht erforderlich. Nicht minder wichtig ist dabei auch, dass PowerPoint-Folien oder andere Präsentationsmedien problemlos auf einer „zweiten Spur“ übertragen werden können. Diese Möglichkeit erleichtert einen lästigen Wechsel zwischen verschiedenen Videoquellen oder den Kompromiss einer Bild-in-Bild-Einblendung.

Technische Einbindung

Idealerweise wird eine solche Lösung nahtlos in bestehende Raumsteuerungsysteme für Beleuchtung und Klimatisierung eingebunden. Denkbar sind zum Beispiel zwei große Videoflächen, die über eine zentrale Steuerung bespielt werden können. Schließlich soll ein solches System auch ohne Haustechniker funktionieren, der als Regisseur bei jeder Veranstaltung anwesend ist.
Während derartige Lösungen beispielsweise in den USA schon für Mitarbeiterschulungen, Standort-übergreifende Workshops und Teambesprechungen genutzt werden, stehen deutsche Firmen dem Thema eher skeptisch gegenüber. Experten sind sich jedoch einig, dass mit der nächsten Welle von Digital Natives, die mit entsprechenden Lösungen aufwachsen, zugleich eine neue Generation von vernetzten Wissensarbeitern in die Unternehmen strömt. Diese erwartet an ihrem Arbeitsplatz zeitgemäße Technik, mit der der Austausch über Fachgrenzen hinweg einfach möglich ist. Klar ist allerdings auch, dass diese Möglichkeiten nur dann ihr volles Potenzial entfalten, wenn deren Einsatz mit einer offenen Unternehmenskultur einhergeht, in die Wissensmanagementprozesse integriert und vom Management aktiv unterstützt wird.

Fazit

Gezielt eingesetzt können Videokonferenzlösungen einen erheblichen Einsatz zum Wissenstransfer in Unternehmen leisten. Unternehmen, die mit Hilfe eines HD-Systems die Verbreitung von Wissen über Abteilungsgrenzen hinweg fördern, haben jedenfalls von diesem Schritt erheblich profitiert. Nicht nur in Form von gesunkenen Reisekosten für Trainer und eigene Mitarbeiter, sondern auch durch Synergieeffekte, die Fachwissen zu einem größeren Teil der Belegschaft brachten.

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