2020/1 | Praxis Wissensmanagement | Digitale Transformation

Vernetztes Lernen an der International School Augsburg

von Jan Meyer

Die International School Augsburg (ISA) beherbergt Kinder und Jugendliche aus 30 Nationen unter einem Dach. Das stellt besondere Herausforderungen an den Unterricht: Die Lehrkräfte müssen unterschiedlichste kulturelle Prägungen, Vorbildungen und Sprachen berücksichtigen und die Schüler individuell fördern. Damit das gelingt, findet der Unterricht einheitlich in englischer Sprache statt und die Klassen sind deutlich kleiner als in anderen Einrichtungen. Zudem setzt die Schule auf technische Unterstützung: Auf Basis der G Suite for Education ist es möglich, Lehrer und Schüler kollaborativ zu vernetzen, gezielt anzusprechen und die eigenständige Projektarbeit im Unterricht nachhaltig zu unterstützen.

Google Classroom als Wissensdatenbank

Die Klassenlehrer wollen ihre Schüler vernetzen, sie zum aktiven Austausch anregen und ihnen den Zugriff auf relevantes Wissen unabhängig von Zeit und Raum ermöglichen. Dazu erstellen sie zu Beginn jedes neuen Schuljahres einen Google Classroom für ihre jeweilige Klasse und laden ihre Schüler über einen für jede Klasse individuellen Code in diesen Classroom ein.

Individualisierte Lernangebote

Den Lehrkräften dient ihr Google Classroom dabei quasi als Wissensdatenbank für ihre Klasse: Sie stellen ihren Schülern Unterrichtsmaterial über einem Stream - vergleichbar mit dem Aufbau von Social-Media-Websites - zur Verfügung. Die Informationen bleiben dauerhaft abrufbar. Sie können dabei jedoch zwischen den verschiedenen Bedürfnissen differenzieren und einzelnen Schülern gezielte Übungen oder Vertiefungsmöglichkeiten bereitstellen. Auf diese Weise findet die Wissensvermittlung individualisiert und bedarfsgerecht statt: Der einzelne Schüler sieht sich nicht einer überbordenden Flut von Informationen gegenüber, sondern erhält genau die für seinen Lernstand relevanten Materialien.

Google Classroom bietet zudem die Möglichkeit, weitere Lehrkräfte einzuladen. Diese Option unterstützt das Konzept des Co-Teachings, das die International School Augsburg insbesondere in den höheren Klassenstufen verfolgt. Hierbei stehen einer Klasse im Sinne einer besseren Differenzierung zwei oder mehr Lehrkräfte zur Verfügung.

Lernen unabhängig von Zeit und Raum

Da Schüler ihre Unterrichtsmaterialien jederzeit und von jedem Ort aus abrufen können, löst sich das Lernen aus seiner räumlichen und zeitlichen Gebundenheit. Als internationale Schule ist es für die ISA zudem alltäglich, dass Schüler im Laufe des Schuljahres dazustoßen. Google Classroom ermöglicht es diesen Schülern, unkompliziert und schnell auf die zuvor behandelten Inhalte zuzugreifen und diese mit Unterstützung durch die Lehrkraft nachzuholen.

Zudem kommt es durchaus vor, dass sich Schüler vorübergehend im Ausland aufhalten. Auch in diesem Fall haben sie unkomplizierten Zugang zu den behandelten Unterrichtsinhalten und können jederzeit Rückfragen an die Lehrkraft stellen. Diese Herausforderung des modernen Lernens hätte für den Schüler vor einigen Jahren noch bedeutet, den Anschluss an den Unterrichtsstoff und an den Klassenverband zu verlieren. Durch den Einsatz von Google Classroom ist es jedoch möglich, Schülern Aufgaben und Leistungsnachweise papierlos zur Verfügung zu stellen: "Arbeitsblätter" und andere Unterrichtsmaterialien werden von der Lehrkraft nur noch einmal digital erstellt - und lassen sich im Anschluss über den Google Classroom von Schülergruppen gemeinsam oder von einzelnen Schülern individuell bearbeiten. In Lernszenarien, in denen die handschriftliche Arbeit nicht im Vordergrund steht, kann somit auf eine physische Vervielfältigung und die damit verbundene Umweltbelastung verzichtet werden.

Gemeinsam zum Ziel

Im Rahmen von Partner- bzw. Gruppenarbeiten - also genau jenen Unterrichtsformen, in denen Kollaboration das zentrale Element ist - haben die Schüler über Google Classroom die Möglichkeit, gemeinsam an einem Dokument zu arbeiten, die Eingaben ihrer Mitschüler zu sehen und in Echtzeit Feedback zu geben. Darüber hinaus dient Google Classroom als Kommunikationsplattform:

  • Da die Grundschüler an der ISA noch keinen Zugriff auf E-Mails haben, stellt der Classroom für sie die einzige Möglichkeit dar, mit ihrer Lehrkraft außerhalb der Schulzeit in Kontakt zu treten und Unterstützung zu erhalten.
  • Schüler können - als Mitglieder eines Classrooms - im öffentlichen Stream Diskussionen starten oder Fragen zu Aufgaben stellen, welche dann durch die Lehrkraft oder durch Mitschüler beantwortet werden. So lässt sich Kooperation und ein gemeinsames Auseinandersetzen mit den Lerninhalten fördern.
  • Einer der großen Vorteile dieses Kommunikationskanals liegt darin, dass er durch die Lehrkraft moderierbar ist. Das macht ihn besonders sicher und fair. Stellt eine Schule keine solche Plattform zum Austausch bereit, greifen Schüler hingegen auf private, nicht durch Erwachsene moderierte Kommunikationsdienste zurück.

Am Ende des Schuljahres ist es der Lehrkraft möglich, einzelne Lerninhalte und -materialien unkompliziert in einen neuen Classroom zu übernehmen. Somit werden zusätzliche Belastungen durch Neuerstellung von Inhalten vermieden. Das spart wertvolle Ressourcen. Die so freigesetzte Zeit und Energie investieren die Lehrkräfte - in Form wertvoller Kontaktzeit - in den Austausch mit ihren Schülern.

IT-gestützte Projektarbeit mit Chromebooks und Google Docs

Am Ende der fünften Klasse steht für alle Schüler eine Projektarbeit an, die so genannte "Exhibition". Hierbei handelt es sich um ein Forschungsprojekt: Die Schüler arbeiten sich über Wochen hinweg in ein Thema ein und stellen dabei zwei unterschiedliche Meinungen gegenüber. Während dieses Projektes greifen Schüler auf Chromebooks zurück, um den schriftlichen Teil ihrer Arbeit zu erstellen. Der Vorteil hierbei ist, dass sie das Gerät schnell ohne Weiteres wechseln können, da ihre Dateien, unabhängig vom Gerät, im Google Drive Onlinespeicher dokumentiert sind.

Im Rahmen dieses Forschungsprojekts verfassen die Schüler zum allerersten Mal in ihrer Schullaufbahn eine längere Arbeit. Dabei ist es immer wieder hilfreich, dass sie auch von zuhause aus an ihren eigenen Geräten, unabhängig vom Gerätetyp oder dem Betriebssystem, weiterarbeiten können. Da sie Google Docs zur Textverarbeitung einsetzen, hat die Lehrkraft dabei stets die Möglichkeit, in Echtzeit auf die Dokumente zuzugreifen und mit Hilfe der Kommentarfunktion frühzeitig auf Schwierigkeiten zu reagieren. Zudem bietet diese Form des Arbeitens den Schülern die Gelegenheit, ihre Arbeit nicht nur mit der Lehrkraft, sondern auch miteinander und mit den verschiedenen Erwachsenen, die sie während dieses Forschungsprojektes begleiten, zu teilen. So entsteht eine effiziente und vernetzte Form der Kollaboration und ein deutlicher Mehrwert durch den Einsatz von Technologie im Schulbereich.

 

 

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