2020/1 | Fachbeitrag | Digitale Transformation

Die digitale Transformation im Kontext des Multi-Cloud-Hypes

von Lukas Höfer

Inhaltsübersicht:

Es steht außer Frage, dass an der Digitalen Transformation kein Unternehmen mehr vorbeikommt. Zentrale Komponente ist die Veränderung von Geschäftsmodellen durch IT-Prozesse. Dabei werden neue Ideen entwickelt und bestehende Strukturen und Abläufe kritisch hinterfragt. Die Bereitschaft eines Unternehmens, notwendige Veränderungen heute in Angriff zu nehmen, entscheidet morgen über seine Wettbewerbs- und Zukunftsfähigkeit.

Zentrale Voraussetzungen für die Digitalisierung sind Prozess- und Datenanalysen und eine konsolidierte Sicht auf alle vorhandenen Daten. Das heißt, es geht um eine ganzheitliche Erfassung bestehender IT-Systeme und Etablierung einer gemeinsamen IT-Plattform im Unternehmen. Auch bisherige "Insellösungen", deren Kommunikation häufig mit Medienbrüchen und Zeitverlust einhergeht, muss ein Unternehmen in diese Plattform einbinden. Ziel ist es, Metriken aller Prozesse aus allen Unternehmensbereichen für das Controlling transparent und als Self-Service bereitzustellen.

Eine entscheidende Rolle nimmt in diesem Kontext das Thema Business Intelligence (BI) ein. Unternehmen, die die Digitale Transformation vorantreiben wollen, benötigen eine zentrale BI-Lösung mit einem zentralen Datenpool. Durch die systematische Auswertung ihrer Daten können Unternehmen wichtige Erkenntnisse für die Optimierung ihrer Geschäftsprozesse gewinnen. Business-Intelligence-Lösungen helfen ihnen zum Beispiel, Kosten zu senken, Risiken zu minimieren und neue Marktchancen zu entdecken. Darüber hinaus eröffnen ihnen Technologien für die Analyse großer unstrukturierter Datenmengen - Stichwort Big Data - viele weitere Auswertungsmöglichkeiten.

Digitalisierung fordert die IT

Die notwendigen Voraussetzungen für die Digitale Transformation wie die Implementierung digitaler Geschäftsprozesse, die Datenkonsolidierung oder der Einsatz einer BI-Lösung zeigen eines schon in aller Deutlichkeit: Digitalisierung bedeutet auf jeden Fall mehr Einsatz von IT.

Digitalisierung erfordert die Verwendung einer Vielzahl von Applikationen und Services, die eine hohe Agilität, Flexibilität und Skalierbarkeit aufweisen müssen. Allein schon unter Kostengesichtspunkten ist dies für kein Unternehmen völlig autonom zu meistern. An diesem Punkt kommt die Cloud ins Spiel, die die benötigten Tools und Informationen bereitstellt, etwa im Bereich Big Data. Ein Beispiel sind global gesammelte Daten, die in einer Big-Data-Plattform in der Public Cloud verschlüsselt verarbeitet werden und dem Endkunden via BI-Lösungen zur Verfügung gestellt werden - und zwar ohne tagelange manuelle Verarbeitungsketten nahezu in Echtzeit und als Self-Service.

Digitalisierung braucht Cloud-Strategie

Digitalisierung und Cloud-Strategie gehen somit Hand in Hand, und es stellt sich die Frage, welches Cloud-Modell die unternehmensspezifischen Anforderungen am besten abdeckt: eine Private, Public, Hybrid oder gar eine Multi-Cloud. Im Trend liegen momentan Multi-Cloud-Ansätze, bei denen die benötigten Anwendungen eines Unternehmens bei verschiedenen Public-Cloud-Anbietern laufen. Allerdings wird der Begriff Multi-Cloud oft sehr weit ausgelegt. Ob es jetzt bereits Multi-Cloud ist, wenn ein Unternehmen Office aus der Microsoft Cloud bezieht und gleichzeitig eine Virtuelle Maschine (VM) auf Amazon Web Services betreibt, ist zumindest diskutabel. Auf jeden Fall beginnt aber Multi-Cloud an dem Punkt, an dem eine tatsächliche Integration zwischen verschiedenen Services stattfindet - etwa wenn zwischen den Diensten eine gemeinsame Authentifizierung eingesetzt wird oder Services nahtlos im Hintergrund miteinander kommunizieren.

Vor allem drei Aspekte sprechen für die Multi-Cloud: Erstens kann ein Unternehmen damit einen Best-of-Breed-Ansatz verfolgen; zum Beispiel ist für Internet-of-Things (IoT)-Anwendungen Microsoft Azure noch besser geeignet als die Google-Cloud, die dafür in anderen Bereichen punktet. Zweitens verringert die Multi-Cloud-Wahl die Abhängigkeit von einem einzigen Anbieter; damit bewahrt ein Unternehmen Flexibilität, falls AGBs eines Services mit negativen Auswirkungen angepasst werden oder ein Service ganz eingestellt wird. Drittens ermöglicht die Multi-Cloud-Nutzung eine Kombination von Compliance und Dynamik; Unternehmen können so für Services mit hohen Compliance-Anforderungen spezialisierte deutsche Provider und für die restlichen Services die flexiblen, hochskalierbaren Infrastrukturen großer Public-Cloud-Anbieter nutzen.

Diese Vorteile einer Multi-Cloud sind zwar grundsätzlich für alle Unternehmen gültig, in der Regel kommen sie aber nur bei Großunternehmen wirklich zum Tragen. Der Grund: die benötigte Lösungsvielfalt. Meistens fokussieren kleine oder mittelständische Firmen ein klar abgestecktes Kerngeschäftsfeld. Es ist also mehr als unwahrscheinlich, dass sie im Rahmen der Digitalen Transformation gleichzeitig vorgefertigte IoT-Suites, die Entwickler-freundlichste Machine-Learning-Umgebung und die schnellsten Bare-Metal-Maschinen benötigen.

Folglich sind für kleine und mittelständische Unternehmen Multi-Cloud-Umgebungen nicht immer die beste Wahl, auch wenn sie aktuell das Hype-Thema schlechthin sind, wie auch die IDC-Studie "Cloud Computing in Deutschland" ergeben hat (1). Ein Ergebnis war, dass viele Entscheider "Multi Clouds als den aktuell vielversprechendsten Ansatz für die Optimierung der erforderlichen IT-Ressourcen und IT-Infrastrukturen" ansehen. Allerdings darf ein Unternehmen dabei nicht übersehen, dass Multi-Cloud-Nutzungen unweigerlich immense Herausforderungen beinhalten, etwa hinsichtlich des höheren administrativen Aufwands, der entstehenden Datensilos oder des - vorsichtig formuliert - nicht ganz kostengünstigen Verschiebens von Daten zwischen Clouds. Die Wahl eines einzigen Cloud-Anbieters ist deshalb die bessere Lösung, wenn ein Unternehmen ein eng umrissenes Kerngeschäftsfeld hat und die benötigten Services durch einen einzigen Anbieter sehr gut abdecken kann; dies kann durchaus auch für ein größeres Unternehmen zutreffen.

Doch gleichgültig, welches Cloud-Modell ein Unternehmen bei der Umsetzung seiner Digitalisierungsstrategie präferiert, ein Aspekt besitzt immer Gültigkeit: Es gibt keine Strategie für Cloud-Services, die zu jedem Unternehmen passt. Somit brauchen Unternehmen in aller Regel einen Partner, der sie individuell berät und ein maßgeschneidertes Gesamtkonzept erarbeitet - nur so ist eine erfolgreiche Digitale Transformation gewährleistet.

 

 

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