2019/2 | Editorial | Leadership 2.0

Wer A sagt, muss auch B sagen – oder: Kein digitaler Wandel ohne neue Führungskultur

von Oliver Lehnert

Der digitale Wandel ist in aller Munde. Er steht ganz oben auf der Agenda der Unternehmen. Und ist mit Hilfe innovativer IT-Lösungen im Handumdrehen umsetzbar. Der viel beschriebene Modern Workplace beschert Mitarbeitern dabei ganz neue Möglichkeiten: mehr Flexibilität, mehr Selbstbestimmung, mehr Gestaltungsspielraum. Und auch die Firmen profitieren: Zufriedene Mitarbeiter sind nachweislich produktiver und weniger wechselwillig. Wer den Turnaround schafft und New Work etabliert, kreiert also eine Win-win-Situation.

In der Praxis sieht es allerdings häufig anders aus: Zwar hat die digitale Transformation vielerorts oberste Priorität. Doch wie man sie konkret in Angriff nehmen soll, darüber sind sich die Verantwortlichen oft uneins. Implementierte Collaboration-Tools verfehlen häufig ihr Ziel. Die Mitarbeiter nutzen sie nur unzureichend. Das führt zu Frustration auf allen Seiten. Die Frage lautet: Warum will der Digital Workplace ausgerechnet bei uns einfach nicht funktionieren? Ist SharePoint wirklich die richtige Wahl? Oder sollten wir es einmal mit Confluence versuchen?

Wenn der digitale Wandel nicht gelingen will und der Modern Workplace hinter seinen Möglichkeiten zurückbleibt, liegt es nur selten an den technischen Voraussetzungen. Verantwortlich sind hingegen die Unternehmens- und Führungskultur:

  • Wie sollen Mitarbeiter ihr Wissen bereitwillig teilen, wenn hierarchieübergreifende Kommunikation nicht gelebt wird?
  • Wie sollen Beschäftigte ihre Daten zentral zugreifbar speichern, wenn sie Kollegen oder Vorgesetzte anschließend für ihre eigene Reputation nutzen?
  • Wie soll das Personal an gemeinsamen Problemlösungen arbeiten, wenn Fehler nicht als Lernquelle verstanden werden?

Digitalisierung ist nicht ohne Grund ein Wissensmanagement- und kein reines IT-Thema. Denn Wissensmanagement lebt, ebenso wie der digitale Wandel, vom Engagement und von der Begeisterung der Mitarbeiter. Sie sind es schlussendlich, die über Erfolg oder Misserfolg entsprechender Projekte entscheiden. Nicht das Budget. Nicht die IT-Lösung. Und nicht die Strategie.

Wer den digitalen Wandel erfolgreich meistern möchte, der muss bestehende Strukturen aufbrechen und sie für Neues öffnen. Oder anders gesagt: New Work braucht auch ein New Mindset. Gemeint sind damit Vertrauen, Wertschätzung, Ergebnisorientierung, Kommunikations-, Feedback- und Fehlerkultur. Mit der klassischen hierarchischen Führung sind diese Aspekte nicht abbildbar. An ihre Stelle treten Agilität, Holokratie und andere innovative Formen der Zusammenarbeit. Die Mitarbeiter sind diesen Formaten gegenüber in der Regel sehr aufgeschlossen. Für die Entscheidungsträger bedeuten sie aber einen radikalen Wandel. Weg von der Top-down-Führung hin zu einer Coaching-Rolle und einem Miteinander auf Augenhöhe. Wie das gelingt, lesen Sie im aktuellen Titelthema von „wissensmanagement“ ab Seite 16.

Übrigens: Die Digitalisierung ist auch der entscheidende Schritt auf dem Weg hin zum Einsatz künstlicher Intelligenz. Wie sich smarte Assistenten im Unternehmen nutzen lassen und welche Chancen, aber auch Risiken sie bergen – das lesen Sie in unserem Special ab Seite 28.

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