2016/6 | Editorial | Leadership 2.0

Bleibt alles anders?

von Oliver Lehnert

Führung ist komplex … und in Zeiten des permanenten Wandels mitunter auch kompliziert. Aber im Grunde ist das nicht neu. Zwar ändern sich die Herausforderungen – früher kämpfte man mit den Neuerungen der Industrialisierung, heute ist es die Digitale Transformation, die die Unternehmenslenker umtreibt. Im vergangenen Jahrhundert waren es die Baby Boomer, die alle bisherigen Mitarbeitertugenden – vermeintlich – auf den Kopf stellten, jetzt sind es die Generationen Y und Z, die ihre Einstellung zum Beruf neu definieren. So gab es also schon immer verschiedene Ebenen und noch mehr unterschiedliche Mitarbeiter-Individualitäten, die die moderne Führungskraft im Blick haben musste. Aber was ist dann heute anders? Warum soll sich Führung neu definieren? Und: Muss sie das überhaupt?

In einer immer schnelllebigeren Gesellschaft mit zunehmend kürzen Halbwertzeiten von Produkten und Dienstleistungen, von Wissen und Information, steigen die Anforderungen an eine moderne Führung derzeit immens. Der Mitarbeiter – und mit ihm sein Wissen – wird zum wertvollsten Gut. Es gilt also mehr denn je, um sein Personal zu kämpfen. Doch auch die Unternehmensvision muss im Blick behalten werden. Und die Digitalstrategie. Ebenso der Wettbewerb. Nicht zu vergessen, die vielen Start-ups, die auf den Markt drängen und selbst alteingesessenen etablierten Branchenriesen riskant werden können. Hinzu kommen die Globalisierung, der demografische Wandel und der technische Fortschritt. Aufgaben werden mehr und mehr in Projekten erledigt. Die Teammitglieder fordern weitgehende Mitspracherechte. Kommunikation soll auf Augenhöhe erfolgen – und am besten 24 Stunden pro Tag, sieben Tage pro Woche. Mit den Werkzeugen des Social Webs überschreiten wir Zeit- und Ländergrenzen. Privat- und Berufsleben vermischen sich zunehmend. Und mit all diesen Facetten steigen auch die An- und vor allem Herausforderungen an die Führungskräfte.

Doch was macht sie nun aus, die „moderne“ Führungskraft? Sie muss die Fäden in der Hand halten. Sie soll agieren, nicht nur reagieren – und für jede mögliche Situation gewappnet sein. Der Hamburger Politiker Ingo Kleist soll einst gesagt haben, die ideale Führungskraft brauche: „die Würde eines Erzbischofs, die Selbstlosigkeit eines Missionars, die Beharrlichkeit eines Steuerbeamten, die Erfahrung eines Wirtschaftsprüfers, die Arbeitskraft eines Kulis, den Takt eines Botschafters, die Genialität eines Nobelpreisträgers, den Optimismus eines Schiffbrüchigen, die Findigkeit eines Rechtsanwalts, die Gesundheit eines Olympiakämpfers, die Geduld eines Kindermädchens, das Lächeln eines Filmstars und das dicke Fell eines Nilpferds.“

Dem ist im Grunde nichts mehr hinzuzufügen. Bleibt nur noch zu sagen, dass all diese Tugenden nicht greifen, wenn die Führungskraft in ihrem Schaffen und Wirken nicht authentisch bleibt. Denn wer sich im Dienste seines Führungsauftrags nicht treu bleibt, der kann seine Mannschaft nicht mitreißen. Und genau dieser Aspekt ist es, der in Zeiten der permanenten Veränderung zählt.

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