2021/9 | Fachbeitrag | Digitalisierung

7 Schritte für ein erfolgreiches Customer-Experience-Programm

Um ein zielführendes Customer-Experience-Programm zu entwickeln, reicht es nicht aus, eine Checkliste abzuarbeiten. Customer Experience ist kein statischer Vorgang oder eine Datenbank, sondern ein kontinuierlicher Prozess mit vielen Durchläufen und Aufgaben.

Bildquelle: mohamed Hassan / pixabay

Häufig stampfen die Unternehmen ein CX-Programm aus dem Boden und überlassen es dann sich selbst. Nur wenn es Probleme gibt, wird es hervorgeholt, um die Messkriterien zu überprüfen. Doch die Wiederholung zählt zu den elementarsten Voraussetzungen der Customer Experience. Firmen sollten Prozesse einführen, mit denen sie neue Initiativen immer wieder hinterfragen und testen.

Auch wenn die folgenden sieben Schritte vielleicht wie eine Checkliste wirken, sind sie eng miteinander verzahnt. Halten Sie sich an diese Maßnahmen und wiederholen Sie sie. Auf diese Weise können Sie nicht nur ein eigenes Customer-Experience-Programm entwickeln, sondern dieses auch kontinuierlich verbessern.

1. Programmdesign

Viele Unternehmen vergeuden Zeit und Geld mit einem schlechten Programmdesign, das sie von irgendwoher übernommen haben. Sie schrecken vor einer Änderung zurück oder wissen nicht, wie diese aussehen soll. Der erste Schritt zur Entwicklung eines erfolgreichen Customer-Experience-Programms besteht aber darin, sich so viel Zeit zu nehmen, wie für das Verständnis der Zusammenhänge nötig ist.

Mindestens einmal im Jahr sollten Sie folgende Übung durchexerzieren: Machen Sie den Kunden zum Mittelpunkt Ihrer Überlegungen und zum einzigen Gesprächsthema - er ist das zentrale Element. Diese Perspektive spielt eine wichtige Rolle, denn meistens stehen die Daten, die Umfrage oder die Verwaltung im Zentrum eines Meetings.

Stellen wir uns ein Restaurant vor: Wie ist es für die Menschen, die hierherkommen und essen? Wie fühlen sie sich, wenn sie in der Nähe des Fensters sitzen oder auf einen Tisch warten?

Zu einem schönen Restaurantbesuch gehören Musik, Beleuchtung, inspirierende Vorspeisen, erstklassige Hauptgerichte und köstliche Desserts. Sie können diese Elemente als "Projekte" innerhalb eines CX-Programms betrachten (Einladungen, Transaktionsumfragen, Feedback vor Ort, Markentracker, Beziehungsumfragen). Um diese Bereiche müssen Sie sich zwar separat kümmern, dabei aber bereits im Hinterkopf behalten, wie Sie später alle Teile zusammenbringen. Am Ende sollten Sie ein "Programm" erstellen, das größer ist als die Summe seiner Einzelteile.

Arbeiten Sie hierzu mit einer Kombination aus den von Ihnen analysierten Experience-Daten, Customer Journey Mapping und der Forschungsmethode der "teilnehmenden Beobachtung", ein Begriff aus der Kulturanthropologie. Er bedeutet, dass man sich in die Lage des Kunden versetzt, indem man selbst einer wird. Falls Sie ein Restaurant besitzen, dann essen Sie doch gelegentlich mal dort. Erleben Sie den gesamten Abend aus Gästesicht. Stellen Sie eine Reihe an Prioritäten auf und einigen Sie sich abteilungsübergreifend mit Führungskräften, CX-Profis und anderen wichtigen Stakeholdern auf gemeinsame Ziele.

Ihre erste Priorität könnte zum Beispiel sein, dass ein Kunde nicht ignoriert wird, wenn er zur Tür reinkommt (vielleicht haben Sie das ja schon mal beobachtet). Konzentrieren Sie sich auf diesen Punkt und messen sie ihn. So ermitteln Sie, wie lange Gäste warten müssen, bis sie vom Personal wahrgenommen werden.

Legen Sie zusammen Schlüsselkennzahlen fest, auf die alle Beteiligten Zugriff haben. Der Gastgeber, der Manager, der Kellner, der Koch - sie alle wissen dann, wie lange die Gäste im Durchschnitt warten müssen, bevor sie herzlich begrüßt werden.

Diese Vorbereitung entscheidet darüber, ob Sie zu den CX-Vorreitern oder zu den Nachahmern zählen.

2. Projektdesign

Beim Projektdesign müssen Sie die Grundsätze Ihres Programms auf einzelne Aktionen anwenden. Dementsprechend sollte Ihnen jedes Projekt - ob Studie oder Interview - dabei helfen, die übergeordneten Ziele Ihres Vorhabens zu erreichen und ein präziseres Profil Ihres Kunden zu erhalten. Überarbeiten Sie Ihr Projektdesign regelmäßig - ebenso wie Ihr Programmdesign.

Binden Sie jedes Umfrageprojekt in Ihre qualitative Customer Journey Map ein und arbeiten Sie mit "Listening Posts": Verbinden Sie die Mahlzeit mit Stationen, an denen Sie Informationen nebenbei aufnehmen können - es muss nicht unbedingt eine Umfrage sein. Der Kellner sollte zum Beispiel manche Dinge erfahren, ohne den Gast befragen zu müssen: Wann wurde die Bestellung aufgenommen, wann kam das Essen auf den Tisch?

So können Sie Feedback einholen, ohne den Kunden zu stören. Beispielsweise kann ein Vertriebsmitarbeiter während der Interaktion mit dem Kunden sein Feedback aufzeichnen, statt ihn hinterher mit einer E-Mail zu belästigen.

3. Stichprobendesign

Die zentrale Frage bei den Stichproben lautet: Erreicht das Unternehmen die richtige Zielgruppe? Wählen Sie sorgfältig Ihren Stichprobenrahmen aus, bevor Sie die einzelnen Projekte Ihres Programms starten. Viel zu häufig besorgen sich CX-Verantwortliche einfach eine Kundenliste und verschicken dann eine Massen-E-Mail mit Fragen, deren Antworten sie eigentlich schon kennen müssten.

Stellen Sie sicher, dass Sie sich Ihre Stichprobe im richtigen Kontext ansehen. Welche Art von Studie führen Sie durch? Was messen Sie? Sprechen Sie die richtige Zielgruppe zum richtigen Zeitpunkt an? Wann ist der beste, unaufdringlichste Augenblick, um Feedback einzuholen? CX sollte den Kunden an den natürlichen Touchpoints seiner "Reise" ansprechen.

Bleiben wir beim Restaurant-Beispiel: Wenn Sie wissen möchten, wie eine Gruppe älterer Menschen ihr Abendessen findet, sollte Sie das zu einer früheren Zeit messen, wenn Gäste aus dieser Altersgruppe Ihr Restaurant frequentieren. Falls Sie sich hingegen für das Nachtschwärmer-Publikum interessieren, wäre nach Mitternacht der richtige Zeitpunkt für die Befragung der jungen Leute.

4. Umfragedesign

Graben Sie nicht einfach Fragen aus alten Vorlagen aus, wenn Sie Ihre Umfrage entwickeln. Der Kunde merkt, dass Sie sich zu wenig Mühe geben. Orientieren Sie sich mit Ihren Fragen lieber an einem normalen Gespräch. Formulieren Sie sie aktiv, prägnant, einfach und eindeutig, dann erhalten Sie auch Antworten.

Denken Sie daran, dass die Kunden die Produkte oder Services Ihrer Firma unterschiedlich erleben. Stellen Sie deshalb Fragen, die sich auf individuelle Erfahrungen beziehen. Wenn es bei Ihrer Umfrage ein Problem gibt, sollten Sie eine Antwort darauf haben. Ein gutes Umfragedesign zeichnet sich dadurch aus, dass es auch mit dem Unerwarteten klarkommt.

5. Analytische Planung

Die analytische Planung sollte idealerweise sowohl vor als auch nach dem Umfragedesign stattfinden. Schon bevor Sie mit dem eigentlichen Design beginnen, sollten Sie sich Fragen stellen wie: Was möchte ich in Erfahrung bringen und warum? Welchen Maßstab lege ich an? Wozu werde ich diese Daten verwenden? Schreiben Sie dann einen Fragebogen, der diese Punkte beantwortet. Überprüfen Sie ihn anschließend und stellen Sie sicher, dass die Fragen im Fragebogen geeignet sind, um die Fragen im Analyseplan zu beantworten.

Nicht vergessen: Wenn Sie mit den Ergebnissen einer Frage nichts anfangen können, sollten Sie sie auch nicht mehr stellen. Die von Ihnen formulierten Fragen wirken sich direkt darauf aus, wie der Kunde seine Interaktion mit Ihrer Firma wahrnimmt.

6. Feldphase

Leider lassen CX-Verantwortliche nur zu gerne alle zuvor genannten Schritte aus und springen gleich zu diesem. Aber Sie wissen es nun besser! Bevor Sie loslegen, sollten Sie außerdem einen kognitiven Pretest in Erwägung ziehen: Mit dieser Kontrollinstanz können Sie zunächst eine kleinere Gruppe von Kunden befragen und so unerwartete Probleme ermitteln, die Ihre Ergebnisse beeinträchtigen könnten. Pretests sparen Zeit und Geld und verbessern die Datenqualität.

Überwachen Sie die Antworten aufmerksam, wenn die Umfrage begonnen hat: Wie sind sie verteilt? Öffnen die Kunden Ihre E-Mail, brechen sie die Umfrage vielleicht vorzeitig ab? Hören sie wegen einem Fehler im Design auf? Während die Umfrage läuft, sollten Sie die eingehenden Ergebnisse jeden Tag überprüfen. Verschlimmern Sie ein Umfrageproblem nicht dadurch, dass Sie es zu spät bemerken. Agiles Customer Experience Management bedeutet, in Echtzeit zu reagieren.

7. CX-Maßnahmen

Herzlichen Glückwunsch! Sie haben Ihre Studie mit Sorgfalt entwickelt, geplant und durchgeführt - und werden nun mit aufschlussreichen Daten belohnt. Aber Sie sind noch nicht fertig. Ihr Customer-Experience-Programm führt nur dann zum Erfolg, wenn es ein Handlungssystem ist. Wichtig: Ihre Daten sollten die Grundlage für dieses Handlungssystem bilden.

Wenn Ihr Unternehmen neue Initiativen ins Leben ruft, sollten Sie auch Mitarbeitern anderer Teams gut zuhören, vor allem den Kollegen mit Kundenkontakt. Sie verbringen viel Zeit mit der Kundschaft und können eine wertvolle Quelle sein, um CX-Aktionen in Echtzeit zu testen und ihre Wirkung einzuschätzen.

Wenn Sie sich die Zeit genommen haben, jeden dieser Schritte zu befolgen und sie immer wieder zu wiederholen, zeigen die Maßnahmen schon bald Erfolg.


Der Autor:

Eddie Accomando ist CX XM Scientist bei Qualtrics. Er erforscht seit 20 Jahren das menschliche Konsumverhalten und Trends am Markt. Dabei hat er einzigartige Forschungsmethoden entwickelt, mit denen sich die Beweggründe für bestimmte Entscheidungen und den Einsatz von Hightech-Produkten ermitteln lassen.

Diese Artikel könnten Sie auch interessieren

Quo vadis HR: 12 Thesen zur Zukunft der HR-Bereiche in Unternehmen

WISSENplus
In den zurückliegenden zwei, drei Jahren haben viele Unternehmen - unter anderem im Gefolge der Corona-Pandemie, des Ukraine-Krieges und des sich vollziehenden Klimawandels - existenziell erfahren: Wir leben in einer VUKA-Welt. Deshalb fragen sie sich aktuell: Wie können wir unsere Organisation fit machen für eine Welt, in der sich die Rahmenbedingungen unseres Handels immer schneller wandeln und e...

Weiterlesen

Technischer Support: Den richtigen Keilriemen findet die KI

Egal, ob Kunden beim technischen Support anrufen oder einen Service-Techniker vor Ort benötigen: Sie erwarten heute eine schnelle Lösung ihres Problems. Lange Wartezeiten am Telefon oder mehrfache Nachfrage-Anrufe frustrieren sie und sorgen für Unzufriedenheit. Kommt ein Service-Techniker zur Reparatur einer Maschine vorbei, sollte sie bei seiner Abfahrt wieder einsetzbar sein. Weitere Verzögerungen od...

Weiterlesen

Deutschland, deine Servicewüsten! Was (mangelnde) Kundenorientierung über Führungs- und Changeverhalten verrät

WISSENplus
Fragen wir Mitarbeiter und Führungskräfte nach den wichtigsten Gründen für Wohlbefinden bei der Arbeit, werden Anerkennung, Wertschätzung und Teamgeist am häufigsten genannt, gefolgt von anderen so genannten weichen Faktoren. Klar bestimmbare, anweisbare und offensichtlichere harte Faktoren wie Entlohnung, Kennzahlen, Messwerte oder technische Ausstattung kommen auf lediglich ca. 20 Prozent der ...

Weiterlesen

Agilität: Auf dem Weg zum Composable Enterprise?

Neue Marktgegebenheiten und der digitale Wandel fordern von Unternehmen mehr Anpassungsfähigkeit und Flexibilität. In diesem Zusammenhang wird immer häufiger vom Ansatz des Composable Enterprise gesprochen. Diesem Konzept zufolge bestehen Unternehmen oder auch ganze Branchen aus unterschiedlichen Bausteinen, die immer wieder neu zusammengestellt, ausgetauscht, einzeln oder insgesamt erneuert und fl...

Weiterlesen

Datenmanagement: Risikominimierung dank Data Governance

Egal, ob es um die Digitalisierung von Prozessen geht oder das Arbeiten vom Homeoffice aus: Eine klare Regelung, wem für wie lange Zugriff auf welche Daten gewährt beziehungsweise verwehrt wird, wie für die Sicherheit und Qualität der Informationen gesorgt ist und wie die Daten verwaltet werden sollen, ist kein "Nice to have" mehr, sondern ein absolutes Muss. Ansonsten drohen negative Folgen f...

Weiterlesen

Wie kreiert man sich selbst optimierende Abläufe?

WISSENplus
Der Begriff der Hyperautomation steht für die nächste Evolutionsstufe bei der Automatisierung von Geschäftsprozessen. Mit Unterstützung durch Künstliche Intelligenz werden aus teil- oder vollautomatisierten Prozessen sich selbst optimierende Abläufe oder auch wichtige digitale Ratgeber für Prozessverantwortliche. Im Gespräch mit "wissensmanagement" erläutert Johannes Keim, Partner b...

Weiterlesen

Data Loss Prevention: Datenrisiken aufspüren, Sicherheitsverletzungen verhindern

WISSENplus
Verstöße gegen Sicherheitsrichtlinien von sensiblen Daten müssen nicht immer böswillig begründet sein. Unternehmen sollten wertvolle Informationen daher einerseits wirkungsvoll absichern und andererseits nur minimal in die alltägliche Arbeit der Mitarbeiter eingreifen. Eine Data Loss Prevention (DLP)-Lösung realisiert dieses Kunststück ohne großen Aufwand. ...

Weiterlesen

Kollaborationskompetenz: Gemeinsam gelingt mehr!

WISSENplus
In einer Welt, in der sich alles miteinander vernetzt, müssen alle im Unternehmen miteinander vernetzt sein - über Ressort- und Hierarchiegrenzen hinweg. Damit das gelingt, braucht es sowohl ein kollaboratives Mindset als auch Arbeitsorte und Tools, die Kollaboration, also die produktive Zusammenarbeit zwischen Personen und Teams, möglich machen....

Weiterlesen