2023/1 | Fachbeitrag | Best Practices
Connected Work in der Produktion
Die Digitalisierung verändert unser Leben in allen Bereichen. Während Mobile Apps, Wearables & Co. unseren Alltag stark vereinfachen, ist in der Arbeitswelt von produzierenden Unternehmen noch wenig Erleichterung angekommen. Die Digitalisierungsbestrebungen fokussierten dort stark auf die Vernetzung von Maschinen, die Einführung einer digitalen Fertigungssteuerung und vielfältige, häufig sperrige Insellösungen. So stehen operative Mitarbeiter noch immer vor der Herausforderung, ihre Informationen aus fragmentierten Lösungen mit komplexen Darstellungen häufig sogar noch aus ausgedruckten Anweisungen oder Checklisten zu beziehen. Probleme werden oft nicht rückverfolgbar, per Zuruf gelöst, Daten manuell von Papier in Excel-Files übertragen oder gar nicht erst berücksichtigt. Während Wissensarbeiter sich seit Jahren ausgefeilter Digitalisierungslösungen erfreuen, werden operative Kräfte, Werksmitarbeiter, häufig im digitalen Niemandsland allein gelassen.
Bildquelle: (C) Gerd Altmann / Pixabay
Neue Talente und alte Hasen: der Produktionsprozess braucht beides
Allerorts wird über Fachkräftemangel geklagt. Auch produzierende Unternehmen stehen unter Druck, Nachwuchskräfte zu finden. Gleichzeitig werden die Produktionsprozesse aufgrund einer steigenden Produktvariantenvielfalt stetig komplexer. Leider verbringt eine in Summe schwindende Belegschaft viel zu viel Zeit mit repetitiven, nicht wertschöpfenden und wenig sinnvollen Tätigkeiten - das frustriert die Betroffenen. Hier können digitale Tools für Abhilfe sorgen und die operativen Mitarbeiter, die für einen störungsfreien Betrieb eine zentrale Rolle spielen, stärker sinnstiftend einbinden.
Dass mehr Digitalisierung vonnöten ist, steht fest. Die jährliche Ausbildungsumfrage des Deutschen Industrie- und Handelskammertages (DIHK) unter 15.000 Unternehmen hat festgestellt, dass Digitales wichtiger denn je ist. Der Nachholbedarf zeigt sich schon an Berufsschulen, dort sei eine zeitgemäße digitale Ausstattung dringend erforderlich. Laut Bitkom setzen neun von zehn Unternehmen auf Industrie 4.0 und sieben von zehn Unternehmen sind der Meinung, dass durch Industrie 4.0 neue Arbeitsplätze für gut ausgebildete Fachkräfte entstehen werden. Doch optimale Synergien ergeben sich erst aus digitalen Skills verbunden mit jahrzehntealtem Know-how durch Berufserfahrung. Simon Jacobson, Vice President Analyst von Gartner Supply Chain Practice, weiß: "Neue Mitarbeiter sind möglicherweise technisch versiert, haben aber keinen Zugang zu Best Practices und Know-how - und festangestellte Mitarbeiter verfügen möglicherweise über das Wissen, aber nicht über die digitalen Fähigkeiten. Ein wirklich vernetzter Fabrikarbeiter in einer intelligenten Fertigungsumgebung braucht beides".
Digitalisierung als Employer-Branding-Strategie
Um dem Fachkräftemangel entgegenzuwirken und gerade auch für junge Mitarbeiter bzw. Nachwuchskräfte ein attraktiver Arbeitgeber zu sein, sollte die Digitalisierung in der Produktion ein wichtiger Bestandteil der Employer-Branding-Strategie sein. Nahezu vorbildlich setzt das beispielweise die Firma Soudronic um, ein weltweit führender Hersteller von Produktionsanlagen für Metallverpackungen mit Hauptsitz in der Schweiz. Cyril Maurer, Leiter Produktion und Prüfstand bei Soudronic, weiß: "Junge Mitarbeiter finden die Nutzung neuer Technologien spannend. Sie benötigen am Arbeitsplatz eine einfache, intuitive Systemlösung, wie sie sie aus ihrem privaten Umfeld kennen - intuitive Apps auf dem Smartphone, die in Sekunden installiert und in Minuten verstanden sind." Eine solche softwarebasierte Systemlösung hat die Unternehmensgruppe mithilfe von Operations1 realisiert und eine Connected Worker Plattform eingeführt. Diese hilft dabei, "sich auf wichtige Aufgaben wie den eigentlichen Prüfprozess und nicht die Suche nach Informationen oder das Kopieren von Daten zu konzentrieren", so Maurer. Soudronic ist sich - wie mittlerweile zunehmend mehr produzierende Unternehmen - bewusst, dass ein modernes Arbeitsumfeld heute wichtiger denn je ist, um im Wettbewerb zu bestehen.
Plattformen für operativ Arbeitende
Als "Connected Work" bezeichnet man die organisatorische, prozessuale und technologische Vernetzung von operativen, sogenannten "schreibtischlosen" Mitarbeitern. Typischerweise meint man damit anwenderzentrierte Digitalisierung für Mitarbeiter in der Produktion, Logistik oder weiteren produktionsnahen Supportprozessen. Eine Connected Worker Plattform stellt die technologische Lösung zur Realisierung dieser Vernetzung dar. Der Unterschied zu typischen Softwareapplikationen ist, dass Mitarbeiter in ein umfassendes digitales System eingebettet werden. Informationen werden kontextbasiert bereitgestellt, Mitarbeiter interagieren mit IoT-Equipment und sind in Echtzeit miteinander sowie mit Führungs- und Arbeitsplanungsebenen vernetzt. Die Software wird as-a-Service bereitgestellt, sodass Anwenderunternehmen von einer kontinuierlichen Weiterentwicklung der Lösung profitieren.
Boomender Markt für Connected Work
Laut Gartner umfasst der Markt für Connected-Worker-Lösungen bereits über 3 Milliarden Dollar pro Jahr. In den nächsten Jahren wird er sich mehr als verdreifachen, so das prominente Marktforschungsunternehmen. Dabei benennt Gartner fünf zentrale Anwendungsfälle für Connected Work, nämlich Mitarbeiterführung, Qualität und Compliance, Training und Qualifikation, Kollaboration und kontinuierliche Verbesserung. "Die Vernetzung operativer Mitarbeiter ist auf der Agenda internationaler Führungskräfte produzierender Unternehmen angekommen. Vorreiter können bereits enorme Erfolge messen, während sich ein Großteil der Unternehmen noch im Stadium Papier, ERP-Interfaces auf dem Shopfloor und fragmentierten Eigenentwicklungen befindet", sagt Benjamin Brockmann, Co-Founder und CEO von Operations1.
Während die bekannten Werkerassistenz- oder Werkerinformationssysteme lediglich kognitive oder physische Unterstützung bei Montagetätigkeiten bieten, geht eine Connected Worker Plattform weit darüber hinaus. Hier geht es um eine modular aufgebaute, auf eine ganzheitliche technologische Vernetzung der Mitarbeiter abzielende Lösung für ein breites Einsatzgebiet. Ebenso viel weitreichender sind die Vorteile einer Connected Worker Plattform gegenüber einem Werkerassistenzsystem: Zunächst steigt die Flexibilität für Unternehmen, operative Mitarbeiter einzusetzen, weil sie lediglich die Schulung für eine Software für unterschiedliche Anwendungsfälle benötigen. Gleichzeitig reduziert dies die Komplexität für die interne IT. "Die Ergebnisse unserer diversen Fallstudien mit und bei unseren Kunden zeigen eindrucksvoll, welchen Mehrwert eine Connected Worker Plattform schafft. Neben messbaren Vorteilen kann eine solche Plattform dazu beitragen, die Flexibilität in der Organisation zu erhöhen, Wissen nachhaltig zu sichern und einen Hebel zur Gewinnung neuer Mitarbeiter darstellen, da Anreize durch ein modernes Arbeitsumfeld gesetzt sind", so Brockmann.
>> Mehr Info: Der kompakte Connected Worker Plattform Guide: 7 zentrale Aspekte
>> Weitere Trends und Themen zu Geschichten und Menschen in der digitalen Fertigung im Podcast "Future-Proof Operations", den Benjamin Brockmann, Co-Founder und CEO von Operations1, hostet.