2008/3 | Fachbeitrag | Service Desk

Wissensmanagement mit Vorher-Nachher-Effekt

von Susanne Schinz

Inhaltsübersicht:

First-Line-Support-Mitarbeiter verbringen sehr oft viel Zeit damit, wiederkehrende Probleme zu lösen. Diese Zeit kann deutlich verkürzt werden, indem sie sich wiederholende Vorfälle erfassen und beim nächsten Auftreten wieder abrufen. Dies setzt Zeit bei den First-Line-Support-Mitarbeitern frei und ermöglicht ihnen, sich auf schwierigere Fälle zu konzentrieren. Wenn der Einsatz von Spezialisten erforderlich ist, kann deren Arbeit dank Wissensmanagement auch für einen anderen Spezialisten, für Mitarbeiter des Service Desks oder sogar extern für einen Kunden archiviert und dargestellt werden. Da das am Service Desk gesammelte Wissen eng mit anderen Geschäftsvorgängen verbunden ist, kann die korrekte Anwendung von Wissensmanagement einen positiven Einfluss auf die Produkt- und Servicequalität, die Produktivität und Motivation der Mitarbeiter und andere entscheidende Faktoren haben – was in der Folge zu maßgeblichen Kosteneinsparungen im ganzen Unternehmen führt.

 

Service-Arbeit ohne Wissensmanagement: langwierig und kostenintensiv

 

Angenommen ein Kunde trifft auf ein hochkomplexes Problem, das technischen Support erforderlich macht. Wenn Wissensmanagement im Service Desk nicht eingesetzt wird, kann folgendes Szenario eintreten:

  1. Der Kunde wird zunächst versuchen, das Problem selbst durch Zugriff auf webbasierte Online-Supportseiten zu lösen.
  2. Wenn dies nicht funktioniert, wird er den Service Desk kontaktieren und mögliche Wartezeiten in Kauf nehmen.
  3. Kann der Service-Desk-Mitarbeiter das Problem nicht sofort lösen, leitet er es möglicherweise an einen Experten weiter, der bereits mit einer Reihe ähnlicher Anfragen beschäftigt ist.

Dieser Prozess dauert erfahrungsgemäß relativ lange. Der Kunde muss sich gedulden und die Service-Desk-Produktivität lässt nach. Jede Minute, die ein Mitarbeiter damit verbringt, ein Problem zu beheben, dessen Lösung im Kopf eines anderen existiert, ist eine Minute, die für die Bearbeitung anderer Anrufe verwendet werden könnte. Die Ironie dabei ist, dass die Antwort meistens schon jemand kennt, doch ohne KM ist es nicht möglich, diese sofort zu finden und sie für die Wiederverwendung verfügbar zu machen.

 

Service-Arbeit mit Wissensmanagement: Schneller, besser, kostenschonend

 

In einer vollkommen Wissensmanagement-aktiven Service-Desk-Umgebung könnten theoretisch nahezu alle unkomplizierten oder wiederholten Anfragen auf der ersten Stufe gelöst werden, z.B. durch das Aufrufen von webbasierten Support- und Informationsseiten. Dies funktioniert, wenn alle Lösungen korrekt dokumentiert, gespeichert und veröffentlicht werden, sodass relevante und autorisierte Personen diese schnell und einfach finden. Sollte ein Fehler zum ersten Mal auftreten, werden Spezialisten in der Lage sein, diesen zu beheben. Sie können die bereits von anderen Mitarbeitern geleistete und dokumentierte Arbeit verwenden und auf diese Weise viel schneller zu einer Lösung kommen. Diese wird wiederum sofort in der Wissensmanagement-Datenbank erfasst und der entsprechenden Zielgruppe zur Verfügung gestellt.

 

Dieses Vorgehen verbessert sowohl die Produktivität als auch die First-Line-Lösungsrate deutlich und steigert infolgedessen auch die Kundenzufriedenheit. Qualifizierte Mitarbeiter haben mehr Kapazität, sich um präventivere, komplexere und Zeit aufwändigere Probleme zu kümmern. Die gesamte Organisation wird effektiver und wettbewerbsfähiger – und wenn ein Mitarbeiter oder Experte das Unternehmen verlässt, bleibt sein Wissen erhalten.

 

Service-Arbeit im Wandel

 

Zu schön, um wahr zu sein? Dies mag in der Vergangenheit so gewesen sein, da Wissensmanagement-Systeme nicht eng genug in das Service-Desk-Management integriert waren. Doch die Situation hat sich maßgeblich geändert: Systeme wie die intelligente ActiveKnowledge-Businessapplikation, ein Teil der IT Business Management (ITBM)-Suite von Touchpaper, ermöglichen es den Supportmitarbeitern, Angestellten und Kunden, zeitgemäßes, wertvolles, strukturiertes und validiertes Wissen einfach aufzubauen und effektiv zu übermitteln, ohne riesige Datenmengen von Hand einzugeben und ohne sie von ihrer täglichen Arbeit abzuhalten.

 

Solche Systeme „der neuen Generation“ erfassen und erstellen Wissen aus den alltäglichen Vorgängen und Arbeiten, ohne existierende Dokumentationen erneut zu schreiben oder zu definieren. So müssen die Mitarbeiter nichts über ihre gewöhnlichen Aufgaben hinaus tun, um von Wissensmanagement zu profitieren. Damit umgehen die Organisationen eine der früheren Hauptbarrieren für die erfolgreiche Einführung von Wissensmanagement: die Mühe, die das Erstellen eines neuen Inhalts mit sich bringt, und die Tatsache, dass die Beteiligten diese Aktivität als etwas ansehen, was die Mitarbeiter von ihrer primären Funktion abhält.

 

Fazit

Unternehmen müssen die Rolle von Wissensmanagement für Service-Desk-Aktivitäten neu bewerten. Leistungsstarke Wissensmanagement-Applikationen ermöglichen den Mitarbeitern, auf einfache Weise Wissensbasen aufzubauen, die enorme Auswirkung auf die Effizienz und Effektivität der Service-Bereitstellung haben können. Die Zeitachse für den weit verbreiteten Einsatz solcher Applikationen ist voraussichtlich kurz, in der Größenordnung zwischen 12 bis 24 Monaten. Dies bedeutet, dass Organisationen, die nicht bald das Hinzufügen von Wissensmanagement zu ihren Service-Desk-Aktivitäten in Betracht ziehen, in Kürze einen beträchtlichen Nachteil im Vergleich zu ihren Konkurrenten haben könnten.

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