Digitalisierung: “Viele Unternehmen sitzen auf Rohdiamanten!”

Neben dem Thema der technischen Umsetzung steht bei der Digitalisierung vor allem die Frage im Raum, wie Firmen kompetentes Personal finden – eine große Herausforderung in Zeiten des digitalen Fachkräftemangels. Ein Lösung: mehr Förderung der eigenen Mitarbeiter und Investitionen in gezielte Weiterbildung, wie Dr. Ole Mensching, Gründer der Personalberatung CareerTeam rät. Er unterstützt Unternehmen bei der personellen Umsetzung von Digitalisierungs- strategien und weiß: “Viele Chefs vertrauen ihren eigenen Mitarbeitern nicht, wenn es um die Digitalisierung geht, Mitarbeiter hingegen fühlen sich vernachlässigt. Qualifizierung schafft gegenseitiges Vertrauen, motiviert die Belegschaft – und macht so das gesamte Unternehmen fit für die digitale Zukunft.”

Viele Unternehmen setzen dieser Tage bereits auf weitreichende Strategien, um sich auf die digitale Zukunft in Wirtschaft und Industrie vorzubereiten. Von zentraler Bedeutung für den Erfolg der Transformationsbemühungen ist das richtige Personal – nicht nur in der Spitze, sondern auch und gerade in der Breite der Belegschaft. Viele Arbeitsbereiche sind heutzutage vollständig oder teilweise von der Digitalisierung betroffen und so sind die Fähigkeit und die Bereitschaft zum Wandel in der Belegschaft eine Grundlage der Zukunftsfähigkeit – dies belegt unter anderem die von CareerTeam durchgeführte CDO-Studie 2018. Die für die Untersuchung befragten digitalen Führungskräfte deutscher Unternehmen gaben an, dass fehlende Qualifikation und fehlender Wille auf Seiten der Belegschaft in knapp zwei von drei Fällen das größte Hindernis für die Digitalisierungsbemühungen von Unternehmen darstellen – noch vor dem Fachkräftemangel, den etwa 50 Prozent der Befragten als mitentscheidendes Problem sehen.

Von der Geheimwaffe zum Standardprozedere?

Für Dr. Ole Mensching von CareerTeam ist es daher nicht überraschend, dass immer mehr Firmen auf Zusatzqualifizierung ihrer Mitarbeiter setzen. Mit Weiterbildungsmaßnahmen ließen sich in Bezug auf den digitalen Wandel im Unternehmen zwei Fliegen mit einer Klappe schlagen: So bereiten Schulungen Angestellte fachlich und inhaltlich auf die kommenden Herausforderungen vor – denn die Digitalisierung wird einen Großteil aller Arbeitsprozesse und -plätze in den kommenden Jahren beeinflussen, sofern noch nicht geschehen. “Wenn Unternehmen aufgrund schlecht geschulter Mitarbeiter die Potenziale der Digitalisierung nicht nutzen können, bedeutet dies zukünftig eminente Wettbewerbsnachteile”. Zum anderen sorge Fortbildung dafür, Skeptikern die Angst vor den Ungewissheiten des Wandels zu nehmen, wie Mensching weiter ausführt: “Für viele Mitarbeiter ist die Digitalisierung ein Kulturschock, der sie mit bislang unbekannten Herausforderungen konfrontiert, was oft zu innerer Ablehnung führt. Akzeptanz und Motivation, sich dem Neuen zu stellen, erzeugt man nur durch Wissen und sich daraus ergebendem Verständnis für die Umwälzungen.” Darüber hinaus zeigen Vorgesetzte, die in Qualifizierungsmaßnahmen investieren, dass ihnen die Entwicklung ihrer Mitarbeiter wichtig ist. So können die Mitarbeiter emotional an das Unternehmen gebunden werden, denn für viele Angestellte spielt die persönliche Entwicklung eine wichtige Rolle – insbesondere bei jungen Arbeitnehmern, wie die aktuelle Millenial-Studie von Deloitte zeigt. Auch rechtlich kann die Bindung zum Unternehmen durch Weiterbildung gestärkt werden: “Firmen, die kostspielige Programme finanzieren, haben ein Recht darauf, dass die davon profitierenden Mitarbeiter anschließend für eine Mindestfrist im Unternehmen verbleiben”, so Dr. Mensching.

Qualifizierung gibt es nicht zum Nulltarif – doch es lohnt sich

Mitarbeiterbindung und -motivation, fachliche Vorbereitung auf den digitalen Wandel, Bekämpfung des internen Fachkräftemangels – drei Aspekte, die Firmen durch digitale Weiterbildung wettbewerbsfähig machen können. “Je nach Spezialisierungsgrad der Positionen erweist es sich oft als zeitlich und finanziell vorteilhaft, auf vertraute Mitarbeiter zu bauen und sie zu entwickeln, anstatt aufwendige Recruiting-Maßnahmen anzustoßen”, weiß Dr. Ole Mensching. Diesen Vorteil haben viele Unternehmen registriert, wie etwa die letzte Weiterbildungserhebung des Institut der deutschen Wirtschaft in Köln zeigt: bereits 2016 boten 85 Prozent der befragten Unternehmen Weiterbildungsmaßnahmen an und gaben dafür 33,5 Milliarden Euro aus – Tendenz steigend. Gerade kleinere und mittlere Unternehmen investierten demnach in die digitale Qualifizierung: im Schnitt gaben sie pro Mitarbeiter 15 Prozent mehr aus, als große Unternehmen und Konzerne – ein Trend, den auch die CDO-Studie 2018 von CareerTeam belegt. “Aufgrund der finanziellen Nachteile können kleinere Unternehmen ihren Bedarf an frischem, digital versiertem Personal nicht so effektiv über den Fachkräftemarkt stillen, wie zahlungskräftige Großunternehmen”, wie Dr. Mensching betont. Weiterbildung stelle an dieser Stelle ein Mittel gegen den Fachkräftemangel dar, wenngleich es sie nicht zum Nulltarif gebe: “Gutes Personal kostet – egal auf welchem Wege.”

Wie digitale Weiterbildung gelingt – und wo sie an ihre Grenzen stößt

Bei allen Potenzialen ist von der digitalen Weiterbildung jedoch nur positiver Nutzen für das Unternehmen zu erwarten, wenn konkrete Ziele bestehen, der Bezug zur Arbeit der Angestellen klar ist und die Führungsebene mitzieht und vorlebt – genau daran hakt es häufig noch, wie Dr. Mensching anmerkt: “Unsere CDO-Studie hat gezeigt, dass in mehr als jedem zweiten Unternehmen auch die Führungskräfte nicht über die erforderlichen digitalen Qualifikationen und die nötige Motivation zum Wandel verfügen zu scheinen.” Gleichzeitig zeigen aktuelle Studien, dass sich viele Führungskräfte in ihren digitalen Kompetenzen überschätzen und kaum Interesse an Weiterbildung zeigen. So lässt sich die Belegschaft nur schwer motivieren sich weiterzuentwickeln – und Potenziale werden verschwendet: “Viele Unternehmen haben digitale Rohdiamanten in ihren Büros sitzen, die es zu formen gilt und lohnt”, ist der CareerTeam-Geschäftsführer überzeugt. Gestützt wird seine Auffassung von einer Studie des Weltwirtschaftsforums, die deutschen Arbeitskräften eine gute Grundausbildung bescheinigt – eine wichtige Grundvoraussetzung für gezielte Weiterbildung.

Und dennoch gibt es Einschränkungen. So sind zusätzliche Qualifizierungsmaßnahmen nicht oder nur bedingt geeignet, um digitale Spezial- und Führungspositionen zu besetzen. Zu spezifisch sind häufig die jeweiligen Anforderungen an solche Fachkräfte, die Inhalte zu umfangreich und die Ausbildung zu zeitintensiv, um sie neben der Arbeit zu absolvieren. Für den Erfolg der digitalen Transformation im Unternehmen ist die allgemeine digitale Qualifizierung jedoch nicht zu unterschätzen: in der CDO-Studie 2018 gaben über 85 Prozent der Befragten an, dass die Schulung in allgemeinen und übergreifenden Digitalkenntnissen besonders hohe Dringlichkeit habe – sowohl für Mitarbeiter als auch für das Management.

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