2021/9 | Fachbeitrag | Analytics

Der unterschätzte digitale Zwilling

Digitale Zwillinge in der Fertigung sind nichts Neues, doch damit ist ihr Potenzial bei Weitem nicht ausgeschöpft, meint der Business-Transformation-Spezialist Signavio. Mit einem Digital Twin of an Organization können Unternehmen Fertigungsprozesse in ihrer Gesamtheit optimieren.
Die Fertigungsbranche nutzt digitale Zwillinge schon lange: Als Softwaremodell stellen sie ein Produkt, ein Werkzeug oder eine Anlage in einer virtuellen Umgebung dar. Dort gewinnen Unternehmen mit Simulationen und Validierungen wertvolle Informationen zur Optimierung, noch bevor der tatsächliche Herstellungsprozess startet.

Bildquelle: (C) Gerd Altmann / Pixabay

Ein digitaler Prozesszwilling bietet Fertigungsunternehmen aber noch viel mehr. Mit dem Konzept des digitalen Zwillings können sie auch einen Digital Twin of an Organization (DTO) erstellen, der die gesamte Wertschöpfungs- und Produktionskette visualisiert, einschließlich Beschaffung, Fertigung, Lagerung, Versand oder Service. Dadurch erhalten Unternehmen ein auf Fakten basierendes Verständnis all ihrer Kernprozesse und erkennen, wie sie tatsächlich funktionieren. Darüber hinaus unterstützt ein digitaler Zwilling auch bei der Simulation von Prozessanpassungen und damit bei der Identifizierung von Automatisierungs- und Optimierungspotenzialen. Nicht zuletzt dient ein DTO auch der Nachverfolgung, Planung und Optimierung der Ressourcennutzung. Auf diese Weise können Unternehmen die Ressourcenkosten und -verschwendung deutlich reduzieren - mit positiven Auswirkungen auf das Geschäftsergebnis.

Ein DTO unterstützt Unternehmen in folgenden Bereichen:

  • Prozessmodellierung: Die Konzeption von Prozessabläufen wird durch eine präzise und umfassende Visualisierung der Soll-Prozesse in einem Softwaremodell unterstützt. Dabei spiegelt die virtuelle Darstellung Prozesse und Entscheidungen, Daten und Ereignisse sowie Ziele wider. Bei der Prozessmodellierung können auch innovative Technologien wie das maschinelle Lernen zum Einsatz kommen, um den Benutzern die Identifizierung von Verbesserungen zu erleichtern.
  • Prozessüberwachung: Durch die Messung der Performance von Herstellungsprozessen erhalten Unternehmen einen Einblick in die tatsächlichen Abläufe, das heißt in den Ist-Zustand der Prozesse. Der Geschäftsbetrieb kann anhand einzelner Ereignisprotokolle überwacht werden - also anhand digitaler Spuren für jede einzelne Aktivität. Auf Basis der gewonnenen Erkenntnisse können Unternehmen dann Anpassungen an einem Fertigungsprozess nahezu in Echtzeit vornehmen.
  • Prozess- und Aufgabenausführung: Um die Effizienz eines Prozesses zu verbessern, müssen die gewonnenen Erkenntnisse in konkrete Maßnahmen umgesetzt werden. Beispiele sind die Anpassung der Prozess-Orchestrierung oder die Optimierung bei der Prozessausführung. Unterstützung bieten dabei intelligente Algorithmen und Roboter, die Verzögerungen und Engpässe sowie die Ursachen für Produktmängel und Ressourcenverschwendung optimieren.

"Ein DTO bietet Unternehmen zentrale Vorteile", erklärt Gerrit de Veer, Senior Vice President MEE bei Signavio. "Erstens verstehen sie, wie ihre Organisation das Geschäftsmodell in Prozessen operationalisiert, zweitens können sie Prozessineffizienzen überwachen und drittens besteht die Möglichkeit, Maßnahmen zur Prozessverbesserung in Ende-zu-Ende-Prozessen zu ergreifen. Damit ist auch eine wichtige Basis geschaffen, um in einem wettbewerbsintensiven Umfeld erfolgreich zu agieren."


Der Autor:

Gerrit de Veer ist SVP MEE bei Signavio.

Diese Artikel könnten Sie auch interessieren

KI zwischen Innovation und Regulierung

WISSENplus
In der Diskussion um die Nutzung von generativer KI wird immer wieder ein Zielkonflikt zwischen Innovation und Regulierung thematisiert, die sich angeblich gegenseitig behindern. Aber ist das tatsächlich so? Auf den ersten Blick mag das stimmen, aber letztlich ist die rechtskonforme Entwicklung von KI vor allem eine Frage des richtigen Managements. Compliance-Bedenken dürfen daher keine Ausrede dafÃ...

Weiterlesen

„Risiken entstehen, wenn man nicht weiß, was man tut!“

WISSENplus
Risiken gehören zum Unternehmensalltag - ob extern oder intern, wirtschaftlich oder strategisch, rechtlich oder finanziell. Peter Drucker, Wirtschaftsvordenker und Ur-Vater des Wissensmanagements, sagte einmal "Es gibt Risiken, die einzugehen du dir nicht leisten kannst und es gibt Risiken, die nicht einzugehen du dir nicht leisten kannst!". Neben der Weisheit, das eine vom anderen zu unter...

Weiterlesen

Kollaboratives Führen als Basis für vernetztes Arbeiten

WISSENplus
Kollaboratives Arbeiten meint die Zusammenarbeit von Menschen, um gemeinsame Ziele zu erreichen. Dabei werden kommunikative Tools eingesetzt. Damit Führungskräfte mit diesen Tools ihre Teams erfolgreich organisieren können, ist der Einsatz eines kollaborativen Führungsstils erforderlich....

Weiterlesen

Wie lässt sich der Erfolg von KI messen?

WISSENplus
Generative KI kann Prozesse optimieren und innovative Lösungen bieten. Die Frage, wie erfolgreich ein Unternehmen dabei ist, gewinnt aktuell an Relevanz. Doch ohne geeignete Messmethoden bleibt der tatsächliche Nutzen oft unklar. Zeit für einen Überblick, der Ziele, Herausforderungen und mögliche Lösungen in den Blick nimmt....

Weiterlesen

To-Dos für die Digital-Agenda: 9 wichtige Punkte, die Sie jetzt in Angriff nehmen sollten!

WISSENplus
Ob Künstliche Intelligenz, hybride Cloud-Lösungen oder nachhaltige IT: In den nächsten Monaten dürften einige Trends, die sich bereits länger am Horizont abzeichnen, an Fahrt aufnehmen. Unternehmen müssen sich damit beschäftigen, wollen sie nicht vom Wettbewerb abgehängt werden. Doch welche Entwicklungen sind zu erwarten? Und welche Maßnahmen sollten Unternehmen in Sachen Digitalisierung im A...

Weiterlesen

KI im Projektmanagement: Missverständnisse versus Vorteile

Künstliche Intelligenz hat das Potenzial, Projektmanagement, wie wir es heute kennen und täglich anwenden, zu revolutionieren. Unternehmen, die KI als Chance zur Automatisierung und Verbesserung sowie wertvolle Ergänzung erkennen, können von vielfältigen Anwendungen profitieren. Voraussetzung ist eine intensive und gezielte Vorbereitung. Führungskräfte und Mitarbeitende müssen zunächst das Wi...

Weiterlesen

Künstliche Intelligenz im Wissensmanagement: Von fragmentierten Informationen zu geistigem Kapital

WISSENplus
Bei der Betrachtung der Vermögenswerte eines Unternehmens wird ein entscheidender, Aspekt oft übersehen: das gebündelte Wissen der Organisation. Die Erfahrungen, der Kontext und das Fachwissen, das Mitarbeitende über viele Jahre hinweg erworben haben, bilden eine Art "Gehirn" des Unternehmens, das sein eigenes intellektuelles Kapital trägt. Doch dieses wird oft nicht ausgeschöpft - vie...

Weiterlesen

Digitale Zwillinge: Effizient, nachhaltig, ESG-konform

WISSENplus
Zu den Kernthemen fast aller Unternehmen gehört derzeit die Nachhaltigkeit - gerade im Hinblick auf die erforderliche Umsetzung von ESG-Programmen. Ein effizientes Hilfsmittel sind dabei Digitale Zwillinge. Sie können die Etablierung nachhaltiger Prozesse unterstützen und damit den ökologischen Fußabdruck eines Unternehmens entscheidend verringern....

Weiterlesen