2017/4 | Fachbeitrag | Digitale Transformation

Der Mensch als Motor der Digitalisierung

von Markus Dohm

Inhaltsübersicht:

Digitalisierung betrifft jedes Unternehmen und jede Branche. Sie verändert alle Geschäftsmodelle – manche langsamer, manche schneller – und das bisweilen sogar radikal. Dabei gibt es auch hierzulande sehr viele gute Beispiele, wo Unternehmen darin eine Chance gesehen haben und bereits sehr erfolgreich unterwegs sind – und neue Arbeitsplätze schaffen. Trotzdem dominiert in Deutschland flächendeckend noch eher Zurückhaltung. Das spiegelt sich zum Beispiel in der eher schleppenden Arbeitsplatz-Modernisierung wider. Aber auch in der Tatsache, dass zahlreiche Berufsbilder darauf warten, endlich vom 50er Jahre-Muff befreit und der digitalen Realität angepasst zu werden. Das Bildungswesen verzeichnet ebenfalls noch deutlichen Nachholbedarf in punkto digitaler Weiterentwicklung.

Wir sollten uns klarmachen, dass die digitale Transformation zahlreiche traditionelle Arbeitsplätze bedroht und wir heute Strategien für ein erfolgreiches Morgen brauchen. Das Zentrum für Europäische Wirtschaftsforschung (ZEW) in Mannheim hat ermittelt, dass die Automatisierung Deutschland allein in der Produktion fünf Millionen Jobs kosten könnte. Experten schätzen, dass auch 50 Prozent aller Verwaltungstätigkeiten – vom Buchhalter bis hin zum Sachbearbeiter – ersetzt werden. Wir müssen dafür sorgen, dass diese Menschen in der Lage sind, mit der Entwicklung Schritt zu halten statt von ihr überrollt zu werden.

Digitale Führungskompetenzen sind dringend erforderlich

In Deutschlands Unternehmen ist Digital Leadership gefragt: Die Kompetenz, Unternehmen in jeder Phase der digitalen Transformation richtig und erfolgreich zu führen und zwar so, dass Weiterentwicklung möglich ist. Diese Weiterentwicklung umfasst nicht nur Zahlen und Produkte, sondern vor allem die Befähigung, Motivation und Kompetenzaufbau bei den Menschen, die die Wertschöpfung im Rahmen eines disruptiven Wandels erbringen.

Denn der technische Fortschritt beschleunigt sich. Und für Unternehmen, die den Anschluss an ihre Märkte nicht verlieren wollen, ist es kritisch, wenn sich einmal angeeignetes Wissen, das in Schulen, Hochschulen oder der dualen Ausbildung vermittelt wird, immer schneller entwertet. Das gilt allerdings nicht nur für Organisationen, sondern auch für das Individuum. Die Fähigkeit, sich schnell in neue Aufgabengebiete einzuarbeiten und sich ständig weiterzubilden, gewinnt zunehmend an Bedeutung – und zwar um den eigenen Arbeitsplatz nicht zu verlieren oder neue Tätigkeiten überhaupt übernehmen zu können.

Employability als Voraussetzung für den digitalen Wandel

Was in der Diskussion über Chancen und Risiken der Digitalen Transformation viel stärker in den Vordergrund rücken muss, ist das, was gemeinhin als Erhalt bzw. Aufbau von „Employability“ bezeichnet wird. Und daran haben Unternehmen – nicht zuletzt vor dem Hintergrund der demografischen Entwicklung und des Fachkräftemangels – ein vitales Interesse. Aber Employability, also „Beschäftigungsfähigkeit“, ist mehr als reine Arbeitskraft: Es geht um die Fähigkeit, mit dem beständigen Wandel so umzugehen, dass Individuum und Unternehmen davon profitieren. Mitarbeiter müssen nicht nur qualifiziert sein, sondern auch motiviert und gesund. Hier sind Unternehmen in punkto betriebliches Gesundheitsmanagement im Kontext des digitalen Wandels viel stärker in der Pflicht als früher.

Welche Auswirkungen hat die digitale Transformation auf die Gesundheit? Den Gesundheitsschutz der Arbeitnehmer und die Wettbewerbsfähigkeit des Unternehmens miteinander in Einklang zu bringen, ist eine Herausforderung. In einer Studie der Barmer Krankenkasse wird das noch einmal bestätigt: Erwerbstätige spüren den Veränderungs- und den technologischen Anpassungsdruck, sie klagen über Information Overload. Ständige Erreichbarkeit auf mehreren Kanälen – das kann zu Belastung führen. 23 Prozent der Befragten fühlen sich durch ihre Arbeit emotional erschöpft. Es gibt signifikante Zusammenhänge zwischen Digitalisierung, emotionaler Erschöpfung (Burnout) und Konflikten zwischen Arbeit und Familie. Jeder Vierte gibt an, die heutigen Arbeitsanforderungen beeinträchtigten sein Privat- und Familienleben. Das ist eine Entwicklung, die niemand will.

Den digitalen Wandel aktiv gestalten

Unternehmen, die ein betriebliches Gesundheitsmanagement etablieren bzw. es weiter professionalisieren, haben nachweislich geringe Krankenstände, auch Personalfluktuation und Abwanderung von Talenten sind relativ niedrig. Organisationen müssen lernen, Veränderung nicht nur akzeptieren, sondern den Wandel aktiv zu gestalten. Es gilt, Mitarbeitende für Chancen und Gefahren der Digitalisierung sensibilisieren und deren Selbstmanagement-Fähigkeiten zu schulen. Das kann z.B. der Lernprozess sein, in freien Zeiten digitale Abstinenz von der Arbeit zu üben. Für manch einen Chef kann das schon ein großes Zugeständnis gegenüber dem Mitarbeiter bedeuten.

Aber auch Führungskräfte benötigen Unterstützung in Bezug auf Anforderungen und Gestaltungsmöglichkeiten der Digitalisierung. Sie müssen lernen, Arbeitszeitflexibilität zu schaffen und Home-Office-Möglichkeiten anzubieten sowie auch auf die Entfernung virtuelle Teams zu führen. Nur flexible Unternehmen können Arbeitsplätze schaffen und besetzen, die durch die Digitalisierung neu entstehen. Unerlässlich ist auch eine Evolution in den Köpfen und eine Fehlerkultur, die Scheitern und Fehler auf dem Weg zum Erfolg mit einkalkuliert und verzeiht.

Lernangebote als fester Bestandteil des Arbeitsprozesses

In einem Zeitalter, in dem unternehmerische Innovationen und wirtschaftliches Wachstum primär auf Wissen, Kreativität sowie Kommunikations- und sozialen Fähigkeiten basieren, ist Innovationsbereitschaft und -fähigkeit gefragt, aber auch verstärkte Eigenverantwortung und die Offenheit für lebenslanges Lernen. Dies sind die Kerntugenden des digitalen Zeitalters. Ein Weg dorthin können arbeitsintegrierte Lernszenarien anhand motivierender Formate sein. Diese wirken im besten Fall auch psychologisch entlastend. Das bedeutet, dass Mitarbeiter genau das Wissen und die Kompetenzen zu exakt dem Zeitpunkt erhalten, an dem sie es benötigen, um neue Aufgaben zu bewältigen.

Lernangebote sollten modularer und fester Bestandteil der Arbeitsprozesse werden. Sie müssen maßgeschneidert sein und sich den Bedürfnissen von Unternehmen und Mitarbeiter anpassen. Dabei entscheidet der Wissensstand der Teilnehmer darüber, was sie lernen – Stichwort kompetenzbasiertes Lernen – und sie selbst entscheiden, wann, wie lange und wo sie lernen. Die Inhalte werden in verschiedenen Medienformaten vermittelt, vom E-Learning über Podcasts bis hin zu Gamification sowie Präsenztrainings. Das Weiterbildungsmanagement in Unternehmen erfolgt zentral und plattformbasiert, systematisch, zielgerichtet und lückenlos dokumentiert. Und: Das Wissen und Können wird von unabhängiger Seite zertifiziert. Das ist gut für den Mitarbeiter, aber auch gut fürs Unternehmen – und im Rahmen der Digitalen Transformation für beide Seiten auf jeden Fall ein Wettbewerbsvorteil.

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