Active Sourcing: Lohnt der Aufwand?

„Ja, diese Art des Recruitings lohnt sich“, fasst Marc Irmisch, Vice President General Manager bei Monster, die Ergebnisse in einem Satz zusammen. Die Bedeutung von Active Sourcing im Recruiting steigt, das ist eines der Ergebnisse der aktuellen Studienreihe des Centre of Human Resources Information Systems (CHRIS) der Universität Bamberg in Zusammenarbeit mit dem Karriereportal Monster. Ein wesentlicher Grund dafür ist die zunehmende Verbreitung von Lebenslaufdatenbanken und neue Zugriffsmöglichkeiten auf Social-Media-Plattformen, wie sie zum Beispiel von Monster basierend auf den Studienergebnissen der letzten Jahre entwickelt werden. Mit diesen stehen Unternehmen mehr und gezieltere Kanäle zur direkten Ansprache der Kandidaten zur Verfügung. Und das gerade Fachkräfte aktiv gesucht und angesprochen werden müssen, ist inzwischen unumstritten. Nicht ganz so klar ist für viele Unternehmen dagegen die Herangehensweise an Active Sourcing: „Die Studie hat ergeben, das bislang nur knapp über 17 Prozent der Unternehmen klare Prozesse für ihr Active Sourcing implementiert haben“, so Marc Irmisch. „Damit schöpfen sie die Möglichkeiten des Active Sourcing noch nicht voll aus und stecken am Ende viel Zeit in eine nur mäßig erfolgreiche Suche“, ergänzt Studienleiter Prof. Dr. Tim Weitzel vom Lehrstuhl für Wirtschaftsinformatik, insb. Informationssysteme in Dienstleistungsbereichen, der Universität Bamberg. „Dass es auch anders geht, zeigt das Beispiel IT-Branche, die diese Art der Kandidatensuche bereits aktiv betreibt, mit über 42 Prozent an Unternehmen, die dafür auf definierte Prozesse zurückgreifen. Hier hat Active Sourcing häufig sogar die klassischen Recruiting-Strategien komplett abgelöst.“

Stellensuchende und Karriereinteressierte stehen Active Sourcing positiv gegenüber. Vier von zehn Kandidaten bevorzugen die persönliche Ansprache anstelle der selbständigen Bewerbung bei einem Unternehmen. Rund 31 Prozent haben sich nach einer direkten Ansprache bei dem jeweiligen Unternehmen beworben – ein Schritt, den sie ohne diese Ansprache nicht getan hätten. Ein Fünftel der befragten Kandidaten wechselten zudem zu einem Unternehmen, das sie direkt angesprochen hatte, ohne vorher auf Stellensuche zu sein. Wenn es um die Umsetzung von Active Sourcing geht, legen Stellensuchende und Karriereinteressierte besonderen Wert auf den Bezug der Stellenkriterien zu den eigenen Fähigkeiten. Wichtig sind ihnen auch die detaillierte Beschreibung der Stelle und der Vorstellungen des Unternehmens sowie die persönliche Ansprache. Dementsprechend stehen sie standardisierten Direktanfragen ohne Bezug zu ihrer Person eher kritisch gegenüber.

Auch Unternehmen sehen im Active Sourcing einen wichtigen Recruiting-Kanal. Bei jeder dritten offenen Stelle (34 Prozent) wird die aktive Suche und Ansprache genutzt – neben der Ausschreibung. Für rund sieben Prozent der freien Stellen wird sogar ausschließlich Active Sourcing genutzt. Vorteile sehen 30 Prozent der Unternehmen dabei vor allem in geringeren Kosten verglichen mit der klassischen Stellenanzeige. Die Hälfte der befragten Unternehmen gibt allerdings auch an, dass sie die aktive Stellensuche als sehr zeitaufwendig ansehen. Ein wichtiger Aspekt dabei ist die Anzahl der Kandidaten, die zur Besetzung einer Stelle angesprochen werden müssen. Laut Angaben der 1.000 befragten Unternehmen sind das im Durchschnitt 24; in der IT 43, im Bereich Automotive 14, im Handel sogar nur sechs. Vier von zehn Unternehmen gehen zudem davon aus, dass ihre Recruiter vor dem Active Sourcing zunächst entsprechend geschult werden müssen.

Vor dem Active Sourcing sollten sich Unternehmen bzw. Recruiter mit der jeweiligen Zielgruppe eingehend beschäftigen, um die richtigen Kanäle zur Ansprache auszuwählen. Wie die Studie zeigt, besteht hier noch Optimierungsbedarf: Während Stellensuchende auf Talent-Pools, persönlichen Netzwerken oder externen Lebenslaufdatenbanken aktiv sind, präferieren Unternehmen Karriere-Events, Personalmessen sowie Foren und Blogs. Sozialen Netzwerkplattformen werden vor allem von Unternehmen eingesetzt.

Angesichts der Tatsache, dass vier von zehn Stellen schwierig oder gar nicht zu besetzen sind, führt für die Unternehmen kein Weg an Active Sourcing vorbei. „Dafür müssen die Unternehmen allerdings in einen Change Prozess gehen“, erklärt Studienleiter Prof. Dr. Tim Weitzel. „Active Sourcing lässt sich nicht mal so eben nebenbei machen. Diese Erkenntnis muss sich in vielen Unternehmen sicher erst einmal durchsetzen. Gefolgt von dem Schritt, den HR-Teams die Ressourcen zur Seite zu stellen und den Freiraum zu lassen, um die nötigen Änderungen zu etablieren.“ Stehen diese Prozesse, profitieren die Unternehmen. Das zeigt das Beispiel des Fahrzeugtechnikentwicklers BFFT, der seine hochqualifizierten Fachkräften nahezu ausschließlich über Active Sourcing findet: Allein im letzten Halbjahr 2015 konnten 186 neue Mitarbeiter eingestellt werden und zwar ausschließlich mit internen Ressourcen. Dahinter steckt ein gut strukturierter Prozess, an dessen Anfang der Sourcingmanager steht. Bei BFFT sind das Spezialisten, die nicht nur die für die jeweilige Stelle relevanten Plattformen im Netz genau kennen, sondern auch wissen, wie sie funktionieren, welche Themen gerade diskutiert werden, wie die Kandidaten angesprochen werden können und über welche „No-Go’s“ man stolpern kann.

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