Künstliche Intelligenz im Dokumentenmanagement: Die Zeit ist reif

Wenn es darum geht, relevante Zusammenhänge in sehr großen Mengen von Informationen zu finden, sind KI-Systeme dem Menschen sicherlich überlegen. Big Data, Business Intelligence und KI: Sie werden nicht zufällig in einem Atemzug genannt. Laut Matthias Kunisch, Geschäftsführer der forcont business technology gmbh und Mitglied im Vorstand des Cloud Ecosystem e.V., ist absehbar, dass KI-Anwendungen auch im Kontext der Dokumentenmanagementsysteme (DMS) ihren Platz im Unternehmen finden werden.

DMS-Lösungen dienen der Verwaltung von Informationen, und KI könnte helfen, diese Informationen besser nutzbar zu machen – indem sie aus einer großen Menge von Dokumenten neue Zusammenhänge filtert. Schon jetzt wird entsprechende Software dazu eingesetzt, eingehende Dokumente zu verstehen und zuzuordnen – wie etwa Rechnungen oder Lieferscheine – und mithilfe von Daten aus dem ERP-System Plausibilitätsschecks durchzuführen.

Der nächste Schritt wird darin bestehen, nicht mehr nur in Formularform, sondern in freier Textform erstellte Dokumente zu erfassen – und sie semantisch zu verstehen. Damit auch ein Schreiben wie dieses korrekt zugeordnet wird: „Sehr geehrter Energieversorger, ich kündige hiermit ... an, dass ich mehr Strom benötige.“

KI entscheidet?

Die Strukturen, die DMS-Lösungen aufbauen, und die Vorgänge, die sie erfassen, sind durchaus einem maschinellen Verstehen und einer automatisierten Bearbeitung zugänglich, von der Angebotserstellung bis zur Auftragsbestätigung. Sogar im HR-Bereich könnte künstliche Intelligenz Nutzen stiften. Etwa indem sie die digitalen Personalakten auswertet und eine Übersicht über die Skill-Sets erstellt, die bei den Mitarbeitern im Unternehmen vorhanden sind. So erfährt der Arbeitgeber, ob seine Organisation den Herausforderungen der Zukunft gewachsen ist. Prinzipiell kann eine KI, die die Anforderungen im HR-Bereich versteht, natürlich auch eine (Vor-)auswahl unter Bewerbern treffen. Nur: Was passiert, wenn der abgelehnte Kandidat klagt? Wen trifft die Schuld für etwaige Fehlentscheidungen? Und wie kam es überhaupt zu der Entscheidung?

Die Zukunft verstehen

Dass selbstlernende Algorithmen Entscheidungen treffen, die sinnvoll sein mögen, aber aus menschlicher Perspektive praktisch nicht nachvollziehbar sind, ist ein durchaus gravierendes Problem. Anders gesagt: Was denkt eine künstliche Intelligenz eigentlich? Es ist ein wichtiges Ziel der aktuellen KI-Forschung, die Entscheidungen selbstlernender Systeme nachvollziehbar zu machen. Bereits die im Mai 2018 in Kraft tretende europäische Datenschutzgrundverordnung (EU-DSGVO) verlangt, dass Entscheidungen, die Personen beeinträchtigen könnten, nicht ausschließlich auf einer automatisierten Verarbeitung beruhen dürfen. In der Tat braucht es jenseits der technischen Möglichkeiten einen gesellschaftlichen Diskurs über den Nutzen und die Beherrschbarkeit der schönen neuen KI-Welt. Es bleibt an uns, unsere technische Zukunft zu steuern und selbst zu gestalten.

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