2025/1 | Fachbeitrag | Künstliche Intelligenz / Robotic

Dokumentenchaos kostet Zeit und Nerven – KI schafft Abhilfe

Die hiesige Wirtschaft ist nach Angaben des Instituts der deutschen Wirtschaft (IW) mit einem Anteil von über 99 Prozent von kleinen und mittleren Unternehmen (KMU) geprägt. Diese sind insbesondere aufgrund der internationalen Konkurrenz einem hohen Wettbewerbsdruck ausgesetzt. Vor diesem Hintergrund sind sie mehr denn je gefordert, ihre dokumentenbezogenen Prozesse zu optimieren und damit ihre Effizienz zu steigern. Helfen kann dabei eine Kombination aus Dokumenten-Management-Systemen (DMS) und KI. Dafür stellt das DMS unter anderem den jeweiligen Mitarbeitern die Dokumente zur Verfügung und übernimmt deren Archivierung. KI-Modelle hingegen automatisieren Abläufe wie das Klassifizieren von Dokumenten oder das Extrahieren der darin enthaltenen Informationen.

Kriterien für die Auswahl eines DMS bzw. einer KI-Lösung

Damit KMU die Potenziale von DMS und KI optimal für sich nutzen können, gilt es bei der Produktauswahl einige Kriterien zu berücksichtigen. So sollten die Unternehmen darauf achten, dass das DMS über einen hinreichenden Funktionsumfang verfügt. Hierzu gehören vor allem eine Volltextsuche, das Erstellen von Suchfiltern, mit denen Anwender die zu bearbeitenden Dokumente mit einem Klick aufrufen können, sowie einfache Möglichkeiten, um Dokumente aus verschiedenen Quellen, wie Drittprogrammen oder E-Mails, zu importieren. Weitere Kriterien, die bei der Auswahl herangezogen werden sollten, sind ein angemessenes Preis-Leistungs-Verhältnis sowie eine einfache Installation und Bedienung.

Bei der Entscheidung für eine KI-Lösung ist vor allem darauf zu achten, dass diese performant innerhalb der vorhandenen IT-Infrastruktur lauffähig ist. So lassen sich mittlerweile neuartige KI-Modelle problemlos auf handelsübliche Server portieren. Darüber hinaus sollten Anwender in die Lage versetzt sein, die Ergebnisse der KI zu validieren und gegebenenfalls zu korrigieren. Dies fördert das Vertrauen und ermöglicht zugleich einen kollaborativen Ansatz bei der Verfeinerung der KI-Leistung. Denn durch das Feedback der Anwender lernen die KI-Modelle. Nicht zuletzt spielt der Datenschutz beim Einsatz von KI eine wichtige Rolle. Kundendaten müssen entweder durch OnPremises-Lösungen oder sichere Cloud-Strukturen jederzeit vor unberechtigtem Zugriff geschützt sein.

Einführung sorgfältig vorbereiten

Hat sich ein Unternehmen für ein DMS bzw. eine KI-Lösung entschieden, geht es im nächsten Schritt an die Einführung. Hierbei ist der „Think big, start small“-Ansatz empfehlenswert. Konkret heißt das in der Umsetzung, dass zunächst kleinere Teams gebildet werden, die fehlertolerante und dennoch arbeitsintensive Prozesse unter Einbezug von DMS und KI-Modell aufsetzen, woraufhin deren Einsatz sukzessive ausgeweitet werden kann. Wichtig ist, dass alle Beteiligten frühzeitig in die Etablierung der Lösungen einbezogen werden. Durch eine offene Kommunikation der Ziele bzw. der angestrebten Vorteile kann möglichen Widerständen – wie „das haben wir schon immer so gemacht“ – entgegengewirkt werden, bevor sie sich verfestigen. Auch etwaige Ängste um den eigenen Arbeitsplatz lassen sich so mildern. Darüber hinaus sollten den Mitarbeitern Schulungen und Unterstützung bei der Einführung angeboten werden, um Berührungsängste zu nehmen.

Weiterhin muss das KI-Modell mit einer ausreichenden Menge korrekt klassifizierter Dokumente trainiert werden. Wie groß das Volumen ist, hängt vom jeweiligen Anwendungsfall und der Heterogenität der Daten ab. Grundsätzlich gilt die Faustregel: „Je mehr, desto besser.“ Es geht aber nicht nur um Quantität, sondern auch um die Qualität der Dokumente. Wird ein KI-Modell nur mit einander sehr ähnlichen Dokumenten trainiert, dann ist es auf deren Struktur ausgelegt. Daher empfiehlt es sich, Dokumente aus mehreren Datenquellen heranzuziehen, da diese in der Regel unterschiedlich aufgebaut sind. So sollten Geschäftsdokumente von verschiedenen Kunden und Lieferanten für das Training zur Verfügung stehen.

DMS und KI in der Praxis

Am Beispiel der „Verarbeitung kaufmännischer Dokumente“, die auch in KMU in großer Zahl anzutreffen sind, werden die Vorteile der Kombination von DMS und KI deutlich. Zunächst klassifiziert die KI-Lösung eingehende Bestellungen, Aufträge und Rechnungen. Danach werden die Dokumente abhängig von ihrem Typ an die zuständigen Abteilungen weitergeleitet oder definierte Prozesse zur Weiterverarbeitung angestoßen. Parallel erfolgt die Ablage der Dokumente im entsprechenden Ordner im DMS, sodass sie allen Beteiligten zur Einsicht oder weiteren Verarbeitung zur Verfügung stehen.

Im nächsten Schritt werden die Dokumente analysiert und die benötigten Inhalte extrahiert. Innovative KI-Lösungen gehen weit über einfache OCR-Technologien hinaus, indem sie Dokumente visuell analysieren und deren Inhalte nahezu wie ein Mensch erfassen. Analog zur Klassifizierung von Dokumenten muss das KI-Modell zuvor mit zahlreichen Unterlagen trainiert werden, sodass es lernt, welche Daten in der Vergangenheit erkannt wurden. Auf dieser Basis entwickelt sich das KI-Modell weiter und kann aus neuen Dokumenten die gewünschten Inhalte zuverlässig extrahieren.

Fazit

Die Zeiten, in denen sich der Einsatz von DMS und KI-Modellen aus Kosten- und Komplexitätsgründen ausschließlich für Großunternehmen rentiert, sind längst vorbei. Dies belegen zahlreiche Praxisbeispiele, in denen KMU mit der kombinierten Anwendung von DMS und KI ihre Effizienz maßgeblich steigern konnten und sich so die Investition schnell amortisierte. Zudem lassen sich neue KI-Modelle mittlerweile ohne hohen Implementierungsaufwand und lange Projektvorlaufzeiten auf handelsübliche Server portieren. Sie stellen die extrahierten Daten in strukturierten Excel-, CSV- oder JSON-Dateien zur Verfügung, die direkt in nachgelagerte Systeme importiert werden können. Die Daten bleiben somit auf dem Server des Unternehmens und treten nicht zwangsläufig eine Reise in die Cloud an.



Der Autor:

Thomas Uber, ist CEO der ecoDMS GmbH. Das Unternehmen bietet innovative Lösungen zur Archivierung und Verwaltung von Dokumenten sowie zur intelligenten Automatisierung von Geschäftsprozessen an.

Web: www.ecodms.de

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