2001/6 | Editorial | Wissensmanagement

Effiziente Wissenskommunikation...

von Wolfgang Sturz

Was ist Wissenskommunikation, was macht sie effizient und wie kann sie gestaltet werden? Zunächst drängt sich mir das Bild des Nürnberger Trichters auf, der Traum vieler Lehrer. Ein Traum deshalb, weil der Nürnberger Trichter nie funktionieren wird. Wissen kann man nicht "in sich hineinlaufen" lassen. Wissenskommunikation erfordert Motivation, sowohl beim Wissensgebenden als auch beim Wissensnehmenden. Nur dann können aus Wissenseinheiten Handlungsmuster abgeleitet werden.

Zur Optimierung der Wissenskommunikation wurde Wissen in der Entwicklung der Menschheit immer wieder in Form von Geschichten vermittelt. Ob es nun die Gleichnisse der Bibel, die Heldensagen der Mythologie oder die Märchen der Gebrüder Grimm waren - immer wieder wurden Geschichten erzählt, die eine Moral oder eine Botschaft hatten, die also "Wissen" vermitteln sollten, natürlich möglichst mit dem Ziel der Änderung von Verhaltensweisen. Denn wie kann einem kleinen Mädchen eindringlicher und überzeugender das Wissen um die Gefahren im Wald vermittelt werden als durch die Geschichte des kleinen Rotkäppchens?

Damit wird aber sofort klar, dass Effizienz und Wissenskommunikation immer dann in einem Widerspruch stehen, wenn Effizienz gleichgesetzt wird mit Schnelligkeit. Natürlich erfolgt die Vermittlung der abstrakten Handlungsanweisung "Du darfst den Weg nicht verlassen" zwar um ein Vielfaches schneller als das Erzählen der Abenteuer eines Rotkäppchens. Die Erfahrung lehrt jedoch, dass knappe Anweisungen und Befehle paradoxerweise sogar zum Widerspruch, zu Trotzreaktionen und zu genau den entgegengesetzten Handlungsmustern führen - und dies nicht nur bei Kindern.

In Wissenskommunikation muss also manchmal viel Zeit investiert werden, um sie effizient zu gestalten. Der Lehrende muss sich die Zeit nehmen, seine Geschichte zu entwickeln und zu erzählen. Der Lernende muss bereit sein, sich diese Geschichte anzuhören und sie anzunehmen. Für diese Investition in Zeit ist eine gehörige Portion Motivation erforderlich. Eltern sind motiviert, ihr Kind vor Unheil zu bewahren und nehmen sich deshalb die Zeit, ihren Kindern die Gefahren des Lebens zu erklären - ob mit oder ohne Zuhilfenahme des Grimmschen Story Telling. Und Kinder lernen immer dann gerne, wenn ihnen Wissen spannend und spielerisch vermittelt wird. Beide, Eltern und Kinder, investieren dabei Energie und Zeit.

Wissenskommunikation setzt darüber hinaus gegenseitigen Respekt voraus. Der Lehrende kann nur dann unbefangen über eigene Erfahrungen und auch Fehler berichten, wenn er sich sicher sein kann, dadurch nicht den Respekt der Lernenden zu verlieren - manchmal ein fast unüberbrückbarer Widerspruch. Und Lernende müssen bereit sein, Hinweise auf Risiken ernst zu nehmen.

Effiziente Wissenskommunikation ist keine Selbstverständlichkeit. Wissenskommunikation erfordert ein Umfeld, in dem sie gedeihen kann. Dieses Umfeld lässt sich schaffen. Wie, lesen Sie in diesem Magazin unter anderem in der Geschichte über das Erzählen von Geschichten auf S. 26 oder in der Erzählung über den Manager als Gärtner auf S. 47.

Alle unsere Autoren haben sehr viel Motivation und Zeit darin investiert, ihr Wissen in Geschichten einzupacken und zu vermitteln. Ihnen als unseren Lesern wünsche ich die Muße und Motivation, aus diesen Geschichten das für Sie relevante Wissen zu nutzen.

Ihr

Dr. Wolfgang Sturz

 

P.S.: Stabwechsel

wissensmanagement hat eine neue Chefredakteurin. Am 1. November hat Silvia Fürgut den Stab von Gabriele Vollmar übernommen. Frau Vollmar möchten wir an dieser Stelle sehr herzlich danken: sie hat unser Magazin nicht nur gemacht, sondern es auch gelebt.

Für Silvia Fürgut ist Wissensmanagement kein neues Thema. Sie wurde als Redakteurin für verschiedene Management-Magazine bereits regelmäßig damit konfrontiert. Wir heißen Frau Fürgut herzlich willkommen.

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