2001/5 | Editorial | Wissensmanagement

Treten Sie ein in den Wissensgarten!

von Dr.-Ing. Wolfgang Sturz

Portale sind Tore, Internet-Portale oder Unternehmensportale sind Tore zu einer unbekannten Wissenslandschaft. Wie sieht diese Landschaft aus? Ist diese Wissenslandschaft ein Irrgarten wie in den Herrenhäuser Gärten in Hannover oder handelt es sich um eine klar strukturierte und gegliederte Landschaft wie im Schlosspark von Versailles? Eines steht fest: Ein Garten muss gepflegt sein. Und je größer der Garten, desto wichtiger sind die Orientierungshilfen. In Versailles sind dies klar strukturierte und vorgegebene Wege und Ziele. Im Herrenhäuser Irrgarten gibt es zwar auch ein Ziel. Doch den schnellsten Weg zum Ziel findet dort nur, wer sich selbst vorher eine Orientierungsstrategie zurechtlegt.

Unternehmensportale sind das Tor zum Wissensgarten - oder auch zum Wissensdschungel - eines Unternehmens. Viele Unternehmen begnügen sich damit, das Tor zu öffnen ohne zuvor den Garten zu bestellen. Doch ein Portal ist kein Ersatz für einen Gärtner, d. h. ein funktionierendes Wissensmanagement. Denn Portalinhalte wollen bereitstellt, aufbereitet, strukturiert, gepflegt und aktualisiert werden. Nur dann ist das geöffnete Tor eine Einladung an Mitarbeiter oder Geschäftspartner, der gerne nachgekommen wird. Nur dann kann ein Portal zur Effizienz- und Produktivitätssteigerung der Mitarbeiter beitragen, weil diese schell und einfach Informationen finden, und zwar genau dann, wenn sie diese auch benötigen. Und nur dann kann ein Portal der Bindung von externen Partnern - seien dies Kunden, Lieferanten oder beispielsweise Investoren - dienen, weil das Unternehmensportal diesen die eigene Arbeit erleichtert und dabei hilft wertvolle Zeit zu sparen.

Mit der reinen Informationsbereitstellung sind die Möglichkeiten, die Unternehmensportale bieten, allerdings längst noch nicht ausgereizt. Viel spannender sind die Möglichkeiten einer echten Wissensvermittlung oder Wissensverteilung innerhalb eines Unternehmens. Ein Unternehmen wie Daimler Chrysler entwickelt beispielsweise Scheibenbremsen für PKW, für LKW, für Eisenbahnen und für Flugzeuge. Naturgemäß finden diese Entwicklungen in völlig verschiedenen Unternehmensbereichen statt. Die spannende Frage ist nun: Wie können Unternehmensportale und andere neue Wissensaustausch-Technologien eingesetzt werden, um das Wissen aus diesen verschiedenen Bereichen zusammenzutragen und Synergien gezielt zu nutzen? Oder noch spannender: Wie können Portale dabei helfen, den engen Kontakt zu externen Partnern, Kunden und Lieferanten, herzustellen und zu pflegen - bis hin zu Co-Creation, d. h. der gemeinsamen Entwicklung neuer Produkte nah an den Wünschen des Kunden und mitgetragen vom Know-how des Lieferanten.

Portale sind dann im wahrsten Sinne des Wortes ein offenes Tor zum Unternehmen. Doch halt! Sollte der Wissensgarten eines Unternehmens so offen zugänglich sein? Und was, wenn die schönsten Früchte noch vor der Ernte gestohlen werden? Eine enge Partnerschaft mit externen Wissensträgern will auch wohl überlegt und von beiden Seiten gut durchdacht sein, mit definierten Regeln und eindeutig eingegrenzten Gebieten, innerhalb derer eine offene Zusammenarbeit stattfinden kann.

Ein Unternehmensportal öffnet nicht Tür und Tor, sondern es erkennt die Leute, die eintreten wollen und weiß, in welchen Teil des Gartens sie eingelassen werden dürfen. Dies gilt nicht nur für die Besucher von außen, sondern auch für die eigenen Mitarbeiter. Denn je größer der Unternehmensgarten ist, desto sinnvoller ist es überschaubare Bereiche abzustecken, in denen sich der Mitarbeiter schnell und einfach zurechtfindet, d. h. in denen er alle für die eigene Arbeit notwendigen Informationen und Werkzeuge findet, die aber nicht so groß sind, dass er sich in ihnen verirrt.

Viel Spaß beim Spaziergang in unserem Wissensgarten wünscht Ihnen

Ihr Wolfgang Sturz

Treten Sie ein!

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