Wie Personaler der zunehmenden Fachkräfteknappheit begegnen

Im kommenden Jahr ist mit einer weiterhin guten Wirtschaftsdynamik zu rechnen. So wird nach Prognosen des Instituts für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung (IAB) das BIP um 1,7 Prozent zulegen. Abseits dessen haben sich Unternehmen und Personaler jedoch vor allem folgenden Herausforderungen zu stellen:

  1. Gemäß aktueller Berechnungen entstehen im kommenden Jahr 545.000 neue Arbeitsplätze. Die Zahl der Erwerbstätigen steigt damit auf einen Rekordwert von 44,83 Millionen. (Quelle: IAB, 09/2017) Die Kehrseite dieser positiven Entwicklung: Für Unternehmen wird die Suche nach geeigneten Fachkräften noch schwieriger. Schon jetzt zeigt das ifo-Beschäftigungsbarometer, das auf einer Unternehmensbefragung basiert, dass der Fachkräftemangel die Konjunkturdynamik der Unternehmen bremst.
  2. Agilität, um dem stetigen Wandel des unternehmerischen Umfelds zu begegnen, ist in der Praxis der meisten Unternehmen noch nicht angekommen. Da sich agile Unternehmen, die flexibel, aktiv und anpassungsfähig agieren, jedoch erfolgreicher am Markt behaupten, wird es die Aufgabe von Führungskräften und Personalern sein, entsprechende Strukturen und Methoden verbindlich einzuführen.
  3. Ein Megatrend, der auch das kommende Jahr prägen wird, ist die Digitalisierung. Künftiger Wachstumserfolg wird dadurch bestimmt, wie schnell es Unternehmen gelingt, nicht nur ihre Prozesse, sondern auch ihr Denken auf „digital“ umzustellen. In diesem Zusammenhang werden punktuell eingesetzte Einzeltechnologien immer mehr zu einer Gesamtstrategie zusammenwachsen.

Wie Unternehmen und Personaler auf diese Herausforderungen reagieren müssen und welche Trends für 2018 damit einhergehen, erläutert Sven Hennige, Senior Managing Director bei Robert Half:

Trend 1: Mehr Budget und personelle Ressourcen für die HR-Abteilung

Aus zahlreichen Gesprächen und unseren Studien wissen wir, dass die Rekrutierung einer gut ausgebildeten Fachkraft in der Regel drei Monate oder länger dauert. Geht es um die Verpflichtung von Führungskräften, gehen oft sogar fünf Monate oder mehr ins Land. Diese Zahlen sind gerade vor dem Hintergrund der Dynamik in der wirtschaftlichen Entwicklung alarmierend. Ich erwarte, dass Unternehmen 2018 darauf mit einer Aufstockung der Budgets und personellen Ressourcen für die Personalabteilung reagieren. Denn wer hier nicht handelt, droht den Anschluss zu verlieren. Mit Blick auf den Rekrutierungsprozess wird die Hauptaufgabe der HR-Abteilung darin liegen, die Einstellungsdauern zu verkürzen und effiziente Mitarbeiterbindungsmaßnahmen umzusetzen.

Trend 2: Digitalisierung prägt Weiterbildungsprogramme

Um nicht vom Wettbewerb abgehängt zu werden, müssen sich Unternehmen vollständig auf die Digitalisierung einstellen und ihr gesamtes Handeln und Denken anpassen. Damit verbunden ist eine grundlegende Veränderung der Arbeitswelt eines jeden Mitarbeiters und der jeweiligen Unternehmenskultur. Entsprechend wird die Digitalisierung im kommenden Jahr der Schwerpunkt in den Weiterbildungsprogrammen von Unternehmen sein: Dabei wird es nicht nur darum gehen, Mitarbeiter im Umgang mit neuen Technologien vertraut zu machen. Vielmehr geht es auch darum, zu erkennen, welche Entwicklungspotenziale für jeden Einzelnen oder das Team in der digitalen Transformation stecken und Mitarbeiter für neue Aufgaben vorzubereiten. Hier entsteht die Möglichkeit, dem von Mitarbeitern häufig geäußerten Wunsch nach Weiterentwicklung gerecht zu werden.

Trend 3: Wege für ein neues Führungsverständnis finden

Ein Kernelement moderner und von digitalem Denken geprägter Unternehmenskultur ist die Führungskultur. In vielen mittelständischen Unternehmen muss ein neues Verständnis von Führung entwickelt werden. Dabei geht es vor allem darum, die Potenziale der eigenen Mitarbeiter zu erkennen und Verantwortung zu übergeben. Mitarbeiter möchten mehr Mitspracherecht, mehr Transparenz und an Entscheidungen beteiligt werden. Führungskräfte werden vor diesem Hintergrund zu Koordinatoren und Kommunikatoren. Sie sollten darin unterstützt werden, ihren eigenen Führungsstil zu überprüfen, sehr viel Fingerspitzengefühl zu entwickeln und gewohnte Denkweisen zu durchbrechen. Da Führungskräfte so unterschiedlich wie ihre Mitarbeiter sind, gibt es hierfür keine Blaupausen. Um den passenden Ansatz zu finden sind individuelle Coachings und ein interner Erfahrungsaustausch der richtige Weg.

Trend 4: Mehr Flexibilität und mehr Freizeit

Die aktuellen Diskussionen um die Reduzierung der Wochenarbeitszeit und ein bedingungsloses Grundeinkommen lassen den Wunsch der Arbeitnehmer nach mehr Freizeit und Work-Life-Balance lauter werden. Und tatsächlich sind Unternehmen, die schon jetzt flexible Arbeitszeitmodelle bieten, deutlich attraktiver für bestehende und potenzielle Mitarbeiter. Ich bin überzeugt davon, dass der Anteil an Mitarbeitern in Teilzeit, im Homeoffice, mit Vertrauensarbeitszeit oder mit geteilten Arbeitsplätzen (Job-Sharing) je nach Geschäftsstrategie in den nächsten Jahren signifikant steigen wird. Parallel dazu werden Unternehmen stärker als bisher auf eine flexible Personalplanung setzen und mehr Zeitarbeitskräfte und Spezialisten beschäftigen, die ihr Know-how zum Beispiel für Digitalisierungsprojekte einsetzen und gerade vor dem Hintergrund des Fachkräftemangels gefragt sind.

Trend 5: Höhere Gehälter im Mittelstand und mehr nichtfinanzielle Leistungen

Um die besten Kandidaten für sich zu gewinnen, wird sich 2018 vor allem der Mittelstand auf ein höheres Lohnniveau und neue Vergütungsmodelle einstellen müssen. Dabei werden leistungsbezogene Elemente eine große Rolle spielen, die zunehmend an die Leistung des Teams oder des Unternehmens gekoppelt sein werden. Dabei gehen die performanceorientierten Vergütungsmodelle weg von jährlichen Beurteilungen hin zu kürzeren Ziel- und Beurteilungszyklen. Daneben wird es Mitarbeitern in Zukunft möglich sein, Teile ihres Gehalts gegen nichtfinanzielle Leistungen einzutauschen. Die Ausgestaltung ist so zahlreich wie individuell und sie sind es, die für Bewerber den Unterschied machen und bei der Auswahl zwischen zwei Jobangeboten entscheidungsrelevant sind.

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