2013/4 | Editorial |

Erfahrungswissen als nachwachsender Rohstoff?

von Oliver Lehnert

Demografischer Wandel, die sich zuspitzende Altersspirale und die bevorstehende Pensionierungswelle – die Generation 50plus wird immer größer, die nachwachsende Generation scheint dagegen fast schon verschwindend klein. Zumindest wenn es darum geht, die ausscheidenden Fachkräfte durch neue, junge Talente zu ersetzen. Der War for Talents ist folglich in aller Munde. Doch auch wenn Unternehmen auf der ohnehin schwierigen Suche nach Fachkräften erfolgreich waren, ist es mit dem simplen Austausch von Jung gegen Alt noch lange nicht getan. Denn den frischen Wind, den die nachwachsende Generation mitbringt, und all das Wissen „auf dem neuesten Stand“, sind nur die halbe Miete. Um erfolgreich zu sein, braucht es daru?ber hinaus auch Erfahrungen. Doch diese kann man eben nicht an Hochschulen lernen, sondern ausschließlich durch jahrelange Arbeit in seinem jeweiligen Metier. Unternehmen stehen folglich vor der Herausforderung, das Erfahrungswissen der ausscheidenden Mitarbeiter auf die jungen Einsteiger zu u?bertragen. Keine leichte Aufgabe, denn implizites Wissen lässt sich bekanntlich nur sehr schwer explizieren. Aber es ist nicht unmöglich, entsprechende Mittel und Wege gibt es und sie haben sich in der Praxis längst bewährt. Angefangen bei Interviews u?ber Tandem-Modelle bis hin zu videogestu?tzten Aufzeichnungen und Augmented Reality hält der Werkzeugkasten des Wissensmanagements jede Menge Tools und Konzepte bereit. Entscheidend ist es, die richtige Vorgehensweise bzw. den richtigen Methoden- Mix fu?r das jeweilige Unternehmen zu finden und diesen dann konsequent umzusetzen. Wie das in der Praxis aussieht, lesen Sie im aktuellen Titelthema ab Seite 20.

Und hat sich der Erfahrungstransfer im Unternehmen erst einmal etabliert, lässt er sich auch in anderen Situationen anwenden. Denn nicht nur die Pensionierungswelle bringt das Firmenwissen in Gefahr. Auch die immer beliebter werdenden Sabbaticals, Mitarbeiter in Elternzeit oder der Unternehmenswechsel eines erfahrenen Kollegen machen eine strukturierte Wissensweitergabe erforderlich. Gut, wer hier vorgesorgt und entsprechende Strukturen sowie Abläufe etabliert hat.

Doch da der Wissenstransfer stets auch einen immensen Aufwand bedeutet, setzen immer mehr Unternehmen in erster Linie darauf, ihre Mitarbeiter langfristig an sich zu binden. Dazu gehören unter anderem attraktive Weiterbildungsangebote, aber ebenso ein betriebliches Gesundheitsmanagement sowie Arbeitsbedingungen, die eine ausgewogene Work-Life-Balance zulassen. Auch das ist Thema in unserem aktuellen Titelschwerpunkt. Denn Wissen ist und bleibt der Rohstoff des 21. Jahrhunderts – und wenn man das Wissen mu?hsam aufgebaut hat, ist man gut beraten, es zu pflegen und zu (er-) halten. Zwar wächst Wissen auch nach, aber ehe aus einem kleinen Trieb ein ausgewachsener Baum geworden ist, dauert es bekanntlich Jahre oder gar Jahrzehnte.

Ihr Oliver Lehnert

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