2001/7 | Fachbeitrag | Communities

Wissen managen heißt auch Communities managen

von Dr. Peter Schütt

Von Peter Schütt

 

 

Inhaltsübersicht:

 

 

 

 

 

Communities gewinnen im Firmenalltag

 

 

immer mehr an Bedeutung. Doch ist vielen gar nicht klar, was Communities

 

 

eigentlich sind. Oftmals wird angenommen, dass es sich dabei nur

 

 

um Benutzergruppen von gleichen Intranetseiten oder um klassische

 

 

Arbeitsgruppen handelt. Dabei ist das Wertpotenzial von aktiven

 

 

Communities für Unternehmen wesentlich größer.

 

 

 

 

In diesem Artikel wird ein neues Modell

 

 

des Autors zu Communities vorgestellt, auf dessen Grundlage es möglich

 

 

ist, je nach erforderlicher Ausrichtung entsprechende Communities

 

 

aktiv zu formieren und zu gestalten.

 

 

 

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Communities – wofür?

 

 

Communities können unterschiedliche Aufgaben in einem Unternehmen

 

 

aktiv erfüllen und sind damit in jedem Falle mehr als eine

 

 

eher passive Benutzergruppe. Da sie je nach Aufgabe sehr unterschiedlich

 

 

aufzubauen sind und Mischformen nur selten wirklich funktionieren,

 

 

muss man notgedrungen zunächst mit einer Analyse beginnen um

 

 

herauszufinden, wo die wirklichen Einsatzpotenziale von Communities

 

 

liegen. Ist es

 

 

 

  1. der unzureichende Ausbildungs- und Kenntnisstand zahlreicher Mitarbeiter, etwa nach einer Periode intensiver Neueinstellungen oder nach dem Aufbau eines thematisch neuen Bereichs?
  2. der drohende Verlust tiefen Wissens durch baldige Pensionierung oder anderweitig geplante Abgänge von Experten, gegebenenfalls auch nur durch Umorganisation?
  3. die Trägheit der Organisation in der Aufnahme neuen Wissens über neue Produkte und Verfahren mit starken regional- oder standortbezogenen Schwankungen im Wissensstand und in Folge damit auch erheblichen Unterschieden in Qualitätserzeugung und Produktivität?
  4. die für den Erfolg des Unternehmens nicht ausreichende Innovationskraft der Organisation?

 

 

 

Aus dem Bauch heraus mag es jedem Manager leicht fallen, diese

 

 

Punkte nach Prioritäten zu ordnen. Da der gezielte Aufbau von

 

 

Communities aber auch mit Kosten verbunden ist und insbesondere

 

 

viel Zeit benötigt, sind Fehlbewertungen teuer. Schon allein

 

 

deshalb ist eine professionelle Analyse als erster Schritt unabdingbar.

 

 

Zudem ist es gar nicht so selten, dass alle vier Punkte als relevant

 

 

empfunden werden. Dies erfordert dann auch vier parallele Lösungen

 

 

und nicht etwa nur eine alles übergreifende.

 

 

 

schuett1 picture
Das Ergebnis einer Soll-Ist-Analyse. In diesem Beispiel liegt das größte Problem bei der Wissenserhaltung nach Abgängen von Personen, z.B. durch Altersruhestand.

 

 

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Dem Zufall überlassen?

 

 

 

Als informelle Netzwerke gibt es in jedem Unternehmen eine ganze

 

 

Reihe von natürlich entstandenen und gewachsenen Communities.

 

 

Nur leider agieren sie im Verborgenen und werden nicht nach Firmeninteresse

 

 

gesteuert. Trotzdem sind sie wesentlicher Garant des Unternehmenserfolgs.

 

 

 

 

Erst in jüngerer Zeit ist es mit zunehmender Leistungsfähigkeit

 

 

von PCs möglich, mit so genannten Organisations-Netzwerk-Analysen

 

 

(ONA) diese verborgenen Communities, die in mancher Hinsicht, nur

 

 

nicht in der kriminellen, mehreren Mafias im Unternehmen gleichen,

 

 

sichtbar zu machen [1]. Ihr großer Vorteil

 

 

ist, dass Wissen in ihnen auf der Basis von Vertrauen ohne Barrieren

 

 

ausgetauscht wird – und das zum Teil über etliche Hierarchieebenen

 

 

hinweg.

 

 

 

 

In diesen ONA liegt viel Sprengstoff. In fast allen Projekten,

 

 

in denen wir diese Methode benutzten, hatten uns die Manager immer

 

 

wieder bestätigt, dass sie wüßten, "wie der

 

 

Hase läuft". Nur weichen die Ergebnisse fast immer deutlich

 

 

davon ab. Zum Sprengstoff wird das Ergebnis aber, wenn man es missbraucht,

 

 

etwa um Personen, die als Kommunikationsinseln enttarnt werden,

 

 

herabzustufen oder zu entlassen. Ein solcher Missbrauch schädigt

 

 

das Vertrauensklima eines Unternehmens auf lange Zeit nachteilig.

 

 

 

 

 

 

 

Eine andere Form des Missbrauchs ist die zunächst naheliegende

 

 

Idee, die so aufgedeckte informelle Organisation zur offiziellen

 

 

Organisation zu machen. Das verkennt aber die unterschiedliche Aufgabenstellung

 

 

beider Organisationsbestandteile und zerstört die lebenswichtige

 

 

informelle Organisation. Ein fataler Fehler. Es spricht jedoch nichts

 

 

dagegen, den informellen Strukturen Aufgaben zuzuweisen, was sie

 

 

zwar auch teilweise aus ihrem Dasein in der Verborgenheit herausholt,

 

 

aber ihre Belastbarkeit nicht überfordert.

 

 

 

schuett2 picture
Beispiel eines Auszugs einer Organisations-Netzwerk-Analyse. Deutlich wird u.a., wie die Bereiche miteinander und untereinander kommunizieren. Auffallend ist auch, wer die eigentlichen Wissensvermittler sind, wie etwa Torsten im Bereich Neuentwicklungen.

 

 

 

Ein wesentlicher Bestandteil eines Wissensmanagements ist nun,

 

 

gerade die Möglichkeiten der verborgenen Strukturen auszunutzen,

 

 

sie also mit aller Vorsicht professionell zu managen anstatt sie

 

 

sich amateurhaft selbst zu überlassen! Dies ist der Ausgangspunkt

 

 

zum Aufbau von aktiv arbeitenden Communities.

 

 

 

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Das C4+1-Community-Modell

 

 

 

Hat man in der Analysephase ein entsprechendes Defizit erkannt,

 

 

kann man daran gehen, gegenwirkende Communities aufzubauen. Die

 

 

Kriterien, wie solche Communities zu gestalten sind, hängen

 

 

wesentlich von ihrer Zielrichtung ab. Dabei unterscheiden sich die

 

 

Communities fundamental in den Faktoren:

 

 

 

  • Größe (Anzahl der Beteiligten)
  • wesentlich benutzte Wissensart (still oder explizit)
  • Grad möglicher IT-Unterstützung
  • zeitlicher Verlauf

 

 

 

 

 

schuett3 picture
Das C4+1-Community-Modell zeigt, wie die Ziele einer Community die Designkriterien festlegen. (Der externe +1-Teil ist hier nicht dargestellt.)

 

 

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Die Lern-Community

 

 

 

Eine Lern-Community bedarf unter dem Community-Aspekt keiner besonderen

 

 

Vorbereitung. Grundlage ist in der Regel ein selbst oder vom Manager/Projektleiter

 

 

identifiziertes Skills-Defizit, auf dessen Basis sich die Gruppe

 

 

dann als Zufallsgruppe zusammenfindet. Als zentrale Person in der

 

 

Community tritt als Wissensvermittler ein erfahrener Kollege, ein

 

 

professioneller Dozent oder ein externer Berater auf, wobei diese

 

 

Rolle auch auf mehrere Personen verteilt sein kann. Organisiert

 

 

werden kann das Ganze abhängig von der Komplexität des

 

 

Stoffes als eine Abfolge von Klassenraumkursen oder auch als E-Learning

 

 

über das Intranet. Die eigentliche Community entsteht erst

 

 

im Laufe des gemeinsamen Lernens, wenn man Vertrauen aufgebaut hat

 

 

und anfängt, sich gegenseitig zu helfen.

 

 

 

 

In der Regel zerfällt die Community nach Beendigung des Lernprogramms

 

 

mehr oder weniger schnell. Einzelne Beziehungen bleiben aber oft

 

 

über viele Jahre bestehen, womit jeweils eine neue Beziehung

 

 

in einem informellen Netzwerk im Unternehmen geschaffen wird. Gemeinsame

 

 

Lernerfahrungen sind als vertrauensbildende Maßnahme ein ausgezeichnetes

 

 

Mittel, in bestehende informelle Netzwerke integriert zu werden.

 

 

 

 

Komplizierter wird es, wenn es kein vorbereitetes Lernmaterial

 

 

bzw. keinen im Thema erfahrenen Kursleiter gibt, wenn also die Inhalte

 

 

innerhalb der Community selbst erarbeitet werden müssen. Dann

 

 

entspricht der Community-Typus eher der Innovations-Community.

 

 

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Die Informationsnutzungs-Community

 

 

 

Bei dieser wohl am häufigsten zu findenden Art von Community

 

 

handelt es sich weitgehend um die klassische Benutzergruppe, die

 

 

gemeinsam Information zu einem Thema nutzt. Aus operativer Sicht

 

 

des Unternehmens geht es darum, überwiegend fachliche Information

 

 

möglichst schnell, effizient und so breit wie notwendig zu

 

 

verteilen. Deshalb ist der Informationsfluss im Wesentlichen "outbound":

 

 

eine zentrale Stelle, oftmals relativ anonym, sammelt oder erstellt

 

 

Information, die im Intranet abrufbar ist. Der Kommunikationskanal

 

 

ist überwiegend dokumentenzentriert und beschränkt sich

 

 

auf explizites Wissen. Oft fällt in diesem Zusammenhang der

 

 

Begriff der Wissensdatenbanken, die über das Intranet abrufbar

 

 

sind. Ersteller kann jedes Community-Mitglied sein. In dem Fall

 

 

gibt es normalerweise ein Redaktionsteam, das einlaufende Wissensbausteine

 

 

(Texte, Präsentationen usw.) bewertet, überarbeitet, verbindet

 

 

usw.

 

 

 

 

Die Schwierigkeit dabei ist dreiteilig: zum einen die Inhalte zu

 

 

bekommen, dann die Community zum Nutzen der Inhalte anzuregen und

 

 

nicht zuletzt zu ermöglichen, dass die Inhalte überhaupt

 

 

verstanden und verinnerlicht werden. Praktisch versucht man, Mitarbeiter

 

 

über Anreizsysteme (Webmiles, Bonuspunkte, Prämierung

 

 

besonderer Beiträge usw.) dazu zu bewegen, ihr stilles Wissen

 

 

zu dokumentieren, was schon vom Prinzip her nur teilweise gelingen

 

 

kann [2].

 

 

 

 

Sogar bei der Wiederverwendung gibt es ähnliche Probleme,

 

 

denn Information zu lesen, heißt nicht, sie auch zu verstehen.

 

 

Außerdem tritt nicht selten der Effekt ein, dass Mitarbeiter

 

 

bestimmte Information gar nicht annehmen wollen. So betonte John

 

 

Seely Brown, bis zu seiner Pensionierung Direktor bei Xerox Parc,

 

 

kürzlich auf einem Arbeitstreffen des Institute for Knowledge

 

 

Management zu Recht, dass man "Zustimmung durch Reden und Aktionen,

 

 

aber nicht durch Dokumente erreicht".

 

 

 

 

Soweit die Ist-Aufnahme. Nach dem hier vorgestellten Community-Design-Modell

 

 

gelten folgende Schritte beim Aufbau einer Informationsnutzungs-Community:

 

 

 

  1. Identifikation eines geschäftsrelevanten Themas, in dem erhöhter Informationsbedarf besteht
  2. Definition notwendiger Prozesse und Rollen, u.a. des Redaktionsteams, inklusive Besetzung der Rollen
  3. Gewinnung einer kleineren Gruppe von Themenexperten, die Initialbeiträge leisten
  4. Öffnung der Wissensdatenbank bzw. des themenbezogenen Intranetportals
  5. interne Werbung mit strengem Bezug zum Mehrwert für den Einzelnen und das Unternehmen
  6. Definition eines indirekten Mess-Systems, das von der Eigenständigkeit der Mitarbeiter ausgeht und damit deren Nutzerverhalten als wichtigstes Kriterium annimmt
  7. Ausarbeitung und Umsetzung von Anreizsystemen (Diese sind anfänglich, mit dem Schwerpunkt ‘Aufmerksamkeit erwecken‘, anders aufzusetzen als auf Dauer, mit dem Schwerpunkt ‘inhaltliche und laufbahnbezogene Werte herausstellen‘.)

 

 

 

Der Vorgang ist ähnlich dem einer Markteinführung einer

 

 

neuen Zeitschrift: Thema, Aufmachung, Inhalte und Werbung müssen

 

 

stimmen, um Anfangserfolge zu erzielen. Später verschieben

 

 

sich die Gewichte noch mehr in Richtung Inhalt, um Stammpublikum

 

 

zu binden. Für die Informationsnutzungs-Community bedeutet

 

 

dies, dass ein 100%-iger Outbound-Kanal langfristig nicht erfolgreich

 

 

sein kann. Stattdessen müssen die Kundeninteressen, also die

 

 

Interessen der Community-Mitglieder, sorgsam beachtet werden.

 

 

 

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Die Wissenserhaltungs-Community

 

 

 

Ein klassisches Problem von Forschungs- und Entwicklungsabteilungen

 

 

(aber nicht darauf begrenzt) mit ihrem komplexen, abstrakten Tiefenwissen

 

 

entsteht beim Weggang von Top-Experten. Ist dieser Weggang geplant,

 

 

etwa bei einer bevorstehenden Pensionierung, kann man einen wichtigen

 

 

Teil dieses Wissens über eine Wissenserhaltungs-Community für

 

 

die Organisation bewahren.

 

 

 

 

Das Verfahren hierzu ist von Max Boisots i-Cube [3]

 

 

abgeleitet, der als dritte Dimension neben dem Zustand des Wissens

 

 

(still oder explizit) und dem Ausbreitungsgrad den Abstraktionsgrad

 

 

des Wissens mit einführt.

 

 

 

 

Der Trick ist, um den Experten für einige Zeit eine kleine

 

 

Gruppe von Fachkräften zu konzentrieren. Diese Gruppe muss

 

 

sorgsam ausgewählt sein, da die Wissensweitergabe des überwiegend

 

 

stillen Wissens nur über die Freiwilligkeit des Experten erzielt

 

 

werden kann. Jemand, den der Experte nicht mag, etwa sein langjähriger

 

 

Konkurrent in der Laufbahn, ist in der Community absolut störend.

 

 

 

 

Die Community wird im Idealfall sehr schnell eine Subsprache ausbilden,

 

 

die Außenstehende nicht verstehen. Diese beinhaltet mit der

 

 

Zeit immer mehr Sprachelemente mit viel implizitem Wissen, mit denen

 

 

der hohe Abstraktionsgrad handhabbar wird. Verkürzt gesagt,

 

 

reicht es dann, wenn der Experte am letzten Tag die wichtigsten

 

 

Begriffe dokumentiert. Die Community hat über die Subsprache

 

 

als Speichermedium des Expertenwissens weiterhin Zugang zu diesem

 

 

Wissen, auch wenn der Experte die Firma bereits verlassen hat. Das

 

 

Wissen ist also Organisationswissen geworden.

 

 

 

 

Die Größe einer solchen Community ist durch die gewünschte

 

 

Reduzierung der Abstraktion begrenzt. In der Praxis sind es also

 

 

kleine Communities von vielleicht 3 bis 10 oder 12 Personen. Je

 

 

größer die Community ist, desto mehr Zeit wird benötigt.

 

 

Sollten aber in einer sehr kleinen Community per Zufall nur Personen

 

 

sein, die keine ausreichende Begabung im Thema haben, so ist der

 

 

Erfolg auch gefährdet.

 

 

 

 

Um Verwechslungen vorzubeugen: Natürlich gibt es Ähnlichkeiten

 

 

zur Lern-Community, denn die Community lernt zwangsläufig von

 

 

dem Experten. Die primäre Zielrichtung ist aber eine ganz andere:

 

 

nicht die Community-Mitglieder zu befähigen, sondern das Wissen

 

 

des Experten zu konservieren. Das kann wegen der Komplexität

 

 

im Wesentlichen nur über den Austausch von stillem Wissen gehen,

 

 

womit die IT-Unterstützung hierbei praktisch unbedeutend ist.

 

 

Damit ist der Weg ein ganz anderer.

 

 

 

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Die Innovations-Community

 

 

 

Aus einer sehr aktiven Informationsnutzer-Community kann eine Innovations-Community

 

 

werden, wenn sie neben dem Outbound-Kanal auch einen Inbound-Kanal

 

 

aufbaut. Natürlich kann man solche Innovations-Communities

 

 

auch direkt aufbauen.

 

 

 

Beim Thema Innovation steht stilles Wissen im Vordergrund. Die

 

 

Hemmschwellen, sich mit neuen Ideen zu blamieren, sind viel zu hoch,

 

 

als dass man Datenbanken zum Einsammeln nutzen könnte. Denn

 

 

Datenbanken können nun einmal kein fein abgestuftes direktes

 

 

Feedback geben wie ein menschlicher Zuhörer in einem Gespräch.

 

 

Tom Allen hat herausgefunden, dass sich Ingenieure selbst beim wesentlich

 

 

einfacheren umgekehrten Weg, bei der Suche nach Information, fünfmal

 

 

eher an Personen als an Datenbanken wenden [4].

 

 

 

 

 

 

 

Bei der Innovations-Community geht es zunächst darum, den

 

 

gewünschten Innovationsbereich grob festzulegen, womit der

 

 

Themenrahmen der Community eingegrenzt ist. Das geschieht am besten

 

 

durch den Sponsor. Sie oder er ist in der Regel ein Manager weit

 

 

oben in der Firmenhierarchie, der für die Innovations-Community

 

 

unter anderem eine Art Aufsichtsrat darstellt und wichtiger Faktor

 

 

zum Thema Motivation sein kann.

 

 

 

 

Sodann bietet es sich an, grob den Kreis der Themenexperten zu

 

 

identifizieren, wobei das keinesfalls auf einen – vielleicht

 

 

"zuständigen" – Bereich begrenzt sein muss.

 

 

Alle Experten sollten jederzeit willkommen sein. In diesem Kreis

 

 

ist dann eine Organisations-Netzwerk-Analyse durchzuführen

 

 

um herauszufinden, wer die natürlichen Knotenpunkte des Wissensaustausches

 

 

sind. Anhand der Ergebnisse lassen sich leicht ein geeigneter Community-Leiter

 

 

und sein engeres Team – je nach Gewichtung, Aufgabenstellung

 

 

und Detailorganisation auch Kernteam oder Center of Competence genannt

 

 

– auswählen.

 

 

 

 

Absolut wichtig ist, dass die real vorhandene Barriere "Wissen

 

 

ist Macht" so wenig wie möglich zum Tragen kommt. Die

 

 

ONA zeigt, bei welchem Personenkreis das potenziell am wenigsten

 

 

Einfluss hat. Trotzdem ist wichtig, dass die zentralen Mitglieder

 

 

freiwillig mitmachen, weil nur dann der Wissensfluss wirklich auf

 

 

natürlicher Basis und ohne – sowieso nicht funktionierendes

 

 

– Anreizsystem zustande kommt.

 

 

 

Wollen später weitere Personen in das Kernteam aufgenommen

 

 

werden, so sollten zwei Kriterien angewandt werden:

 

 

 

  • Was weißt Du vom Thema ? – Im Kernteam kommt es auf Expertenwissen an.
  • Wer gehört zu Deinem Netzwerk? – Im Kernteam sind anerkannte Multiplikatoren eher erwünscht als Einzelgänger.

 

 

 

Darüber hinaus ist bei der Besetzung darauf zu achten, dass

 

 

alle relevanten Funktionen und Themenfelder grob abgedeckt sind.

 

 

 

 

Die Aufgabe des Kernteams ist nun, die Community zu lenken. Dazu

 

 

gehört als wichtige Nebenaufgabe das Steuern des Informationsflusses

 

 

durch die Community etwa mittels einer Wissensdatenbank, eines Newsletters

 

 

oder eines Intranetportals. Im Zentrum steht aber etwas anderes:

 

 

das aktive Einsammeln und Managen von innovativen, geschäftsrelevanten

 

 

Ideen. Das ist keinesfalls mit einem Vorschlagswesen zu verwechseln

 

 

und bedarf subtiler Steuerungsmechanismen.

 

 

 

Ein Zitat aus einer mir unbekannten Quelle besagt, dass "Innovation

 

 

nur am Rande des Chaos stattfindet". Schon ein Brainstorming

 

 

gibt ein Thema vor und ist damit zu einengend, um Basisinnovationen

 

 

hervorzubringen. Es ist aber sehr wohl ein geeignetes Mittel, eine

 

 

identifizierte Grundlagenidee anzureichern. Zwei Dinge, jeweils

 

 

vom Kernteam der Innovations-Community organisiert, haben sich in

 

 

jüngerer Zeit als besonders erfolgreich erwiesen:

 

 

 

  • Ein realer Wissensmarkt, also eine spezielle Art von Konferenz, bei denen die Teilnehmer ihr vermeintlich relevantes Wissen ausstellen und per Gespräch Vertiefung anbieten – ein klassischer Austausch von stillem Wissen. So etwas kann potenziell auch über das Intranet organisiert werden, zeigt dann wegen der fehlenden Austauschbarkeit von vertrauensbildender Sozialinformation und direktem Feedback aber deutlich weniger Effizienz.
  • Eine Wissenskonferenz, deren Anreiz zur Teilnahme normale Vorträge sind, deren besondere Komponente aber lange, gesteuerte Pausen sind. Pausen, in denen sich fachliche Experten ungezwungen austauschen können, sind eine idealchaotische Umgebung, die extrem viele innovative Ideen hervorbringt. Diese aufzunehmen, ist wiederum Aufgabe des Kernteams.

 

 

 

Solche Konferenzen zu veranstalten, ist je nach Dynamik des Wissensfeldes

 

 

etwa zweimal im Jahr sinnvoll. Wichtig ist für beide Arten,

 

 

dass sich nicht immer die gleichen Personen treffen, weil nur immer

 

 

wieder neue Sichtweisen und Ideen die Attraktivität (und Effektivität)

 

 

hoch halten. Somit trifft sich immer nur ein wechselnder Ausschnitt

 

 

der Community. In der Praxis hat sich ein grober Drittelmix bewährt:

 

 

eine Gruppe um das Kernteam, die immer dabei ist und die Kontinuität

 

 

gewährleistet, eine Gruppe, die schon mal dabei war, und eine

 

 

Gruppe von Erstbesuchern [2].

 

 

 

 

Die so vom Kernteam zusammengetragenen, neuen Ideen müssen

 

 

in der Regel angereichert und verdichtet werden und letztlich muss

 

 

der Sponsor Geld zur Umsetzung in Produkte und Angebote bewilligen.

 

 

 

 

Es dauert etwa 1 bis 2 Jahre, bis das Kernteam einer Innovations-Community

 

 

von einer eher passiven, einsammelnden Rolle in eine zusätzliche

 

 

proaktive Rolle wächst. Dann kann ein umfassendes Angebotsportfolio

 

 

definiert und gesteuert werden, das sich mit der Zeit dynamisch

 

 

verändert und immer wieder Lücken aufweisen mag. Dabei

 

 

fließen auch Wettbewerbs- und Analysteninformationen ein.

 

 

Das Füllen der Lücken ist ein aktiver, klassisch-projektartig

 

 

organisierter Vorgang, in den immer wieder Ideen aus den Wissenskonferenzen

 

 

einfließen. Die Innovations-Community wird zu einer tragenden

 

 

Säule des Geschäftserfolgs.

 

 

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Und es gibt noch eine...

 

 

 

Diese vier Arten von Communities sind interne Communities, die

 

 

innerhalb einer Supply Chain auch mehrere Unternehmen überdecken

 

 

können. Darüber hinaus gibt es eine weitere, immer wichtiger

 

 

werdende Community, die ganz anderen Gesetzmäßigkeiten

 

 

folgt und deren Bedeutung insbesondere mit dem E-Commerce immer

 

 

weiter ansteigt: die Kunden-Community über das Internet.

 

 

 

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Literatur

 

 

 

[1] Krackhardt, David/Hanson, Jeffrey R.: Informal Networks: The

 

 

Company. Harvard Business Review July-August 1993.

 

 

 

[2] Schütt, Peter: Wissensmanagement. Neuhausen 2000.

 

 

 

[3] Boisot, Max: Knowledge Assets – Securing Competitive

 

 

Advantage in the Information Economy. Oxford University Press 1998.

 

 

 

 

[4] Allen, Tom: Managing the Flow of Technology. Cambridge, MA:

 

 

MIT Press 1977.

 

 

 

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Seitenblick

 

 

 

In Teil 1 seiner Community-Trilogie, "Communites

 

 

– die Zukunft der Unternehmensorganisation?", hat

 

 

der Autor die Bedeutung von Communities in der modernen Organisation

 

 

eines Unternehmens dargestellt.

 

 

 

 

In Heft 4 Juli 2001

 

von wissensmanagement –

 

Das Magazin für Führungskräfte wird das Thema Community

 

unter dem Gesichtspunkt der Kundenbindung via Intranet weiterverfolgt.

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

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