2010/8 | Fachbeitrag | Workflow Learning

Blended Workflow Learning – eine zeitgemäße Lernkultur etablieren

von Klaus Steven

Inhaltsübersicht:

 

Bei AchieveGlobal findet regelmäßig unter dem Motto „Lunch and Learn“ eine Web-Konferenz statt: Die Teilnehmer registrieren sich kurz und schmerzlos über einen Link, führen eine Systemprüfung durch – und sind mittendrin statt nur dabei: Sie lauschen den Ausführungen der Moderatoren und etablierter Experten und können sich interaktiv in Diskussionen einschalten – etwa durch einen Textchat: Frau Müller stellt eine Frage, erhält direkt vom Konferenzleiter Antwort, diskutiert im Textchat mit Herrn Schmitt und Frau Becker. Der Konferenzmoderator streut Teilnehmerbefragungen ein – die Antworten dienen dazu, auf die Teilnehmer abgestimmte inhaltliche Schwerpunkte zu setzen. Das offen-flexible Format erlaubt die schnelle Weiterbildung „zwischendurch“. 45 Minuten dauert die Konferenz – dieser Weiterbildungshappen lässt sich sehr gut in die Tagesarbeit der Teilnehmer integrieren.

 

Wie kommt das Mini-Weiterbildungsformat bei den Teilnehmern an? Dazu einige Feedbacks aus früheren Erfahrungsberichten von Web-Konferenzlern:

  • „Klasse – ich konnte neben meiner Arbeit etwas lernen – und trotzdem mal schnell als Telefon gehen.“
  • „Ich mag diese YouTubisierung, die jetzt auch in der Weiterbildung stattfindet, einfach nicht. Wahrscheinlich bin ich zu alt für Learning-Nuggets und Weiterbildung zwischen Tür und Angel.“
  • „Jede Menge Aha-Effekte – aber vieles hatte ich am nächsten Tag schon wieder vergessen. Zum Glück wurden die Inhalte dann auch noch in einem Präsenzseminar vertieft.“

 

 

Arbeits- und Lernprozesse synchronisieren

Die Teilnehmeräußerungen bündeln wie in einem Prisma die Vor- und Nachteile der Weiterbildungs-Minis und zeigen, was nottut, um ihre Effektivität zu erhöhen. Der wichtigste Punkt: Solche Formate müssen immer eingebettet sein in Blended Workflow Learning (BWL) – das ist die intelligente Kombination aus Präsenzlernen und virtuellem Lernen mit Transferanwendungen am Arbeitsplatz. Neben den klassischen Lernmethoden stehen die Miniformate und das Online-Lernen im virtuellen Klassenraum, das Lernformate wie die moderatorengestützten Live-Online-Kurse umfasst. So sind Echtzeit-Interaktionen mittels gesprochener Sprache in virtuellen Arbeitsräumen für kleinere Gruppen möglich. Der große Vorteil: Arbeitsprozesse und Lernprozesse lassen sich parallelisieren, ja synchronisieren.

 

Eine Arbeitswelt ohne synchronisierte Arbeits- und Lernprozesse ist nicht vorstellbar. These 1 zur Zukunft der beruflichen Weiterbildung lautet daher: Die Unternehmen brauchen intelligente didaktisch-pädagogische Konzepte, durch die die Kombination der traditionellen und der modernen, virtuellen Lernmethoden immer mehr verfeinert werden.

 

Eine der Teilnehmeräußerungen verweist auf einen Aspekt mit didaktischem Verbesserungspotenzial: Wie schafft es der Online-Tutor, dass sich die Teilnehmer auch ohne „Beaufsichtigung“ ganz auf das Online-Lernen konzentrieren und sich nicht nebenbei mit anderen Dingen beschäftigen?

 

BWL mit Changemanagement begleiten

Learning Nuggets – das sind kurze Lerneinheiten im Inter- oder Intranet, meistens zu eng abgegrenzten Themen. Wie auf YouTube gibt es einen kurzen Videofilm, keine zehn Minuten lang, die Konzentration gilt der Wiedergabe kleiner Informationshäppchen. Mit solchen und ähnlichen Formaten kommt die Web-2.0-Generation, kommt der YouTube-affine Mitarbeiter eher zurecht als der altgediente Angestellte, der viel Zeit im Seminarraum verbracht hat.

 

Umgekehrt gilt: Die jungen Leute haben genug von langweiligen PowerPoint-Präsentationen. Darum besagt These 2: BWL muss Rücksicht auf die – oftmals alters- und generationenbedingten – verschiedenen Teilnehmererwartungen nehmen. Was passiert mit den „technikresistenten“ Mitarbeitern, die sich nicht auf die neuen Lernformate einlassen wollen oder können? Wie holen die Weiterbildungsverantwortlichen alle Mitarbeiter bei der Einführung von BWL dort ab, wo sie stehen? Und wie lassen sich die traditionellen Lernformen modernisieren?

 

Die Konsequenz ist: Die Einführung von BWL muss mit Changemanagement begleitet und als Changeprojekt aufgezogen werden. Handfeste Belege, die zeigen, wie sich die BWL-Veränderungen positiv auf ihre Arbeitsplätze auswirken, BWL-Erfolgsstorys und technischer Support – insbesondere bei älteren Mitarbeitern – halten die Menschen davon ab, mit Widerstand und Blockaden zu reagieren. Ziel ist, dass sie moderne Medien und Lernformen wie Wikis, Podcasts, Blogs, Diskussionsforen, virtuelles Lernen, und E-Learning genauso akzeptieren wie Coaching und Seminarveranstaltungen. All diese Überlegungen münden ein in These 3: Die Unternehmen brauchen eine neue Lernkultur, die in BWL-Kategorien denkt. Dabei müssen die neuen Lernformen und Technologien den Menschen dienen – nicht umgekehrt. Mit ihnen kann flexibel auf Bedarf, Zeitplanung und Aufnahmefähigkeit des einzelnen Mitarbeiters reagiert werden.

 

Fazit

Die entscheidenden Nutzen von BWL sind: Die Mitarbeiter setzen neues Wissen und neue Verhaltensweisen direkt am Arbeitsplatz und in der gewohnten Atmosphäre um. Jeder lernt individuell und in seinem eigenen Tempo, angepasst an den Tagesrhythmus. Die Zukunft bringt die Einheit von Lernen und Arbeiten.

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