2024/4 | Fachbeitrag | Künstliche Intelligenz / Robotic

Hybrid und KI-gestützt: Wie wir künftig arbeiten - und wie künstliche Intelligenz uns dabei unterstützt

von Michael Sudahl

Viele Wissensmanager arbeiten hybrid. Derzeit kommen sie im Schnitt 3,2 Tage in der Woche in Büro. Das zeigt eine Umfrage der Immobilienfirma Jones Lang LaSalle. Das soll auch so bleiben - geht es nach den Befragten. 65 Prozent der Beschäftigten in Deutschland wollen auch künftig im Office und zuhause arbeiten - wo möglich. Dabei stehen schon heute in jedem dritten Unternehmen ganze Etagen ungenutzt leer. Gleichzeitig entwickeln sich die Technik für Kommunikation und KI rasant weiter.

Bildquelle: (C) Tung Nguyen / Pixabay

Büros wollen wohnlich wirken

Wie also sieht sie aus, die neue Bürowelt im Wissensmanagement? Arbeiten wir künftig alle remote, also von zuhause oder einem Urlaubsort aus, ausgestattet mit einem KI-Co-Piloten, wie Microsoft-Chef Satya Nadella es nennt? Werden die Arbeitsplätze künftig eher Marktplätzen gleichen, die mal zum Einzelbüro, mal zur Vortragsbühne oder zum Konferenzraum umgebaut werden? "Auffällig ist, dass Büros multifunktional und chillig werden, ausgestattet mit Sitzgruppen, Schaukeln und Teeküchen wollen sie wohnlich wirken", wie Felix Pflüger von Peoplefone Deutschland beobachtet. Der Geschäftsführer des Telefonieprovider hat tausende Gewerbekunden und damit einen guten Marktüberblick.

Variable Räume für Wissensmanager

Hinzu kommt der Aspekt Nachhaltigkeit. Bürofahrten kosten Sprit und verursachen CO2. Berater, die den Weg auf sich nehmen, wollen im Büro etwas finden, dass es zuhause nicht gibt. Ruhe etwa. So finden sich immer mehr Ruhezonen zum Telefonieren oder für den Videocall. Oder Abseitsbüros, die dazu genutzt werden, ungestört und damit konzentriert an einem Text, einer Kalkulation oder einem Wissensvortrag zu feilen. Dazu gesellen sich Meeting-Räume, in denen Workshops stattfinden, idealerweise mit beschreibbaren Wänden und Kameras ausgestattet, damit Kollegen per Teams, Zoom oder Peoplefone-Meet dazugeschaltet werden können.

Coffee Badging

Doch das allein reicht noch nicht. Zumal immer mehr Chefs Mitarbeitende ins Büro zurückholen wollen. Laut der Beratungsfirma KPMG wollen unter 1300 befragten Geschäftsführern knapp zwei Drittel eine vollständige Rückkehr ins Büro - und zwar innerhalb der nächsten 36 Monate. Um das zu umgehen, schwappt aus den USA ein Trend nach Europa, der sich "Coffee Badging" nennt. Dabei erscheinen die Leute wie vorgeschrieben im Büro, um da einen Kaffee zu trinken - verlassen es aber nach kurzer Zeit wieder. Es geht darum, dem Chef die gewünschte Präsenz zu zeigen bzw. für den beorderten Arbeitstag einzustempeln.

Salon-Atmosphäre

Andererseits wird argumentiert, dass genau das Kaffeetrinken mit Kollegen, der Grund sei, um ins Büro zu kommen. Den Kontakt brauchen Mitarbeitende, um sich auszutauschen. Kurz: um kreativ zu sein. Und das verlangt geradezu nach einer Wohlfühlatmosphäre. Büros sollen Orte sein, die so einladend sind wie ein kleines Marktplatz-Café oder ein gediegener Salon in einem exquisiten Hotel. Dort kann jeder in Ruhe arbeiten oder sich mit Kolleginnen zusammensetzen und im Kollektiv Ideen entwickeln. Um die Büroetage gruppieren sich in der Quartiersnachbarschaft arbeitsferne Angebote, wie eine Gemeinschaftsküche, Musikzimmer oder Yoga- und Fitnessangebote.

Ein Zukunftsbild

Software-Unternehmen Planradar liefert auf Basis von Forschungsergebnissen eine Skizze der neuen Bürowelt - die hier ein wenig erweitert ist: Julius (45) arbeitet im Jahr 2030 in einer deutschen Firma. Dienstagmorgen fährt er zum ersten Mal in dieser Woche mit dem Fahrrad zur Arbeit (Montag und Donnerstag sind seine Heimtage). Als er ankommt, freut er sich am verwilderten Wäldchen neben dem Haupteingang. Die Firma fördert Artenvielfalt. In der Tiefgarage hängt er sein E-Bike an einen gesicherten Fahrradbügel. Früher standen hier Autos. Während der Arbeitszeit lädt der Akku auf Firmenkosten. Manche Unternehmen bieten einen Reparaturservice an - oder gleich eine Fahrrad-Waschstraße.

Share-Desk Konzept

Per App findet Julius einen Schreibtisch. Weil viele Beschäftigte hybrid arbeiten, ist das Büro kleiner als vor der Pandemie. Julius dockt seinen Laptop an eine Ladestation mit Monitor an. Auf dem Notebook ist der Client der Telefonanlage installiert. "Einen Telefonapparat gibt es nicht mehr", sagt Peoplefone-Chef Pflüger. Stattdessen hat Julius im Spint eine Transportbox. Darin liegen: Headset mit Noise-Cancelling, kabellose Tastatur und Maus sowie das obligatorische Familienfoto. Der Schreibtisch steht im Multifunktionsbüro, das mit Pflanzen bestückt ist - sie dienen als Schallschutz.

Wissen managen: KI schreibt Protokoll

Nach dem Mittagessen, das mit Bio-Gemüse von der Dachterrasse zubereitet ist, steht ein Meeting an. Auf einem digitalen Whiteboard skizieren Kollegen eine neue Strategie, die sie mit einer KI diskutieren. Das Protokoll zeichnet die künstliche Intelligenz ebenfalls auf. Anschließend trifft sich das Team in der loung-artigen Cafeteria. Ein Teil der Kollegen arbeitet ungestört in Einzelbüros, die sie ebenfalls per App gebucht haben. Hier können sie in Ruhe telefonieren und per Video konferieren. Sie alle schätzen das natürliche Licht, das in die Büros fällt. Schaut Julius hinaus, sieht er Solarzellen auf Dächern des Büroparks. Sie versorgen die Gebäude mit Strom. Es ist ein gutes Gefühl, an einem Ort zu arbeiten, der mehr Gutes als Schlechtes für die Welt tut.

Diese Artikel könnten Sie auch interessieren

Was Mitarbeiter wirklich können – und was nicht

WISSENplus
Viele Unternehmen ahnen nicht, welche ungenutzten Potenziale in ihnen schlummern: in den Führungskräften und Mitarbeitenden, in deren Kompetenzen, in den Prozessen und Abläufen, in den Führungsstrukturen. So kommt es zur Potenzialvergeudung, manchmal sogar zur Potenzialvernichtung. Und das allein aufgrund der Tatsache, dass die Entscheider in den Firmen keinen oder nur einen unzureichenden Überbl...

Weiterlesen

Kritisches Denken in Zeiten von KI-Bots & Co.

WISSENplus
Der Kompetenz zum kritischen Denken kommt aufgrund der im Digitalzeitalter stetig wachsenden Informationsfülle von mitunter zweifelhafter Güte, welche nicht zuletzt durch die sozialen Medien sowie durch auf künstlicher Intelligenz (KI) basierenden Applikationen angefacht wird, eine immer größere Bedeutung zu. Kritisches Denken sollte daher gezielt gefördert werden - und zwar sowohl an den Hochschulen ...

Weiterlesen

Kürzere Produktionsprozesse dank Automatisierung & Simulation

WISSENplus
Automation und Simulation sind die Geschäftsfelder, auf denen die Hydrive Engineering GmbH in Freital bei Dresden 15 Mitarbeiter beschäftigt. 2005 lautete der erste Auftrag für Gründer Dr. Thomas Neubert, für ein Baugerät eine Software zu entwickeln. Programmieren und Steuern von Bau-, Forst- und Landmaschinen wurden das Kerngeschäft seiner Firma. Schon bald kam das Testen von Software hinzu, w...

Weiterlesen

Wer sucht, der findet?

Wissen gibt es im Überfluss - auch und gerade in Unternehmen. Die Herausforderung besteht darin, aus dem vorhandenen Wissensbestand diejenigen Wissensbausteine zu extrahieren, die situations- und bedarfsbedingt relevant sind. Doch genau an dieser Stelle scheitert die organisationsweite Suche noch viel zu häufig. Zum einen, weil ein Großteil des Wissens schlicht und ergreifend gar nicht dokumentiert...

Weiterlesen

Automatisierung als Gamechanger für die TK-Branche

WISSENplus
Corona hat Deutschland schwer genug getroffen. Nicht auszudenken, wie es uns ohne schnelles Internet via LTE und 5G ergangen wäre: Das Web war nicht nur Kontakt zur Außenwelt und Alleinunterhalter für viele Menschen - ohne die Möglichkeit, im Homeoffice zu arbeiten, wäre vermutlich entweder die Wirtschaft oder unser Gesundheitssystem kollabiert. Die Pandemie ist gegangen, doch die Nachfrage nach ...

Weiterlesen

Mit Mitarbeiter-Profiling gegen den Fachkräftemangel?

WISSENplus
Dass der Fachkräftemangel keine Erfindung pessimistischer Wirtschaftspropheten ist, spüren nicht nur die Unternehmen, sondern auch ihre Kunden Tag für Tag. Die Verkaufsstärke leidet, die Servicequalität nimmt ab und ein prekärer Verlust an organisationalem Wissen und Innovationskraft ist zu verzeichnen. In diesem Szenario kommt es im Unternehmen darauf an, alle möglichen personellen Energien ma...

Weiterlesen

Chatten mit dem Unternehmenswissen

WISSENplus
In den vergangenen Jahren wurde bereits viel über den Einsatz von künstlicher Intelligenz (KI) für die Verbesserung einer organisationsinternen Suche berichtet. Die Anwendungsfälle solcher Lösungen reichen von der Website-Suche über die Unterstützung des Kundenservice bis hin zum Wissensmanagement. Diese Anwendungen basieren meist auf der Auswertung mehrerer Informationsquellen, müssen Zugrif...

Weiterlesen