2007/1 | Fachbeitrag | CRM

Das Ohr am Kunden

von Stefan Helmke, Matthias Uebel, Tobias Wunsch

Von Stefan Helmke, Matthias Uebel und Tobias Wunsch

 

Inhaltsübersicht:

 

Seinen Markt und seine Kunden zu kennen, ist die Basis für zielgerichtetes Marketing und einen zielgerichteten Vertrieb bzw. Verkauf. Die Qualität der Umsetzung in diesem Erfolgsfaktor bestimmt entscheidend die Profitabilität des Unternehmens. Das ausgeprägteste Kundenwissen haben Verkäufer inne. Für eine übergeordnete, strategische Sicht muss dieses Wissen gebündelt werden. Nur so entsteht ein geschärftes Bild aus der Zusammenfassung der Einzelsituationen. Erst dann lassen sich Kundengruppen bilden, die – ergänzt um ökonomische Erfolgsgrößen – eine erste Basis für eine systematische Marktbearbeitung erlauben. Darauf aufbauend können Unternehmen nach dem Integrated Customer Decisions-Konzept (ICD) agieren. Es besagt, dass alle Entscheidungen in einer dynamische Markt- und Kundenbearbeitung  auf dem relevanten, qualitativen und quantitativen Wissen über Kunden basieren.

 

Kundenwissen sammeln – aber wie?

 

Neben dem expliziten Wissen der Verkaufsmannschaft existiert zudem implizites Wissen aus der Historie der Kundenbeziehung. Diese so genannten Business Rules bieten erhebliche Erfolgspotenziale, da sie die Kundenbearbeitung weiter verfeinern. Ein Beispiel für eine Business Rule könnte lauten: „Wenn es uns gelingt, einem Kunden im ersten Jahr Produkt xy zu verkaufen, ist sein Umsatz im nächsten Jahr um 20 Prozent höher als der des Durchschnittskunden“. Diese Business Rules müssen mit den Kundengruppen verbunden werden, um erfolgreich am Markt zu agieren.

 

Doch welches Kundenwissen sollten Unternehmen in welcher Form erheben? Hier ergibt sich folgendes Dilemma: Die Auswahl ist schwierig und das Erheben und Sammeln von Wissen verursacht Kosten. Einfach alles zu erheben, ist schon aus diesem Grund nicht der richtige Ansatz. Bei der Auswahl helfen Kundenentwicklungsmusteranalysen, die die Informationen vorfiltern. Dazu muss da Unternehmen zunächst klären, welche Fragestellungen es beantworten möchte, z.B. „Welche Kunden werden im nächsten Jahr unser Produkt xy kaufen?“. Zusätzlich sollte es immer eine erforschende Data Mining-Komponente im Methodeneinsatz berücksichtigen, um völlig neue Zusammenhänge aufzudecken.

Leider gibt es nicht auf jede Frage eine 100-prozentige Antwort. Es existieren aber stets Indikatoren, die zumindest zu 80 Prozent zutreffen – und das ist in der Regel deutlich besser, als einfach intuitiv und nach dem eigenen Gutdünken zu agieren. Sicherlich darf das Bauchgefühl nicht fehlen, aber eine Anreicherung um methodisch abgesicherte Erkenntnisse machen Entschlüsse nachvollziehbarer und warnen vor Fehlentscheidungen. Ausgehend von den Zielfragestellungen, werden mit Hilfe von Tiefeninterviews und statistischen Verfahren Ergebnisse erarbeitet. Diese beiden methodischen Ansätze werden integriert eingesetzt. So können sie qualitativ und quantitativ ausgeprägtes Wissen kombinieren. Nur auf quantitatives Wissen zu setzen, hieße, viele Faktoren zu vernachlässigen, die den Menschen als solchen ausmachen. Nur auf qualitatives Wissen zu setzen, hieße im schlimmsten Fall, die ökonomische Erfolgskomponente zu vergessen.

 

 

 

 

 

Kundenmuster erkennen

 

Aus dem Methodeneinsatz ergeben sich Kundenmuster sowie eine Auflistung derjenigen Indikatoren, die den zu erklärenden Sachzusammenhang verdeutlichen. Projekterfahrungen zeigen, dass immer wieder „Aha“-Erlebnisse den hohen Wert dieses methodischen Vorgehens untermauern. Die Kundenmuster werden anschließend zu Kundengruppen mit treffenden Bezeichnungen zusammengefasst. Methodisch erfolgt die Bildung der Kundengruppen mit Hilfe der Clusteranalyse, einem multivariaten statistischen Verfahren, das sämtliche Einflussfaktoren – sowohl explizite als auch implizite – berücksichtigt. Die Clusteranalyse fasst Kunden in möglichst einheitliche Gruppen zusammen.

 

Häufig sind sich Unternehmen unsicher, wie viele Kundengruppen sie bilden sollten (Granulierung der Kundensegmentierung). Aus der Perspektive der Marktbearbeitung macht die Bildung von Kundengruppen dann Sinn, wenn diese auch sinnvoll unterschiedlich bearbeitet werden sollen. Als Nebenbedingung ist zu berücksichtigen, dass eine differenziertere Bearbeitung auch zu höheren Kosten führt. Diese Investition muss jedes Unternehmen mit dem erwarteten Nutzen abgleichen. Erfahrungsgemäß sind aber fünf bis acht Kundengruppen für die meisten Unternehmen eine sinnvolle Größe.

 

 

Zum Vergrössern klicken

 

 

 

Mitarbeiter involvieren

 

 

Um die Bedeutung der Thematik im Unternehmen zu forcieren, eignet sich die Durchführung von Planspielworkshops, wie z.B. das Targeto. Diese Planspielworkshops verdeutlichen, welche Bedeutung das fundierte, übergreifende Wissen über Kunden für den Unternehmenserfolg hat. Die Ergebnisse werden sofort sichtbar, da sich die Erfolge (Gewinn, Umsatz, Kosten) entsprechend der Entscheidungen der Teilnehmer verändern. Darauf aufbauend lässt sich eine Kundengruppierung für das eigene Unternehmen wesentlich leichter entwickeln und etablieren, da bereits die notwendige Akzeptanz auf Marketing- und Vertriebsseite besteht. Die Kundengruppierung schafft die Basis für ein optimiertes Kundenmanagement, das sich in einer verbesserten, differenzierteren Kundenbearbeitung äußert.

 

 

Für die einzelnen Kundengruppen muss das Unternehmen integrierte Bearbeitungsketten entwickeln, die die Bedürfnisse der einzelnen Kundengruppen berücksichtigen. Auch die Neukundengewinnung wird durch die Kundensegmentierung erleichtert. Durch ein systematisches Vorgehen in diesem Bereich lassen sich die Erfolge einzelner Marketingaktionen besser messen. Dieses Wissen können Unternehmen dazu nutzen, die Bearbeitungsketten im Sinne einer lernenden Organisation kontinuierlich zu optimieren. So kann mittelfristig ein Best-Practice-Standard für das eigene Unternehmen erreicht werden. Dies liefert wiederum die Basis für einen optimierten Budgeteinsatz im Kundenmanagement, da es eine Steuerung nach Profitabilitätsgesichtspunkten ermöglicht.

Diese Artikel könnten Sie auch interessieren

Digitales Klinikmarketing: Krankenhäuser im Wettbewerb um Patienten

Es ist unbestreitbar: Kliniken stehen heute im Wettbewerb. Für Krankenhäuser wird darum ein professionelles Marketing immer wichtiger. Gerade in Deutschland scheint sich diese Einsicht aber nur langsam durchzusetzen. In vielen Köpfen gilt das Krankenhaus nach wie vor als kommunale Einrichtung mit Bestandsschutz. Die Erkenntnis, dass der Patient heute ein Kunde ist, den es zu gewinnen gilt, hat sich noch ...

Weiterlesen

Interview: Alles, was Kommunikationswege intelligenter macht

Auftragsbestätigung, Lieferavise, Rechnung, Mailing, Infopost. B2B, B2C und B2G. Schriftliche Kundenkommunikation hat viele Gesichter und verteilt sich inzwischen auf etliche Formate und Übermittlungswege, ob Papier, digital oder beides. Mehr denn je sind IT-gestützte Prozesse gefragt. Doch wie lassen sich diese intelligent gestalten? Wo können Unternehmen ansetzen? Was bringt wirklich weiter? Ageliki ...

Weiterlesen

CRM: Der Change im Vertrieb

WISSENplus
Wenn es der Markt nicht verlangt, ist der Kunde bei vielen Unternehmen keinesfalls König. Erfordern es aber die Umstände, dreht sich der Markt oder sinken die Umsätze, stellt sich auch der Vertrieb auf neue Strategien und Bedürfnisse ein. Jedenfalls bei den Unternehmen, die auf Erfolgskurs bleiben wollen. ...

Weiterlesen

Highspeed Internet – Highspeed Kundensupport

Mehr und mehr sind für Endkunden die früher getrennten Kommunikationsdienstleistungen heute aus einer Hand verfügbar: Telefonie, Internetzugang und TV-Versorgung gibt es vom selben Anbieter. Experten kennen das unter dem Schlagwort Triple Play. Dieser Entwicklung ist auch die Belgacom Group in Brüssel gefolgt. Das führende Telekommunikationsunternehmen Belgiens vergrößert sein Dienstleistungsportfoli...

Weiterlesen

Wie Smart Data das Marketing revolutioniert

WISSENplus
Der Kunde von heute erwartet eine authentische, zielgerichtete und individuelle Ansprache. Es ist somit umso wichtiger, den Kundendialog kanalunabhängig und in Echtzeit zu führen. Dafür bedarf es eines genauen Verständnisses des Kunden: Es gilt, den Kunden zu verstehen und die Kommunikation gezielt auf seine Bedürfnisse auszurichten. Die Basis für eine ganzheitliche Kundenbetrachtung und -ansprache li...

Weiterlesen

CRM & Marketing: Auf dem Weg zu dialogischen Beziehungsmustern

WISSENplus
In der heutigen Geschäftswelt ist der Kunde längst kein unbekanntes Wesen mehr und sich seiner Königsrolle durchaus bewusst. Emanzipierte und gut informierte Kunden erwarten von Unternehmen Kundenservice auf hohem Niveau. Vor dem Hintergrund gesättigter Märkte gilt es um so mehr, stabile und langfristige Kundenbeziehungen zu etablieren. In diesem Zusammenhang vollzieht das Marketing einen immer stär...

Weiterlesen

Kundenbindung als Führungsaufgabe?

WISSENplus
Der „moderne“ Kunde ist unerbittlich: Er verlangt in jeder Phase des Kundenkontakts von allen Unternehmensmitgliedern höchste Konzen- tration auf das Ziel, seine Wünsche, Erwartungen und Bedürfnisse zu „lesen“, zu erkennen und zu befriedigen. Das ist zunächst einmal nichts Neues – allerdings hat die Intensität zugenommen: Der Kunde kommuniziert online und offline, in der virtuellen und der re...

Weiterlesen

Kundenzentriertem BPM gehört die Zukunft

Der Unternehmenserfolg hängt heute in entscheidendem Maße von der hohen Kundenorientierung ab. Sie sollte sich in der Konzeption aller relevanten Geschäftsprozesse widerspiegeln. Softwaregestützt kann das Ziel der kundenzentrierten Ausrichtung am besten mit einer BPM-Lösung realisiert werden, die auch CRM-Funktionalitäten beinhaltet. ...

Weiterlesen