2025/8 | Fachbeitrag | Künstliche Intelligenz / Robotic

AI Distillation verständlich erklärt?

Mit AI Distillation ist die IT-Welt um ein Buzzword reicher. Kein Wunder, denn diese Technik im Bereich der KI-Modelle hat sich zu einer echten Erfolgsformel entwickelt. Aber was steckt eigentlich dahinter, wo liegen die Vorteile - und wo die Nachteile? 

Große KI-Modelle wie GPT-4.5 oder OpenAI o3 bilden die Speerspitze des technologischen Fortschritts. Die Pionierleistung kommt allerdings zu einem hohen Preis, denn die Entwicklung der State-of-the-Art-Modelle verschlingt exorbitant viel Manpower und verursacht gigantische Kosten. Die Modelle selbst belegen darüber hinaus riesige Speicherkontingente und verbrauchen enorme Rechenleistungen - und damit Energieressourcen.

Glücklicherweise löst AI Distillation einen Großteil dieser Probleme. Was versteckt sich dahinter?

  • Was ist AI Distillation?
    AI Distillation ist ein Verfahren, bei dem das Wissen großer KI-Modelle (Lehrermodelle) auf kleinere, effizientere Modelle (Schülermodelle) übertragen wird. Ziel ist es, die Leistung der großen Modelle zu bewahren und gleichzeitig Rechenaufwand, Energieverbrauch und Kosten drastisch zu reduzieren. Der Schlüssel dazu liegt in der Übernahme sogenannter weicher Vorhersagen, die nicht nur die endgültigen Entscheidungen, sondern auch die Wahrscheinlichkeiten und Unsicherheiten des Lehrermodells widerspiegeln - die kleineren Modelle lernen also nicht nur die richtigen Antworten, sondern auch, wie sicher sich das große Modell dabei ist.

  • Wo kommt AI Distillation zum Einsatz?
    Für Anwendungen in Echtzeit, auf mobilen Geräten oder in ressourcenbegrenzten Umgebungen sind große KI-Modelle wie GPT-4 oder BERT oft ungeeignet. Zudem ermöglicht diese Technik, KI-Modelle in Bereichen wie Edge Computing oder IoT-Anwendungen einzusetzen, die bisher wegen begrenzter Ressourcen keinen Use Case darstellen konnten.

  • Wie funktioniert AI Distillation?
    Der Prozess der Wissensdestillation besteht aus drei Schritten. Zuerst zeigt das große Lehrermodell, wie wahrscheinlich bestimmte Antworten bei den Trainingsdaten sind - entweder mit einem Live-Training oder aus vorher gespeicherten Ergebnissen. Danach wird das kleinere Schülermodell so trainiert, dass es diese Antworten möglichst genau nachahmt. Dabei helfen spezielle Methoden, um Unterschiede in den Vorhersagen möglichst klein zu halten. Am Ende wird das Schülermodell mit neuen Testdaten geprüft und verbessert, damit es ähnlich gut wie das große Modell funktioniert - aber sehr viel effizienter.

  • Probleme der AI Distillation
    Trotz der zahlreichen Vorteile birgt AI Distillation auch Herausforderungen. Kleinere Modelle können nicht immer die Präzision und die Nuancen ihrer Lehrermodelle abbilden, was besonders in sicherheitskritischen Anwendungen problematisch sein kann. Darüber hinaus drohen Datenschutzrisiken - schließlich sind Schülermodelle immer stark von den Daten des Lehrermodells abhängig, was auch sensible oder personenbezogene Informationen betrifft. Ohne klare rechtliche Regularien ergeben sich zudem ethische Grauzonen, etwa durch die missbräuchliche Verwendung oder den Weiterverkauf destillierter Modelle ohne Zustimmung der Rechteinhaber. Ein weiterer kritischer Punkt ist die Innovationskraft: Konzentriert sich die Entwicklung zu stark auf die reine Nachbildung bestehender Modelle, kann das die Entstehung neuer Ansätze und Technologien ausbremsen.

"Bei der Suche nach Antworten auf die zunehmende Komplexität von schwergewichtigen KI-Modellen haben wir mit der AI Distillation eine Lösung mit enormem Potenzial - die allerdings dringend rechtliche Klärung benötigt", erklärt Sebastian Seutter, Managing Partner für die DACH-Region bei HTEC. "Denn obwohl Entwürfe wie der EU AI Act richtig und wichtig sind, bewegen wir uns noch zu oft in juristischen Grauzonen, wenn es um die Replikation von Modellen geht. Dringend notwendig sind deswegen internationale Standards und Regularien, die das geistige Eigentum der Entwickler von Lehrermodellen schützen. Nur auf diesem Wege werden wir langfristig die Innovationskraft vorantreiben und gleichzeitig die Effizienz der Technologien weiter verbessern können."



Der Autor:

Sebastian Seutter ist Managing Partner für die DACH-Region bei HTEC, einem globalen Entwickler kundenspezifischer Hardware- und Softwarelösungen.

Bild: (C) HTEC

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