2018/2 | Fachbeitrag | Weiterbildung

Blended Learning bei Migros, Thieme & Thyssenkrupp: So funktioniert Wissenserwerb heute

von Leila Haidar

Inhaltsübersicht:

Die Online-Academy von Migros

Die Klubschule Migros bietet seit 2016 auf ihrer Plattform „Online Academy“ digitales Lernen mit und ohne Trainer. Schnell hat sich herausgestellt, dass Menschen mit Begleitung schneller und effektiver lernen, als solche, die allein an PC oder Smartphone unterwegs sind. In der Online Academy lernen Nutzer in virtuellem Gruppen- oder Privatunterricht die Sprache ihrer Wahl. Das Projekt wurde mit IMC, dem Experten für digitale Bildung, realisiert.

Die Klubschule ist Teil der Migros-Gruppe, eines großem Handelsunternehmens in der Schweiz. „Eine unserer großen Stärken sind zahlreiche hochqualifizierte Lehrpersonen“, erklärt Oliver Durrer, der Leiter der Online Academy. So wurden Funktionen eingebaut, dank derer Lernende vom Selbstlernen im E-Learning ins Online-Einzelgespräch mit ihrer persönlichen Lehrperson wechseln können.

Fünf verschiedene Kursarten für Englisch, Spanisch, Französisch, Deutsch, Italienisch und auch Klingonisch sind buchbar:

· Die Kursart BASIC bietet reines E-Learning zum Selbststudium,

· COACH beinhaltet eine zusätzliche Begleitung mit Hausaufgabenversand und -korrektur. Hier werden Fragen von einer Lehrperson per Mail beantwortet.

· Wer die Kursart E-SCHOOL bucht, erhält Unterrichtslektionen im virtuellen Klassenzimmer, in Kleingruppen mit maximal acht Lernenden.

· Das Modell PRIVATE beinhaltet Online-Privatlektionen für die Lernenden.

· Buchen Spracheninteressierte CLASS, gibt es zum E-Learning und Coaching den Präsenzunterricht inklusive.

Im Schnitt reichen rund 15 Minuten pro Tag, am mobilen Endgerät oder am PC, um jede Woche eine Lerneinheit zu schaffen und so in einem halben Jahr das Lernziel zu erreichen. „Natürlich kann man seinen Lernrhythmus frei bestimmen und mit etwas mehr Zeitinvestition kommt man auch schneller vorwärts“, so Durrer.

Das Flipped-Classroom-Prinzip

Die Kurse sind nach dem Flipped-Classroom-Prinzip aufgebaut. Hier kommen Selbstlernen mit E-Learning sowie Festigung, Anwendung und Vertiefung im Unterricht zusammen. Ob online oder vor Ort. Es ist dieselbe Lehrperson, welche coacht und unterrichtet. „Das ermöglicht einen optimalen Lernerfolg“, sagt Durrer und ergänzt: „Wir legen Wert auf die persönliche Betreuung der Lernenden durch die passende Lehrperson.“

Präsenztrainings waren nie out. Und weil die E-Learning-Plattformen von Migros alle Formate – digital, präsenz oder beides – in einem Blended-Learning-Ansatz unterstützt, nutzt die Schweizer Handelskette gerne die Synergieeffekte, die sich hier ergeben.

Innovatives Lernen beim Thieme-Verlag

Doch auch andere Unternehmen setzen auf diesen Ansatz, beispielsweise im medizinischen Bereich, in der Pflege oder für Fitnesstrainer, wo naturgemäß viel mit Präsenz gearbeitet wird. So haben beim Lernportal des Thieme-Verlags, Physiofortbildung, E-Learning-Interessierte zwei Möglichkeiten:

· Es gibt Kurse, die Mischformen aus Vor-Ort- und Online-Training anbieten und

· Angebote, die komplett über das Internet absolviert werden können.

Bei ersteren dienen die Web-Inhalte dazu, Teilnehmer im Vorfeld eines Vor-Ort-Trainings auf den gleichen Wissensstand zu bringen oder, im Nachgang zu einem praktischen Kurs, Gelerntes zu festigen. Diese gewinnbringende Kombination wird oft genutzt, um die Vorteile der Symbiose aus praktischer Übung und der Wiederholung oder Vorbereitung via Internet auszunutzen. Ein weiterer Aspekt ist die Möglichkeit, im Vorfeld aufgekommene Fragen direkt beim Referenten klären zu können. „Experten halten Blended Learning für eine besonders effektive Methode, sich Wissen anzueignen und zu festigen“, weiß Christian Wachter, Vorstandssprecher beim Weiterbildungsspezialisten IMC. „Oft bildet sich über so ein System eine Gruppe von Experten, die sich kennen und die sich über das angegliederte Online-Forum austauschen“, sagt Wachter.

Digitalisierter Wissenserwerb bei Thyssenkrupp

Auch bei der Thyssenkrupp Academy kommen verschiedene Kombinationen aus Präsenz- und Online-Lernen zum Einsatz. Beispielsweise werden hier klassische Seminare durch webbasiertes Selbstlernen ergänzt oder es gibt Communities, in denen sich Teilnehmer im Nachgang untereinander austauschen können. Etwa um den Stoff zu vertiefen oder Fachfragen zu klären. Der Trend geht aber in Richtung einer stärkeren Digitalisierung. Das hat zwei Gründe: „Einerseits soll Lernen flexibler werden, um Lernzeiten individueller gestalten und Lernprozesse besser personalisieren zu können. Andererseits sollen die Angebote noch transferorientierter werden, um Lernprozesse in Arbeitskontexte einzubinden und die Nachhaltigkeit von Lerninterventionen zu erhöhen. Blended Learning ist ein Konzept, das diese Ziele unterstützt“, schreibt Mark Sebastian Pütz, Head of digital Learning bei ThyssenKrupp im Fachtitel „Digitale Bildungslandschaften“.

Migros blickt in eine wissensintensive Zukunft

Bei der Klubschule sind indes weitere Inhalte geplant. Jüngst wurden Kurse zu digitalen Kompetenzen eingestellt, außerdem wurde das Portfolio um Möglichkeiten für Firmenkunden ergänzt. „Wir werden unsere Angebotspalette selektiv und fokussiert erweitern“, sagt Durrer. Entscheidende Kriterien für den Angebotsausbau sieht er bei Nachfrage, Markt- sowie Mitbewerbersituation, digitaler Machbarkeit und Relevanz.

 

 

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