Studie: Verwaltungen sind offen für Wissensmanagement

Durch den demografischen und personellen Wandel verlieren die Verwaltungen in den nächsten Jahren viel allgemeines Wissen, beispielsweise Know-how über organisatorische Abläufe, sowie spezifisches Wissen, wie beispielsweise implizite Verfahrensweisen in Korrespondenz- und Verfahrensabläufen. Dies wird die Leistungsfähigkeit und Effizienz der Verwaltung erheblich beeinflussen. Mit der Einführung von Wissensmanagement lässt sich diesem Trend wirksam gegensteuern und so wird erwartet, dass Wissensmanagement die Folgen des Stellenabbaus kompensieren kann. Deshalb ist Wissensmanagement sowohl für das zentrale Personalmanagement als auch für die zahlreichen Fachabteilungen und die darin eingebetteten Prozesse von hoher Bedeutung.

Der Fachbereich Verwaltungswissenschaften der Hochschule Harz und der IT-Dienstleister Materna GmbH haben daher eine Studie zum Thema „Wissensmanagement in öffentlichen Verwaltungen“ durchgeführt. Mit folgenden Kernergebnissen:

  • Alle Verwaltungen stehen sowohl vor einer erheblichen Überalterung als auch vor einer weiteren personellen Konsolidierung. Auf Länder- und Bundesebene gehen knapp ein Fünftel der befragten Behörden (20 Prozent) davon aus, dass es in den nächsten fünf Jahren zu einem Personalabgang zwischen 21 und 30 Prozent kommen wird. Entsprechend wichtig stufen nahezu alle Verwaltungen das Wissensmanagement ein.
  • Angesiedelt ist das Wissensmanagement in den befragten Verwaltungen sehr heterogen und vor allem von der Größe der Einrichtung abhängig. Die heterogene Verortung spiegelt wider, dass Wissensmanagement an der Schnittstelle zwischen der Organisation, dem Personal und der IT angesiedelt ist. Die Herausgeber der Studie kommen zu dem Schluss, dass Wissensmanagement nicht ohne eine personelle Verantwortung verankert werden kann.
  • Die bislang eingesetzten Instrumentarien des Wissensmanagements sind in den befragten Verwaltungen flächendeckend noch überschaubar. Der organisatorische Bereich setzt verwaltungsweit am häufigsten die Instrumente der Arbeitsplatz- und Dienstpostenbeschreibungen (67 Prozent) sowie der regelmäßigen Besprechungen (62 Prozent) ein. Der Personalbereich verweist vor allem auf Fortbildungsangebote (80 Prozent), mit großem Abstand gefolgt von Verfahren beim Ausscheiden von Personal (20 Prozent). Der IT-Bereich setzt vor allem Internet-, Intranet- und Content-Management-Systeme für das Wissensmanagement ein (88 Prozent).
  • Die befragten Verwaltungen nennen vor allem drei zentrale Beweggründe zur Einführung von Wissensmanagement: der Erhalt der Qualität der Dienstleistungen, die horizontale und fachbereichsübergreifende Vernetzung sowie das Prozess- und Verfahrensmanagement.
  • Bei der Einführung bevorzugen die befragten Verwaltungen das Pilot-Modell (46 Prozent), um erste Erfahrungen später für die gesamte Verwaltung nutzbar zu machen. Generell wünschen sich die Verwaltungen vor allem Starthilfen in Form von Einführungsschulungen (59 Prozent) und strukturierter Begleitung bei der Erschließung des Themenfeldes (54 Prozent).
  • Die wichtigsten Aspekte des Wissensmanagements sind für die befragten Verwaltungen die Wissensweitergabe und die Verankerung von vorhandenem Wissen. Interessant ist an diesen Aussagen, dass die Kommunikationswahrnehmung der Verwaltungsvertreter einseitig auf die Weitergabe (85 Prozent) und weniger auf den Erwerb neuen Wissens (47 Prozent) ausgerichtet ist. Noch deutlicher abgeschlagen ist das Verständnis, unter Wissensmanagement auch eine Entwicklung von neuen Wissensbeständen zu verstehen (34 Prozent). Die Ergebnisse verdeutlichen, dass Wissensmanagement noch sehr stark als einseitige „Transportaufgabe“ von Informationen verstanden wird.
  • Die befragten Verwaltungen nennen drei zentrale Hemmnisse und Herausforderungen bei der Einführung von Wissensmanagement: ein erhöhter Arbeitsaufwand, fehlende materielle Ressourcen sowie eine zeitliche Überforderung der Mitarbeiter. Erst danach nennen die Befragten spezifische Argumente in Bezug auf das Wissensmanagement, zum Beispiel fehlende Kenntnisse oder „Wissensegoismus“. Auch den aus wissenschaftlicher Perspektive wichtigen Problempunkt der „traditionellen und hierarchischen Verwaltungskultur“ bewerten die befragten Verwaltungen zunächst als nachrangiges Hindernis.

Knapp 150 Teilnehmer aus Bund, Ländern und Städten ab 30.000 Einwohnern haben an der Online-Studie teilgenommen. Das entspricht einer Beteiligungsquote von knapp 30 Prozent der rund 510 angeschriebenen Behörden. Die Studie wurde unter Leitung von Prof. Dr. Jürgen Stember, Dekan des Fachbereichs Verwaltungswissenschaften der Hochschule Harz, durchgeführt.

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